Kontrolle, Bußgeld, Beratung: Das sind die Baustellen auf dem Weg zur Impfpflicht
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Eine Person läuft durch das nahezu leere Impfzentrum Tegel in Berlin.
© Quelle: Fabian Sommer/dpa
Berlin. Der Bundestag wird voraussichtlich im März über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht entscheiden. Bisher stehen zwei Modelle im Raum: Eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren und sowie eine Impfpflicht für über 50-Jährige – mit einem verpflichtenden Beratungsgespräch. Ein dritter Antrag plädiert für Freiwilligkeit. Die Umsetzung einer Impfflicht hätte aber ihre Tücken.
Baustelle I: Kontrolle der Impfpflicht
Möglich sind stichprobenartige Kontrollen der Impfnachweise durch Ordnungs- und Gesundheitsämter. Die Kommunen haben jedoch bereits jetzt ein Kapazitätsproblem. Die Gesundheitsämter sind mit der Kontaktverfolgung der Corona-Fälle vielfach überlastet. Vereinzelte Landkreise warnten bereits, sie könnten sogar die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht durchsetzen. Auch der Deutsche Städtetag bat um Geduld: Es könne in den Gesundheitsämtern zu erheblichen Verzögerungen kommen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert ein Impfregister. Es brauche eine belastbare und einfach nutzbare Datenbasis, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Der einfachste und beste Weg, dieses Ziel zu erreichen, ist ein nationales Impfregister, in dem die Informationen zum Corona-Impfstatus und zu weiteren Impfungen gespeichert werden.“
Auch der Verband der Privaten Krankenkassen (PKV) käme ohne Impfregister an seine Grenzen, da die Patientinnen und Patienten nur die Behandlungen einreichen, die sie abrechnen wollen. Eine detaillierte Übersicht über die Gesundheitsdaten liegt dem PKV daher nicht vor, sagte ein Sprecher dem RND.
Allerdings: Der Aufbau eines Impfregisters kann Monate dauern, bis dahin wären also weiter stichprobenartige Kontrollen notwendig.
Baustelle II: Bußgelder
Wenn sich Menschen trotz der Impfpflicht nicht gegen Corona immunisieren lassen, könnten Bußgelder auf sie zukommen. Nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sind zwischen fünf bis 1000 Euro, maximal aber – nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz – 25.000 Euro möglich.
Die Linksfraktion protestiert dagegen. „Bußgelder sind tendenziell sozial ungerecht, weil sie nicht einkommensabhängig bemessen werden“, kritisierte die gesundheitspolitische Sprecherin Kathrin Vogler. „Es ist bedauerlich, dass die Bundesregierung keinen Vorschlag vorlegen will, der dafür rechtskonforme und praktikable Lösungen vorsieht.“
„Zu sehr parteipolitisch geprägt“: Die Analyse zur Impfpflicht-Debatte im Bundestag
Die Orientierungsdebatte zur Impfpflicht im Bundestag war emotional. Sie hat gezeigt, wie schwierig es wird, zu einem Konsens zu kommen, meint Kristina Dunz.
© Quelle: RND
Auch Verfassungsrechtler Christian Pestalozza kritisiert eine Bußgeldregel. „Eine solche zur Förderung des Gesundheitsschutzes ungeeignete Pflicht ist verfassungswidrig, weil sie unverhältnismäßig ist“, sagte Pestalozza dem RND. Personen, die finanziell gut aufgestellt sind, würden die Zahlung einfach in Kauf nehmen, erklärte der Wissenschaftler.
Eine weitere Option sind Tagessätze, so könnten Strafgelder je nach Einkommen der Betroffenen verhängt werden.
Baustelle III: Beratungsgespräche und Impfangebot
Das Ü50-Impfpflicht-Modell sieht Beratungsgespräche vor. Der Deutsche Caritasverband befürwortet die Idee, Gespräche direkt in den Impfzentren zu führen. „Die Impfzentren bieten sich als zentral einladende Stelle an“, sagte eine Verbandssprecherin dem RND. „Gerade bei Menschen, die nicht per se gegen die Impfung sind, sondern sich, aus welchen Gründen auch immer, Sorgen machen, kann ein solches Gespräch einen Beitrag zur Steigerung der Impfbereitschaft leisten.“
Der PKV hält es für umsetzbar, Termineinladungen an seine Patientinnen und Patienten zu schicken, sagte ein Sprecher dem RND. Das hatte die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, Verena Bentele, kürzlich gefordert.
Dem widerspricht Verfassungsrechtler Pestalozza. Er schätzt, dass die verpflichtende Beratung zur Corona-Impfung ungeeignet sei, die Pandemie zu bekämpfen. „Sollten Unwillige zur Beratung überhaupt erscheinen, ist fraglich, ob sie sich anschließend ‚freiwillig‘ impfen lassen.“
Die Bundesärztekammer macht klar, dass sie Menschen nicht gegen ihren Willen impfen wird. Deswegen könne es bei der allgemeinen Impfpflicht also nur um eine Impfnachweispflicht gehen. Einen Impfzwang dürfe es nicht geben, betonte Präsident Klaus Reinhardt. „Der würde auch dem ärztlichen Berufsethos fundamental widersprechen“, sagte der Mediziner.