Im Streit um den EU-Haushalt liegen die Nerven blank
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Im Juli einigten sich die EU-Spitzen darauf, insgesamt 1,8 Billionen Euro für die Bekämpfung der Pandemiefolgen zur Verfügung zu stellen.
© Quelle: Francois Walschaerts/AP-Pool/dpa
Brüssel. Im Streit um den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Aufbaufonds der EU liegen die Nerven blank. Die Europa-Grünen reagierten empört auf Vorwürfe von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), wonach das Europaparlament seine taktischen Spielchen aufgeben müsse, damit das Geld möglichst schnell fließen könne. Der Finanzexperte der Europa-Grünen, Sven Giegold, sprach von einem „unverschämten Angriff“.
„Deutschland spielt auf Zeit“
„Nicht das Parlament verzögert die Verhandlungen über das EU-Budget, sondern die deutsche Ratspräsidentschaft spielt auf Zeit“, sagte Giegold dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Offenbar wolle Scholz dem Europaparlament den schwarzen Peter zuschieben, um „vom zunehmenden Unmut der Parlamentarier über die deutsche Verhandlungsführung abzulenken“, sagte Giegold weiter.
Scholz hatte das Europaparlament zuvor aufgefordert, die Verhandlungen über das Corona-Hilfspaket und den EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 nicht zu verzögern. Die 27 EU-Mitgliedsstaaten hatten sich schon im Juli darauf verständigt, dafür insgesamt 1,8 Billionen Euro zur Verfügung stellen zu wollen.
Doch derzeit treten die Verhandlungen mit dem Europaparlament, das die Pläne billigen muss, auf der Stelle. Dabei müssten die Mittel früh im nächsten Jahr zur Verfügung stehen, sagte Scholz: „Deswegen muss die Gesetzgebung dieses Jahr abgeschlossen werden.“ Es dürfe keine taktischen Spielchen mehr geben.
Aus dem Corona-Aufbaufonds sollen stark von der Pandemie betroffene Länder wie Italien, Spanien und Frankreich Zuschüsse und Kredite bekommen. Damit soll die konjunkturelle Erholung im Jahr 2021 unterstützt werden.
Auszahlung verzögert sich
Der Streit zwischen Parlament und EU-Staaten hat bereits dazu geführt, dass das Geld nicht – wie geplant – zu Jahresbeginn fließen kann. Unklar ist noch, wie lange sich die Auszahlung verzögert. Zuletzt war von mindestens drei Monaten die Rede.
Die Europa-Grünen warfen der Bundesregierung vor, die Rolle des Europaparlaments zu missachten. „Bei der Rechtsstaatlichkeit gibt die Bundesregierung dem Druck von Orbán nach, statt auf die Forderungen des Parlaments zu hören. Den historischen Beschluss des Parlaments für ein ambitioniertes EU-Klimaziel 2030 hat die Ratspräsidentschaft weitgehend ignoriert“, sagte Giegold.
Das Europaparlament habe in der Tradition deutscher Europapolitik immer eine wichtige Rolle gespielt, so der Grünen-Abgeordnete: „Die deutsche Ratspräsidentschaft tritt diese Tradition mit Füßen.“ Dabei sei das Parlament der zentrale Baustein für die Stärkung der europäischen Demokratie.