Corona: Immer mehr Kinder und Jugendliche lassen sich impfen
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Eine Kinderärztin aus Viersen in Nordrhein-Westfalen impft einen Jungen mit dem Corona-Impfstoff von Biontech.
© Quelle: David Young/dpa
Berlin. Der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte zeigt sich zufrieden mit dem Fortschritt der Impfkampagne bei Kindern und Jugendlichen: „Die Rate der Impfwilligen ist sehr hoch, und wir erleben einen anhaltenden Andrang in den Praxen“, sagte Sprecher Jakob Maske dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Das Impfangebot für Kinder- und Jugendliche sei flächendeckend sehr gut, alle, die eine Impfung bekommen wollten, könnten diese bekommen.
Laut dem aktuellen Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) variiert der Anteil der Menschen, die vollständig, einmal und noch nicht geimpft worden sind, stark nach Alter: Während in der Altersgruppe der über 60-Jährigen etwa 14 Prozent noch gar nicht, dafür aber 83 Prozent vollständig geimpft sind, liegt der Anteil der Ungeimpften bei Erwachsenen unter 60 Jahren bei 35 Prozent. Vollständig geimpft sind in dieser Altersklasse 63 Prozent. Bei Kindern und Jugendlichen von zwölf bis 17 Jahren sind etwa 72 Prozent ungeimpft und rund 19 Prozent vollständig geimpft.
Im Zeitverlauf zeigt sich außerdem die unterschiedliche Dynamik zwischen den Altersgruppen: In der Gruppe der über 60-Jährigen stieg der Anteil der vollständig Geimpften zwischen Mai und Mitte Juli besonders stark an und erhöht sich seitdem nur noch langsam. Kurz darauf, ebenfalls im Mai, begann auch der Anteil der vollständig Geimpften in der Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen sichtbar zu steigen – inzwischen allerdings geht die Dynamik zurück.
Der Impfturbo, den wir im Frühjahr und bis zum Juli hinein erlebt hatten, ist definitiv abgeflaut.
Armin Beck,
Mitglied im Bundesvorstand des Hausärzteverbandes
„Der Impfturbo, den wir im Frühjahr und bis zum Juli hinein erlebt hatten, ist definitiv abgeflaut. Während einzelne Kolleginnen und Kollegen uns zuvor noch von 300 oder sogar 500 Anfragen wöchentlich berichteten, erhalten viele mittlerweile nur noch zögerliche 30 oder weniger“, sagte Armin Beck, Mitglied im Bundesvorstand des Hausärzteverbandes, dem RND.
Hinzu komme, dass die Beratung bei vielen Patientinnen und Patienten aufwendiger geworden sei, da der Anteil der klaren Impfbefürworterinnen und ‑befürworter unter den Ungeimpften mit Voranschreiten der Impfkampagne stark abgenommen habe, so Beck weiter. „Den bisher nicht geimpften Patienten diese näherzubringen nimmt viel Zeit in Anspruch“, berichtet der Mediziner.
Stiko spricht sich für Corona-Impfung für alle ab zwölf Jahren aus
Die Ständige Impfkommission (Stiko) spricht sich nun für Corona-Impfungen für alle Kinder und Jugendlichen ab zwölf Jahren aus.
© Quelle: dpa
Bei den Zwölf- bis 17-Jährigen steigt die Anzahl vollständig Geimpfter zwar erst seit Mitte Juli, dafür aber zuletzt stark und kontinuierlich – rund 30 Prozent haben bereits eine erste Impfung erhalten. Allerdings gibt es auch in dieser Altersgruppe großen Beratungsbedarf.
Politik schürte Misstrauen bei Eltern
Vor allem das Agieren der Politik sei kontraproduktiv gewesen, kritisierte der Verbandssprecher der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske. „Der politische Druck auf die Stiko, die Impfung schneller zu empfehlen, hat zu Verwirrung und Verunsicherung bei den Eltern geführt.“ Diese sorgten sich um die Sicherheit ihrer Kinder, vor allem mit Blick auf mögliche Langzeit-Nebenwirkungen der Impfstoffe.
„Wir können den Eltern die Sorgen oft nehmen, aber es besteht ein sehr großer Aufklärungsbedarf in den Praxen“, stellte der Kinderarzt fest.
Ausschlaggebend für die hohe Impfbereitschaft seien weniger medizinische Gründe als der Wunsch nach sozialer Teilhabe: „Kinder und Jugendliche wollen wieder ihr normales Leben führen, einfach wieder ins Kino und ins Fitnessstudio gehen.“
Es sei für die Politik jetzt an der Zeit, sich zu bewegen und mehr Freiheiten für Kinder und Jugendliche zu ermöglichen, unabhängig von Impfungen und Tests, forderte Maske. Vor allem die Situation von Kindern, für die aufgrund ihres Alters eine Impfung nicht infrage komme, sei endlich in den Blick zu nehmen.
„Wir wünschen uns ein klares Signal von der Politik, dass es keinen erneuten Lockdown an Schulen und Kitas geben wird.“ Die Folgen des Lockdowns für die Kinder seien groß: „Wir sehen viel mehr medizinische Folgen des Lockdowns bei Kindern und Jugendlichen als Erkrankungen oder gar Komplikationen aufgrund von Corona.“
Das RKI warnt in seinem aktuellen Wochenbericht: „Die Sieben-Tage-Inzidenz nimmt seit Anfang Juli 2021 deutlich zu und steigt damit wesentlich früher und schneller als im vergangenen Jahr, als vergleichbare Inzidenzen erst im Oktober erreicht wurden.“ Die Gesundheitsämter könnten nicht mehr alle Infektionsketten nachvollziehen. Besonders hoch sei die Inzidenz in der Altersgruppe der Zehn- bis 24-Jährigen.
Laut RKI-Bericht ist der Anteil der Krankenhausaufnahmen bei den 35- bis 59-Jährigen am höchsten, gefolgt von der Altersgruppe der 15- bis 34-Jährigen und der Altersgruppe der 60- bis 79-Jährigen. In ihrem Bericht appellieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenshaftler: „Es wird dringend empfohlen, die Angebote für die Impfung gegen Covid-19 wahrzunehmen.“