Corona: Eine Impfpflicht darf kein Tabu sein
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Ein Jugendlicher wird in Bayern gegen Corona geimpft.
© Quelle: Daniel Karmann/dpa
Dieser Corona-Herbst ist ein großes Déjà-vu – wie schon der letzte. Wir erleben nicht nur erneut steigende Infektionszahlen, sondern auch: volle Intensivstationen, Soldaten in Gesundheitsämtern, mit dem Virus infizierte Patienten, die aus dem Ausland eingeflogen werden – und Tote in Altenheimen. Dabei ähnelt die deutsche Corona-Politik der Fahrt mit einem Karussell. Man kommt immer und immer wieder an denselben Stellen vorbei. So geht es einmal mehr nicht weiter.
Die künftigen Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP haben zuletzt zwar angekündigt, dass die „epidemische Notlage von nationaler Tragweite“ zum 25. November auslaufen soll. Bis zum 20. März sollen den Ländern weniger eingriffsintensive Maßnahmen möglich sein – der Eingriff in Grundrechte wie die Bewegungsfreiheit hingegen nicht. Das wird mit dem Impffortschritt begründet.
Die Ampel funktioniere, „bevor es sie gibt“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Was sie nicht sagte: dass die Ökopartei auf ihr altes Motto „Die Infektionskurve abflachen“ zugunsten der Liberalen verzichtet.
Bund-Länder-Gerangel
Ohnehin überzeugt die Begründung für das Ende der epidemischen Notlage nicht. Tatsächlich gibt es Fortschritte bei den Impfungen. Freilich gibt es daneben Rückschritte bei den Inzidenzen, weil sich unverändert zu wenige Menschen impfen lassen und die Impfungen weniger verlässlich sind als erhofft. Deshalb passiert jetzt – Achtung, Déjà-vu! –, was wir ebenfalls bereits kennen: Noch bevor die Bundeseinheitlichkeit endet, beginnt die Kakophonie der Länder. Und deshalb zieht die Kanzlerin jetzt womöglich ein letztes Mal die Zügel an.
Gewiss ist ein neuer Lockdown nicht wünschenswert, er ist wohl auch nicht nötig. Erforderlich bleibt indes entschlossenes Handeln. Dazu gehört, dass Regeln kontrolliert werden. 2G oder 3G ist etwa bloß dann sinnvoll, wenn mal jemand nach Nachweisen fragt. Entschlossenes Handeln beinhaltet ferner, ein besonderes Augenmerk auf die Regionen zu richten, in denen die Impfquote besonders zu wünschen übrig lässt.
Dabei muss die „epidemische Notlage von nationaler Tragweite“ fortbestehen, bis eine Vereinbarung der Ministerpräsidenten an ihre Stelle tritt. Ein neuer Flickenteppich von Maßnahmen sorgt lediglich dafür, dass die Akzeptanz für strenge Regeln untergraben wird durch Laxheit an anderen Orten.
Beispiel Sachsen
Schließlich gehört die Impfpflicht auf die Tagesordnung. In Ländern wie Sachsen mit einer Impfquote unter 60 Prozent gibt es gar keinen anderen Weg – wie die dort nun geplanten umfassenden 2G-Regeln zeigen.
Der Status quo beweist: Weil sich eine Minderheit die Freiheit des Nichtimpfens nimmt, stehen die Freiheiten der geimpften Mehrheit auf der Kippe. Und auch die Freiheit der Ungeimpften muss beschnitten werden. Überhaupt kann Freiheit dauerhaft nur mit Verantwortung existieren. Wer das Prinzip missachtet, gefährdet sie.