Ärztepräsident: Von diesen Zielen kann ein Freedom Day abhängen
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Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, spricht sich gegen eine Maskenpflicht im Unterricht und für ein bundesweites 2G-Optionsmodell aus.
© Quelle: Wolfgang Kumm/dpa
Ärztepräsident Klaus Reinhardt plädiert dafür, den Ausstieg aus allen Corona-Beschränken vom Erreichen bestimmter Zielwerte bei der Inzidenz oder der Impfquote abhängig zu machen. „Wir sollten das Ende aller Beschränkungen nicht an einem Datum festmachen, sondern an Fakten“, sagte Reinhardt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Denkbar wäre zum Beispiel eine weitere Rückführung von Beschränkungen, wenn wir wieder die Inzidenz von 50 erreicht haben. Möglich wäre als Zielwert auch die Impfquote, zum Beispiel 70 Prozent“, so der Ärztepräsident.
Ärztepräsident lehnt Vorschlag von Kassenarztchef Gassen ab
Reinhardt wandte sich damit gegen den Vorschlag von Kassenarztchef Andreas Gassen für einen Freedom Day Ende Oktober. Er betonte jedoch: „Ich finde es aber richtig, dass wir jetzt eine Debatte darüber führen, wann wir zur Normalität zurückkehren können. Wir dürfen uns als Gesellschaft nicht in einer Infektionsangstneurose einrichten“, so der Ärztepräsident.
„Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass wir jetzt alles in Laisser-faire-Manier laufen lassen“, mahnte der Mediziner. „Grundsätzlich gilt: Es gibt kein risikofreies Leben und keine risikofreie Gesellschaft. Es kommt auf die richtige Balance an zwischen Risiko und Freiheit“, betonte Reinhardt.
Maskenpflicht im Unterricht abschaffen – bundesweit 2G einführen
Mit Blick auf den Schulunterricht fordert Gassen die Bundesländer auf, die Maskenpflicht flächendeckend in allen Schulen im Unterricht aufzuheben. „Es ist völlig unangemessen, dass Kinder und Jugendliche stundenlang im Unterricht eine Maske tragen müssen, während die Erwachsenen abends maskenlos ins Lokal gehen können“, sagte Reinhardt dem RND und fügt hinzu: „Das steht in keinem Verhältnis.“
Der Ärztepräsident fordert die Länder zudem auf, das 2G-Optionsmodell bundesweit einzuführen. „Wenn 2G kombiniert wird mit der Aufhebung von Maskenpflicht und Abstandsregeln, ist das ein sehr guter Weg. Ich plädiere dafür, dass alle Bundesländer 2G ohne Maske und Abstand als Option für das Gastgewerbe, für den Sport und die Veranstaltungsbranche einführen“, sagte er. Das sei dann auch ein zusätzlicher Anreiz für die bisher Ungeimpften, so der Ärztepräsident.
Forderung nach Krankenhausgipfel
Außerdem fordert Reinhardt einen nationalen Krankenhausgipfel nach der Bildung einer neuen Bundesregierung. „Der ökonomische Druck hat ein inakzeptables Ausmaß angenommen, zulasten der Beschäftigten, aber auch zum Nachteil von Patientinnen und Patienten“, so der Ärztechef. Es habe sich gezeigt, dass ungezügelter Wettbewerb kein gutes Element sei, um eine angemessene medizinische Versorgung sicherzustellen.
Reinhardt wies die Ansicht zurück, wonach gerade die Bewältigung der Pandemie gezeigt habe, dass das deutsche Kliniksystem gut funktioniere. „Die Pandemie wurde bewältigt, weil Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte bis zum Umfallen gearbeitet haben und der Staat das notwendige Geld in die Kliniken gepumpt hat“, sagte der Ärztepräsident dem RND.
Es gehe jetzt nicht darum, Stellen oder Betten abzuschaffen. „Aber wir müssen die Kliniklandschaft auch durch das Zusammenlegen von Standorten neu strukturieren, Bürokratie abbauen und Effizienzreserven heben“, sagte er. Notwendig sei ein Netz aus Krankenhäusern für die Grundversorgung der Bevölkerung und Kliniken, die sich auf bestimmte Behandlungen spezialisiert haben. „Die Planung dafür muss sich am tatsächlichen medizinischen Bedarf ausrichten und nicht am Prestigewillen von Kommunalpolitikern“, sagte der Ärztepräsident.
Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Ärztechef Reinhardt beim RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).