Impfzentren: Kommunalverbände wollen flächendeckende Infrastruktur – Hausärztechef widerspricht
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Kommunalverbände fordern im Hinblick auf den Herbst wieder flächendeckende Impfzentren.
© Quelle: Mohssen Assanimoghaddam/dpa
Berlin. Mit Blick auf den Herbst und steigende Corona-Zahlen fordern Kommunalverbände, wieder flächendeckend Impfzentren zu errichten. Der Hausärzteverband will hingegen das Zepter in der Hand behalten – und befürwortet stattdessen eine neue Impfkampagne.
Kanzler empfiehlt vierte Impfung für alle ab 60
„Sollte eine vierte Impfung für weite Teile der Bevölkerung erforderlich werden, geht das nicht ohne die Impfzentren“, sagt der Präsident des Landkreistags, Reinhard Sager, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die Impfzentren hätten sich bewährt. Aus Sagers Sicht sind sie wichtiger Bestandteil neben dem Impfangebot in Hausarztpraxen. „Die Ärzteschaft empfiehlt schon länger die vierte Impfung, um einen längerfristigen Schutz im Körper aufbauen zu können“, so Sager.
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Vierte Impfung für alle: Würde uns das durch die Corona-Sommerwelle retten?
Die Corona-BA.5-Welle ist im Alltag angekommen – und macht Sommerpläne zunichte. Würde es helfen, sich jetzt die vierte Impfdosis abzuholen? Die Stiko empfiehlt die Auffrischimpfung zwar vorwiegend den Älteren. Ein gewisser Spielraum bleibe aber, macht der Deutsche Hausärzteverband deutlich. Wer entscheidet am Ende?
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in einem ARD-Interview allen Bürgerinnen und Bürgern ab 60 Jahren zu einer vierten Impfung geraten. Mit einem angepassten Omikron-Impfstoff könnte das Impfen im Herbst erneut an Aufschwung gewinnen. „Die Ärzte werden aber allein nicht in der Lage sein, Impfungen in großem Ausmaß bei einer neuen Impfkampagne sicherzustellen“, sagt der Landrat.
„Doppelstruktur aus Impfzentren und Arztpraxen ergibt keinen Sinn“
Ähnlich äußert sich auch Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. Er befürchtet eine massive Corona-Welle im Herbst. Er sieht in einer früh vorbereiteten Impfkampagne auch eine Prävention vor drohenden Schulschließungen – obwohl diese aktuell von der Politik ausgeschlossen werden. „Wenn Kindergärtnerinnen und Kindergärtner oder Lehrerinnen und Lehrer in großem Umfang krankheitsbedingt ausfallen, bleibt am Ende im schlimmsten Fall dennoch nur die Schließung der entsprechenden Einrichtungen“, sagt Landsberg. „Um diese Entwicklungen so weit wie möglich zu verhindern, sollte bereits jetzt eine entsprechende Impfkampagne, möglichst mit dem neuen, auf Omikron angepassten Impfstoff vorbereitet werden. Das wird unter großem Zeitdruck von den niedergelassenen Ärzten nicht komplett geleistet werden können.“
Ulrich Weigeldt, Chef des Hausärzteverbands, sieht das anders. „Die Hausärztinnen und Hausärzte werden auch im Herbst in der Lage sein, jeden zu impfen, der dies möchte. Hierauf haben sich die Praxen vorbereitet. Voraussetzung ist natürlich, dass die Impfstoffe diesmal verlässlich und koordiniert geliefert werden“, sagt er dem RND. „Aktuell, aber auch im Hinblick auf den Herbst, ergeben die Doppelstrukturen aus Impfzentren und Arztpraxen keinen Sinn.“ Das Impfen in Hausarztpraxen sei nicht nur kostenschonend, sondern hätte auch den Vorteil, dass die Menschen in den Praxen zur vierten Impfung beraten werden könnten. „Der notwendige vertrauensvolle Austausch ist in einem anonymen Impfzentrum nicht ohne weiteres möglich“, so Weigeldt.
Neue Impfkampagne gefordert
Landrat Sager argumentiert, „dass die Ärzte nicht alle Teile der Bevölkerung erreichen.“ Das zeigten die bisherigen Erfahrungen. „Wir sollten vorausschauend agieren und aus Fehlern lernen, denn in der Vergangenheit sind die Impfzentren zu früh geschlossen worden“, sagt Sager. Einig ist er sich mit Hausärztechef Weigeldt hingegen darüber, dass es vor flächendeckenden vierten Impfungen einer neuen Impfkampagne bedarf.
„Bei all den Diskussionen um das Für und Wider einzelner Maßnahmen darf nicht vergessen werden, dass die wichtigste und wirkungsvollste Maßnahme die Impfung ist und bleibt“, sagt Weigeldt. „Wir brauchen daher eine positive Impfkampagne – nicht nur für die vierte Impfung, sondern auch, um die Impflücken bei der ersten und der dritten Impfung zu schließen.“
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Die Kampagne müsse die Leute motivieren und nicht verängstigen. „Es gab in Deutschland in der Vergangenheit sehr erfolgreiche Gesundheitskampagnen, beispielsweise zur Impfung gegen Kinderlähmung oder auch die AIDS-Aufklärungskampagne. Etwas vergleichbares vermisse ich bei Corona bisher.“ Die Kampagne „Deutschland krempelt die Ärmel hoch“ werde sicherlich niemanden hinter dem Ofen hervorlocken. „Die Impfquoten sind nach wie vor zu niedrig“, mahnte er. „Das gilt für die vierte Impfung, aber insbesondere auch für die Erst- und Drittimpfungen.“
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