Eine „verpasste Chance“: Kritik an Beschlüssen des Bund-Länder-Gipfels
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Michael Müller (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Markus Söder (CSU, von links.) auf der Pressekonferenz nach der Ministerpräsidentenkonferenz. Am Tag danach kommt von verschiedenen Seiten Kritik an den Beschlüssen auf.
© Quelle: Christian Mang/Reuters/Pool/dpa
Berlin. Die Entscheidungen des Bund-Länder-Treffens zum weiteren Umgang mit der Corona-Pandemie am Dienstag sind auf scharfe Kritik gestoßen. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner bezeichnete die Beschlüsse als „verpasste Chance”. Er warf der CDU und dem von ihr geführten Kanzleramt eine geringe Bereitschaft vor, angesichts des Impffortschritts und des beherrschbaren Pandemiegeschehens die Normalisierung des Lebens einzuleiten. „Mit den aktuellen Beschlüssen verharrt unser Land in einem Ausnahmezustand”, sagte Lindner.
Auch der Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) äußerte sich skeptisch. Kostenlose Corona-Schnelltests in der Phase zu beenden, in der sich das öffentliche Leben wieder mehr in Innenräume verlagern werde, sei risikoreich, sagte DGB-Vorstandmitglieds Anja Piel dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Allein die Kosten für die öffentliche Hand anzuführen, ist ein schwaches Argument”, so Piel. „Bund und Länder verhärten damit ohne Not die Fronten gegenüber denjenigen, die immer noch stark verunsichert sind, was Aus- und Nebenwirkungen der Covid-19-Impfung angeht.”
Ethikrat hätte sich vom Bund-Länder-Gipfel mehr erhofft
Im Fokus der Kritik steht auch die anhaltende Uneinigkeit des Bund-Länder Gipfels bezüglich der Faktoren zur Beurteilung des Pandemiegeschehens: „Wir brauchen etwas, mit dem man die veränderte Situation differenzierter wahrnehmen kann. Nur die Inzidenz ist sicher nicht das, was man jetzt noch nutzen kann”, sagte die Vorsitzende des Ethikrates, Alena Buyx dem Fernsehsender Phoenix. Es wäre hilfreich, wenn es dafür klare Kriterien gäbe, vom Bund-Länder-Gipfel hätte sie sich da mehr erhofft, so die Professorin für Medizinethik.
Ähnlich äußerte sich auch die Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI): „Wir begrüßen das klare Bekenntnis der Politik zu den Inzidenzwerten als wesentliche Richtgröße und Frühwarnsystem bezüglich der Auslastung von Intensivstationen”, sagte Präsident Gernot Marx dem RND. Neben dem reinen Inzidenzwert müssten die Zahlen der Krankenhauseinweisungen und die Entwicklung bei der Intensivbettenbelegung zukünftig eine zentrale Rolle spielen, so der Mediziner.
Auch direkt an den Gesprächen Beteiligte wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zeigten sich enttäuscht. Es sei ein Ergebnis „auf Sicht”, sagte Söder in den ARD-„Tagesthemen”. Eine unterschiedliche Behandlung von Geimpften und Ungeimpften werde so oder so kommen, so der CSU-Politiker weiter. „Mir wäre es lieber, wir würden jetzt ehrlich drüber reden, als es zu vertagen bis nach der Bundestagswahl.”
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Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hingegen zeigte sich am Mittwochen zufrieden mit den Ergebnissen. Die Ministerpräsidentenkonferenz sei den Empfehlungen seines Ministeriums gefolgt, sagte der SPD-Politiker dem RND. „Die Testangebotspflicht für Unternehmen wird ebenso beibehalten wie unsere geltenden Hygienevorschriften für Betriebe. Damit leisten wir einen Beitrag dazu, dass die Arbeitsplätze nicht zu einem Risikoherd werden”, betonte Heil.