Lockerungen sind kein „Freedom Day“: Lauterbach mahnt Länder, nicht über MPK-Beschlüsse hinauszugehen
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Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
© Quelle: Wolfgang Kumm/dpa
Berlin. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat betont, dass die von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Lockerungen nicht als „Freedom Day“ zu verstehen sind. „Das ist nicht ein Ende der Corona-Maßnahmen, sondern ein langsamer Ausstieg aus den Einschränkungen“, sagte er am Freitag in Berlin. Die Beschlüsse seien „maßvoll“, aber nicht „maßlos“. Lauterbach verteidigte die „konservative“ Marschroute und mahnte, Rückfälle seien jederzeit möglich: „Wir sind in einer vulnerablen Phase.“
Aus diesem Grund appellierte Lauterbach an die Länderchefinnen und Länderchefs, nicht über die beschlossenen Lockerungen hinauszugehen, etwa um „politische Geländegewinne“ zu erzielen. „Das wäre falsch. Das ist alles auf Kante genäht“, sagte der SPD-Politiker. Man könne die Situation hierzulande nicht mit anderen Ländern vergleichen.
In Deutschland gebe es vor allem bei den Älteren „drei- bis viermal so viele Ungeimpfte“ wie etwa in Dänemark oder Großbritannien. Lauterbach stellte deshalb klar: „Eine solche Strategie verbietet sich für uns.“ Er äußerte vor allem Sorge vor einer weiteren Verbreitung des Omikron-Typs BA.2. Dieser sei ansteckender, und man müsse davon ausgehen, dass er auch einen schwereren Krankheitsverlauf auslöse als der aktuell dominierende Subtyp.
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© Quelle: dpa
Bund und Länder hatten am Mittwoch eine schrittweise Aufhebung der Pandemiemaßnahmen bis zum 20. März vereinbart. Als Erstes sollen die Einschränkungen für private Treffen für Geimpfte und Genesene sowie die 2G-Regelung im Einzelhandel entfallen. Im zweiten Schritt ist eine Lockerung der Zugangsbeschränkungen in Gastwirtschaft und Freizeit geplant. Mit dem Auslaufen der Gesetzesgrundlage für die derzeitigen Einschränkungen am 19. März sollen auch alle anderen Schutzmaßnahmen enden.
Immunologe: „Es ist Licht am Ende des Tunnels“
Dennoch gibt es für Lauterbach auch vorsichtigen Grund zur Hoffnung. Er betonte erneut: „Wir haben den Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten.“ Die aktuellen Maßnahmen „wie 2G-plus und 2G“ hätten sich in der Omikron- als auch in der Delta-Welle bewährt. Deutschland hätte im Gegensatz zu anderen Ländern eine niedrige Todesrate. „Wir haben die Wellen gut gemeistert.“ Entsprechend seien die schrittweisen Lockerungen vertretbar. „Ich sehe zum aktuellen Zeitpunkt keine Gefährdung einer Krankenhausüberlastung.“
Der Immunologe Michael Meyer-Hermann stimmte ihm zu: „Es ist Licht am Ende des Tunnels.“ Deutschland verzeichne derzeit etwa 1400 Tote pro eine Million Menschen, was „eine erschreckend hohe Zahl“ sei, so der Leiter der Abteilung System Immunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig am Freitag. Andernorts in Europa liege die Zahl aber bei 2200. Dagegen habe Südkorea nur 140 Todesfälle auf eine Million Einwohner gerechnet.
Lauterbach warnt vor neuer Variante im Herbst
Mit Blick auf den kommenden Herbst und Winter warnte Lauterbach jedoch vor potenziellen neuen Corona-Varianten. Diese könnten möglicherweise auch wieder gefährlicher als Omikron sein. Aufgrund der geringen Impfquote, vor allem bei den vulnerablen Gruppen, betonte der Gesundheitsminister erneut die Wichtigkeit einer allgemeinen Impfpflicht. Er selbst unterstütze den Vorschlag zur Impfpflicht ab 18 Jahren.
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Auch der Vizepräsident des Robert Koch-Instituts, Lars Schaade, warnte vor zu schnellen Lockerungen. Die Daten deuteten zwar darauf hin, dass der Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten sei, was die Neuinfektionen angehe. Auf den Intensivstationen sei der Scheitelpunkt aber noch nicht erreicht. Man müsse die Situation weiter ernst nehmen, unterstrich Schaade. Es sei insbesondere wichtig, in Krankenhäusern und Pflegeheimen Schutzmaßnahmen weiter aufrechtzuerhalten, um Vulnerable nicht zu gefährden. Welche Maßnahmen über den 20. März hinaus erhalten bleiben, muss der Bundestag noch entscheiden.
mit Material der epd