Sonderrechte nach Corona-Impfung? FDP hält das grundsätzlich für möglich
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Schon in wenigen Monaten wird die Zahl der Corona-Geimpften in die Millionen gehen.
© Quelle: imago images/Insidefoto
Berlin. Die seit Sonntag bundesweit laufenden Impfungen gegen das Coronavirus sind ein erster Schritt zurück in die Normalität. In den nächsten Monaten wird der Anteil derjenigen, die gegen eine Erkrankung geschützt sind, langsam, aber stetig anwachsen. Soll diese Gruppe dann schon mehr Freiheiten zurückerhalten als Nicht-Geimpfte?
Die Bundesregierung erteilt solchen Überlegungen bisher eine klare Absage. „Viele warten solidarisch, damit einige als Erste geimpft werden können. Und die Noch-Nicht-Geimpften erwarten umgekehrt, dass sich die Geimpften solidarisch gedulden“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Keiner sollte Sonderrechte einfordern, bis alle die Chance zur Impfung hatten. Gegen die Pandemie kämpfen wir gemeinsam – und wir werden sie nur gemeinsam überwinden“, so der CDU-Politiker.
Spahn: „Wir starten die Impfkampagne mit großen Schritten“
Der Bundesgesundheitsminister sprach am zweiten Weihnachtsfeiertag, einen Tag vor Impfbeginn, in Deutschland und in der EU.
© Quelle: Reuters
FDP: „Dann darf der Staat die Freiheit nicht mehr einschränken“
Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich zuvor gegen Sonderrechte für Geimpfte ausgesprochen, da dies einem Impfzwang nahe käme. Seehofer warnte auch Privatunternehmen davor, Kunden wegen einer fehlenden Impfung abzulehnen. Beispielsweise hatte die australische Fluggesellschaft Qantas angekündigt, künftig nur noch geimpfte Passagiere befördern zu wollen.
Die FDP blickt etwas anders auf die Diskussion. „Ich halte die Frage so lange für theoretisch, bis nicht nachgewiesen ist, dass geimpfte Personen niemanden mehr anstecken können. Steht aber fest, dass von einem Menschen weder für sich noch für andere eine Gefahr ausgeht, dann darf der Staat seine Freiheit nicht einschränken”, sagte Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Und weiter: „Natürlich würde das den Druck erhöhen, schneller zu mehr Impfkapazitäten zu kommen. Aber das ist umso mehr ein Grund, den gesamten Prozess der Impfung so gut und so professionell zu organisieren wie nur irgend möglich.“
Auch bei einer Aufnahme in Kitas gilt oft eine Impfpflicht
Auch Welt-Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hält es langfristig durchaus für denkbar, gegen das Coronavirus geimpften Menschen besondere Rechte einzuräumen. „Im Moment, wo man gar nicht allen Menschen eine Impfung anbieten kann, verbietet sich ein solches Vorgehen“, erklärte Montgomery im Deutschlandfunk.
Später einmal, wenn alle Menschen die Chance zur Impfung hätten und über den Nachweis von Immunität im Blut mehr bekannt sei, seien entsprechende Entscheidungen aber möglich. Montgomery verwies beispielsweise auf Einreiseverbote in manchen Staaten für Menschen, die nicht gegen Gelbfieber geimpft seien, oder eine Masernimpfung als Voraussetzung für die Aufnahme in Kindertagesstätten in Deutschland.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hingegen hält von der aktuellen Debatte wenig: „Ich kann mit der Diskussion über Sonderrechte für Corona-Geimpfte nichts anfangen. Denn wir haben ja gerade erst den Impfstoff bekommen“, sagte er dem RND. „Das sind Ablenkungsdebatten, die überhaupt nichts bringen, sondern nur Wasser auf die Mühlen von Querdenkern und Leerdenkern sind.“ Insofern finde er es erstaunlich, dass sich auch Bundesinnenminister Seehofer daran beteilige.
Laut verschiedener Umfragen wollen sich zwischen 60 Prozent und zwei Drittel der Bundesbürger im Jahr 2021 gegen Corona impfen lassen.