Können Mieter wieder gekündigt werden? Mietmoratorium läuft aus
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Eine Demonstration gegen steigende Mieten auf dem Potsdamer Platz in Berlin.
© Quelle: Christoph Soeder/dpa
Berlin. Die Große Koalition streitet über eine Verlängerung des Moratoriums für Mietzahlungen, Verbraucherdarlehen sowie Energie-, Wasser- und Telefonrechnungen. Am Dienstag laufen die Sonderregeln aus, mit denen SPD und Union soziale Härten in der Corona-Krise abmildern wollten. Die SPD würde sie gerne bis Ende September verlängern, die Union blockiert. Die Zeit drängt - und eine Lösung ist nicht in Sicht.
Worum es bei dem Streit geht: - die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was ist das Mietmoratorium?
Im März hatten Bundesrat und Bundestag ein Bündel an rechtlichen Ausnahmeregelungen auf den Weg gebracht, um die sozialen Auswirkungen der Corona-Krise abzumildern. So gelten seit dem 1. April temporäre Erleichterungen bei regelmäßigen Zahlungen für Grundbedürfnisse. Mieterinnen und Mieter etwa sind vor Kündigungen geschützt, falls sie aufgrund der Krise in Zahlungsrückstand geraten.
Normalerweise können Wohnungs-, Haus- und Gewerbeeigentümer ein Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn zwei Monate in Folge keine Miete bezahlt worden ist. Dieses Kündigungsrecht hat die Bundesregierung wischen dem 1. April und dem 30. Juni 2020 ausgesetzt. Bei Energie-, Wasser- oder Telefonrechnungen sowie Verbraucherdarlehen gelten ähnliche Regelungen.
Konnte man mit dem Mietmoratorium die Miete sparen?
Nein - mit dem Moratorium wurde nur das Kündigungsrecht der Vermieter ausgesetzt. Die Verpflichtung zur fristgerechten Zahlung der Miete blieb die ganze Zeit bestehen. Nach Ablauf der Frist, also ab dem 1. Juli, muss die Miete in voller Höhe nachgezahlt werden. Genaugenommen handelte es sich deshalb nicht um eine Miet-, sondern um ein Kündigungsmoratorium.
Mit den Ausnahmen wollte die GroKo die Kündigung von Verträgen verhindern, noch bevor die staatlichen Hilfsprogramme angelaufen waren. Mieter, Verbraucher und Darlehensnehmer, die sich darauf berufen wollten, mussten mit eidesstattliche Versicherungen, Bescheinigungen über staatliche Leistungen oder Einkommensabrechnungen glaubhaft machen, dass sie aufgrund der Corona-Pandemie in Zahlungsschwierigkeiten geraten waren.
Warum gibt es jetzt Streit?
Die SPD hätte das Moratorium gerne verlängert. Das im März beschlossene Gesetz räumt der sozialdemokratischen Justizministerin Christine Lambrecht die Möglichkeit ein, per Verordnung eine Verlängerung bis zum 30. September in Kraft zu setzen. Diese Verordnung hatte Lambrecht auf den Weg gebracht, war damit aber am Widerstand sämtlicher Unionsministerien gescheitert. Die Verordnung hängt seither im Kanzleramt fest. Ob sie noch in Kraft gesetzt wird, ist ungewiss.
Die SPD ist darüber empört. Fraktionsvize Dirk Wiese spricht von einem “Schlag ins Gesicht von vielen Restaurants, Kneipen und Einzelhändlern die ihre Rücklagen aufgebraucht haben, immer noch rückläufige Umsätze haben und nun wieder die volle Miete zahlen müssen.”
Wie rechtfertigt sich die Union?
In der Union hält man eine Verlängerung der Corona-bedingten Sonderregelungen für ein völlig verfehltes Signal. Es gehe jetzt darum, zur Normalität zurückzukehren und das Wirtschaftsleben wieder ans Laufen zu bringen, sagt der rechtspolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak. In der Union geht man davon aus, dass die bereits beschlossenen Hilfsmaßnahmen jetzt ausreichen. “Für eine Verlängerung des tiefgreifenden Eingriffs in das Bürgerliche Gesetzbuch und bestehende Verträge gibt es keine Rechtfertigung mehr”, sagt Luczak.
Wie reagiert die Opposition?
Unterschiedlich. In der FDP teilen viele die Sichtweise der Union. Die Liberalen waren von Anfang an gegen ein Moratorium gewesen, weil es aus ihrer Sicht Vermieter einseitig belastet und Mietern zusätzliche Schulden aufbürdet. Die FDP fordert deshalb, das Moratorium durch ein “Sonderwohngeld” zu ersetzen.
Die Linkspartei hingegen fordert, den Schutz vor Kündigungen zu verlängern und will in der kommenden Sitzungswoche des Bundestages einen entsprechenden Antrag einbringen. “Die Krise ist nicht vorbei. Mieterinnen und Mieter brauchen jetzt die Sicherheit, ihre Wohnung nicht in den nächsten Monaten zu verlieren. Das Kündigungsmoratorium muss bis mindestens September verlängert werden”, sagt die mieten- und wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion “Die Linke” Im Bundestag, Caren Lay, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Schon in den ersten Wochen der Krise hätten zehntausende Mieterinnen und Mieter von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Mieten zu stunden, so die Linken-Politikerin weiter. Millionen Haushalte seien bedroht, bei anhaltenden Einkommensverlusten ihre Mieten oder Kreditraten nicht vollständig zahlen zu können. “Für Vermieterinnen und Vermieter, die dadurch selbst in Zahlungsschwierigkeiten geraten sollten, muss ein staatlicher Härtefallfonds aufgesetzt werden”, so Lay.