Inzidenz-Verdopplung noch dieses Jahr? Wert von 2800 in Sachsen nicht ausgeschlossen
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2G-Regel in Leipzig.
© Quelle: imago images/Jan Huebner
Dresden. In Sachsen wird nicht ausgeschlossen, dass der aktuell schon extrem hohe Corona-Inzidenzwert sich bis zum Jahresende noch verdoppelt. „Bei sich fortsetzender Dynamik kann angenommen werden, dass die Inzidenz bis Ende Dezember bis zirka 2800 ansteigen wird, bis sie dann bis Ende Januar auf das jetzige Niveau wieder abfallen wird“, heißt es im Antrag der Regierung für die Sondersitzung des Landtages am Montag.
Das Parlament soll dann über die Feststellung der epidemischen Lage im Freistaat entscheiden. Damit soll Rechtssicherheit für eine Fortsetzung der Schutzmaßnahmen und ihre mögliche Erweiterung geschaffen werden.
Inzidenz in Sachsen landesweit über 1200
Die Corona-Inzidenz ist in Sachsen erneut stark gestiegen: Am Freitag hatte das Robert Koch-Institut für Sachsen eine Wocheninzidenz von 1224,7 ermittelt. Das ist der mit Abstand höchste Wert in Deutschland. Er gibt die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche an.
In der Begründung ihres Antrages macht die sächsische Regierung auf die dramatische Lage aufmerksam: „In Sachsen ereignen sich 15 Prozent aller Neuinfektionen in der Bundesrepublik, obwohl auf Sachsen nur fünf Prozent der Gesamtbevölkerung entfallen.“
Inwieweit sich derzeitige Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte und 2G-Regelungen auf das Infektionsgeschehen auswirken, werde sich erst in den nächsten zwei Wochen zeigen. Die Impfquote sei weiterhin viel zu niedrig, um in der aktuellen Situation „einen relevanten Einfluss auf eine absehbare Eindämmung des Infektionsgeschehens zu leisten“.
Die Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz am Rande der Landtagssitzung vor. Insbesondere in den sozialen Netzwerken werde zu dem Protest aufgerufen, teilte die Polizei am Freitag mit. Auch Extremisten würden mobilisieren.
GEW fordert mehr Schutz an Schulen
Angesichts dieser Zahlen fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Sofortmaßnahmen an Kitas und Schulen - und appelliert an die ungeimpften Menschen, sich impfen zu lassen. „Die hohe Anzahl geschlossener Schulen und die Einschränkungen an Kitas sind eine Katastrophe mit Ansage“, erklärte GEW-Chefin Uschi Kruse am Freitag. Die Gewerkschaft kritisiere auf das Schärfste, „dass Teile der sächsischen Bevölkerung nicht bereit sind, sicheres Lernen von Kindern und Jugendlichen durch Impfungen zu unterstützen, und dass trotz der in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen nicht alles unternommen wurde, um Bildungseinrichtungen endlich krisenfest zu machen“.
Trotz aller Warnungen der Wissenschaft, aber auch der GEW, seien im Sommer kaum Maßnahmen getroffen worden, um Kitas und Schulen auf den Winter vorzubereiten. Nach Angaben der Gewerkschaft ist derzeit etwa jede fünfte Schule ganz oder teilweise geschlossen. Die GEW fordert unter anderem schärfere Regelungen bei Infektionen an den Einrichtungen, die Anschaffung von Luftfilteranlagen sowie CO2-Ampeln, mehr räumliche Kapazitäten und die Entzerrung des Schülerverkehrs.
Dehoga kritisiert Maßnahmen
Kritik an den aktuell geltenden Corona-Maßnahmen kam am Freitag auch vom Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Sachsen. Es geht um das Beherbergungsverbot. Der Verband unterstützt einen betroffenen Hotelier aus Eibenstock (Erzgebirgskreis) bei seinem Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Bautzen, wie er am Freitag mitteilte. Ziel ist es, die Zulässigkeit des aktuell geltenden Beherbergungsverbots prüfen zu lassen.
Es sei unbestritten, dass die Situation auf den sächsischen Intensivstationen dramatisch sei, sagte Jens Ellinger, Dehoga-Vizepräsident in Sachsen, am Freitag. Hotels seien für die Infektionen jedoch nicht verantwortlich. „Wir fühlen uns erneut ohne wissenschaftliche Begründung als Prügelknabe für die verfehlte Politik.“ In der kommenden Woche will der Verband ein ähnliches Verfahren mit einem betroffenen Gastronomen gegen die Auflagen für Restaurants vor dem Oberverwaltungsgericht anstreben.
Der Verband bemängelte auch, dass noch unklar sei, welche finanziellen Entschädigungen es für Hoteliers gibt. Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) sagte am Freitag, dass er für die Verlängerung steuerlicher Corona-Hilfsmaßnahmen über das Jahresende hinaus sei.
„Neben den staatlichen Hilfsprogrammen, etwa in Form von Zuschüssen oder Darlehen, sollte auch die Steuerverwaltung weiterhin einen Beitrag zur Entlastung und Unterstützung leisten.“ Er sei überzeugt, dass das Bundesfinanzministerium der Forderung nachkomme und jetzt schnell die Voraussetzungen schaffe, damit die Finanzämter wieder im vereinfachten Verfahren zinslose Stundungen vornehmen könnten.
RND/dpa