Senioreneinrichtungen wettern gegen Teilimpfpflicht: „Das war und ist ein Skandal“
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Die Impfpflicht für das Pflege-und Gesundheitspersonal läuft laut Infektionsschutzgesetz am 1. Januar 2023 aus. (Symbolbild)
© Quelle: IMAGO/Political-Moments
Lange wurde sie diskutiert: die allgemeine Impfpflicht. Von der Bundesregierung verabschiedet wurde sie jedoch nicht. Dafür hagelt es noch immer Kritik von den Verbänden der Gesundheit und Pflege.
Denn stattdessen kam die einrichtungsbezogene Impfpflicht. „Das war und ist ein Skandal“, sagt Alexander Schraml, Vorsitzender des Bundesverbandes der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen (BKSB), dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Keine Konsequenzen für ungeimpfte Mitarbeiter
Die Pflegeheime seien gezwungen worden, Ermittlungen durchzuführen und Meldungen an Behörden abzugeben. Nahezu alle Behörden hätten aber auf Konsequenzen verzichtet. Zudem bemängelt er, dass gleichzeitig ungeimpfte Besucherinnen und Besucher zugelassen werden.
Doch nicht nur das: Ab Oktober gilt nur noch als vollständig geimpft, wer die Booster-Impfung erhalten hat. Schraml sieht das als Verschärfung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. „Damit besteht die Gefahr, dass uns weitere Beschäftigte verloren gehen beziehungsweise Auszubildende im Herbst nicht übernommen werden können.“
Allgemeine Impfpflicht oder gar keine
In den Einrichtungen seien nahezu alle Bewohnerinnen und Bewohner mehrfach geimpft. Todesfälle wegen Corona gebe es zudem nur noch selten und dann vor allem bei multimorbiden Menschen, die sich bereits im Sterbeprozess befänden.
Seine klare Meinung zur Teilimpfpflicht daher: „Entweder man schafft die einrichtungsbezogene Impfpflicht ab oder man ordnet eine allgemeine Impfpflicht an.“
Coronavirus: Verwirrung um den zweiten Booster
Zum jetzigen Zeitpunkt kann man die Frage, ob eine zweite Booster-Impfung sinnvoll ist oder nicht, nicht pauschal beantworten.
© Quelle: dpa
Wichtig ist dem Vorstandsmitglied vom Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg, dass die Maskenpflicht für Personal, Besucherinnen und Besucher sowie das Gebot, Abstand zu halten, uneingeschränkt eingehalten werden.
Teilimpfpflicht nur Verwaltungsaufwand
Für „wenig sinnvoll“ hält auch Generaloberin Gabriele Müller-Stutzer, Präsidentin des Verbandes der Schwesternschaften vom DRK, eine Beibehaltung dieser gesetzlichen Vorschriften. „Sie würden primär Verwaltungsaufwand bedeuten, aber den angestrebten sicheren Schutz von alten und kranken Menschen nicht sicherstellen können.“
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Region Hannover weicht von Stiko-Empfehlung ab – und setzt Ärzte unter Druck
Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) gelten in Deutschland als medizinischer Standard. In Hannover sollen Ärztinnen und Ärzte, die sich bei den Corona-Impfungen strikt an die Empfehlung der Stiko halten, künftig von Aufträgen ausgeschlossen sein. Die fühlen sich bevormundet.
Sie betont ebenfalls den enormen administrativen Aufwand der Teilimpfpflicht. „Hinzu kamen diverse ungeklärte arbeitsrechtliche Fragen, insbesondere im Zusammenhang zum Umgang mit ungeimpften Kolleginnen und Kollegen.“
„Impfungen weiterhin sinnvoll“
Die Vorgehensweisen und Sanktionen bis hin zum Betretungsverbot für ungeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien kaum von den Gesundheitsämtern umzusetzen gewesen. Denn es fehlte nicht nur an Personal, sondern auch an juristisch qualifizierten Kräften.
Laut Müller-Stutzer seien Impfungen weiterhin sinnvoll, weil sie die Wahrscheinlichkeit schwerer Krankheitsverläufe reduziere. Die derzeit verfügbaren Impfstoffe würden jedoch keinen „Rundumschutz“ vor Erkrankung oder Weitergabe des Virus geben. Damit sei die Impfung sowie die zusätzliche „Boosterung“ einzelner Personengruppen keine Lösung.
Impfen aus Überzeugung und Verantwortungsbewusstsein
„Sollten rechtzeitig wirksame Impfstoffe gegen derzeit vorherrschende Virusvarianten in ausreichender Anzahl verfügbar sein, werden sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen – wie die übrige Bevölkerung – erneut impfen lassen“, ist sich Müller-Stutzer sicher.
Ihr zufolge würde dies aus Überzeugung und Verantwortungsbewusstsein zum Schutz der Mitmenschen und der eigenen Gesundheit geschehen und nicht primär, weil ein Gesetz sie dazu auffordert.
Bereits zuvor hatten sich mehrere Gesundheitsverbände wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) nach der Forderung von Oppositionspolitikern für eine Aufhebung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ausgesprochen.
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