Expertenratmitglied Falk: „Omikron kann nur bei hoher Impfquote Ausweg aus der Pandemie sein“
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Immunologin und Corona-Expertenratmitglied Christine Falk bemängelt die aktuelle Impfquote in Deutschland. (Symbolbild)
© Quelle: Sven Hoppe dpa Archiiv
Hannover. Obwohl die Infektionszahlen durch die Omikron-Variante immer weiter steigen, sieht Immunologin und Corona-Expertenratmitglied Christine Falk Deutschland noch auf einem guten Weg in der Pandemiebekämpfung. „Wir haben nicht die Wand, die andere Länder haben“, sagte Falk dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die Zahlen seien zwar hoch, würden aber deutlich langsamer als andernorts steigen. Das zeige, dass „die derzeit geltenden Maßnahmen auch wirken“.
Für weitreichende Lockerungen, wie sie zuletzt in Großbritannien oder Dänemark beschlossen worden sind, sei es hierzulande aber noch zu früh, so die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. „Wir haben keine validen Daten, wie sich die Situation weiterentwickelt.“ Es würden unter anderem Daten fehlen, wie viele ungeimpfte Menschen bereits genesen und dadurch immunisiert sind. Es könne zwar sein, dass ein Aufweichen der Regeln „gut geht“, dies sei aber nicht „garantiert“. Falk gibt deshalb zu bedenken: „Sollte dies schiefgehen, könnte die Lage lediglich mit einem enormen Aufwand eingefangen werden.“ Die zu treffenden Maßnahmen wären den Menschen „dann nur noch schwer zu vermitteln“.
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Christine Falk ist Mitglied im Corona-Expertenrat der Bundesregierung. Sie leitet an der Medizinischen Hochschule Hannover das Institut für Transplantationsimmunologie und ist zudem Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.
© Quelle: MHH
Lockdown soll letztes Mittel bleiben
Falk empfiehlt deshalb, den aktuellen Pandemiekurs fortzusetzen und zu beobachten, wie sich vorsichtige Lockerungen auf die Pandemiesituation auswirken. Sollte in dieser Phase die Hospitalisierungsrate aber deutlich steigen, plädiert die Immunologin für kurzfristig striktere Kontaktbeschränkungen. Der Schutz der vulnerablen Gruppen, wie Krebs- oder Transplantationspatienten, habe „oberste Priorität“. Man dürfe diese Menschen „nicht im Stich lassen“, so Falk, die an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) das Institut für Transplantationsimmunologie leitet. „Wir sind noch immer eine Solidargemeinschaft in Deutschland. So verstehe zumindest ich dieses Land.“
Im Falle eines deutlichen Anstiegs schwerer Verläufe müsse grundsätzlich geprüft werden, welchen Spielraum es für weitere Verschärfungen gebe, ohne zum letzten Mittel – einem Lockdown – greifen zu müssen, so Falk. Es solle eine Situation verhindert werden, „in der nichts anderes übrig bleibt“.
Falk: Ausweg aus der Pandemie nur mit hoher Impfquote
Auch deshalb gebe es laut der Immunologin die Diskussion um die Impfpflicht. Vorrangiges Ziel sei es, einen möglichst hohen Impfschutz in der Bevölkerung aufzubauen, damit Omikron nicht in Form zahlreicher schwerer Verläufe außer Kontrolle geraten kann. Der Weg aus der Pandemie heraus ist jedoch das langfristige Ziel.
Dieses sieht Corona-Expertenratmitglied Falk aber noch in einiger Ferne. Die Impflücke sei weiter zu groß, die kollektive Immunität zu niedrig. „Das könnte im kommenden Herbst und Winter zu erneuten Problemen führen“, sagte Falk. Sie hebt deshalb hervor: „Wir können uns mit Omikron als Ausweg aus der Pandemie erst beschäftigen, wenn die Impfquote hoch ist.“ Erst dann „könnten wir das Virus auch besser laufen lassen“.
Geboosterte sind nach Omikron-Genesung am besten geschützt
Zum Schließen der Lücke gehört auch die Booster-Impfung. Zweifach Geimpfte seien vor potenziell schweren Verläufen deutlich geringer geschützt als Geboosterte, berichtet Falk. Generell gelte aber die Rechnung: „Mit jedem Kontakt, den dreifach Geimpfte mit Omikron haben, wird durchaus der kollektive Immunschutz weiter ausgebaut.“
Scholz: Debatte um Impfpflicht wird einen breiten Konsens bringen
Der Bundeskanzler sagte, die bisherige Strategie von Bund und Ländern, der Booster-Kampagne auf die Pandemie zu reagieren, habe sich bewährt.
© Quelle: Reuters
Die Immunologin hebt hervor: „Geboosterte, die sich nach der dritten Impfung infiziert haben und genesen sind, haben den höchsten Immunschutz.“ Je höher die Quote dieser Gruppe ist, „desto schlechtere Karten hat das Virus, sich weiter zu verbreiten“. In Kombination mit weniger werdenden Infektionen im Sommer, könnten die Fallzahlen so dauerhaft niedrig bleiben und auch „dieses Coronavirus in Zukunft wie die Grippe zirkulieren“, wobei vulnerable Gruppen trotzdem weiter geschützt werden müssten. „Ich finde, das ist ein lohnendes Ziel“, so Falk.