China sagt Nein zur Idee der Aufklärung

Die Corona-Chroniken.

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China mauert munter weiter – denn es fühlt sich mächtig genug.

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Alle Forderungen aus dem Ausland, das Regime in Peking möge doch bitte ein internationales Expertenteam ins Land lassen, um den Ursprung der weltweiten Corona-Epidemie auszuleuchten, wurden in den vergangenen Tagen abgeschmettert.

Mehr noch: Inzwischen geht das Regime in Peking dazu über, einzelnen Regierungen, die es noch immer wagen, öffentlich mehr Transparenz zu fordern, einen Wirtschaftsboykott anzudrohen.

Als Erstes soll offenbar an Australien ein Exempel statuiert werden.

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Australien fragt: Was genau geschah in Wuhan?

In Australien hatten Premierminister Scott Morrison und Außenministerin Marise Payne eine unabhängige Untersuchung verlangt. Payne hatte hinzugefügt, dies sei keine Forderung, die man mal kurz erhebe und dann wieder vergesse. Australien werde, auch auf Ebene der internationalen Organisationen, auf einer unabhängigen Untersuchung bestehen: “Ohne Transparenz kann es kein neues Vertrauen geben."

“Ohne Transparenz kann es kein neues Vertrauen geben": Marise Payne, Australiens Außenministerin.

“Ohne Transparenz kann es kein neues Vertrauen geben": Marise Payne, Australiens Außenministerin.

Hintergrund des Streits sind die fortdauernden Unklarheiten im chinesischen Wuhan, wo das neuartige Coronavirus zum ersten Mal aufgetreten war. Anfangs hieß es, es stamme wohl von einem Wildtiermarkt. Später gab es Vermutungen, es könne auch aus einem staatlichen Biolabor entwichen sein, als Folge einer Panne. Fest steht nur, dass in dem Labor, der modernsten Einrichtung ihrer Art in China, seit Langem an Coronaviren geforscht wird.

Fest steht auch, dass Li Wenliang, der erste Mediziner, der wegen des neuartigen Coronavirus in den sozialen Netzwerken Alarm schlug, nachts auf der Polizeistation zum Schweigen gebracht wurde. Für diesen Übergriff haben die chinesischen Behörden bei der Familie des inzwischen am Coronavirus gestorbenen Arztes um Entschuldigung gebeten.

China fragt: Warum sollen wir australischen Wein trinken?

China will indessen keine Untersuchung der Vorgänge in Wuhan durch ein internationales Team dulden, sondern sieht die als Einmischung in innere Angelegenheiten.

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Der chinesische Botschafter in Australien, Cheng Jingye, drehte jetzt aber auch noch den Spieß um – und nannte in der Zeitung “Australian Financial Review” das Streben Australiens nach einer Untersuchung “gefährlich”.

Chinesische Konsumenten, warnte der Botschafter, könnten auf Reisen nach und Studienaufenthalte in Australien verzichten. Außerdem könnten immer mehr ganz gewöhnliche Leute in China sich fragen: Warum sollen wir eigentlich australischen Wein trinken? Und warum sollen wir australisches Rindfleisch essen?

In Australiens Hauptstadt Canberra verstand man die Botschaft so, wie sie offenkundig auch gemeint war: als Drohung mit einem Handelsboykott.

Außenministerin Payne zeigte sich hart: Einer Politik “ökonomischer Nötigung” werde sich ihr Land nicht beugen.

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China reagierte mit dem leisen Sich-Räuspern eines Regimes, das neben seinen 1,3 Milliarden Einwohnern auch die komplette heimische Medienlandschaft kontrolliert. Was, bitte, ist dagegen denn schon dieses immer wieder ärgerliche Australien? Ein Kommentator der chinesischen Staatsmedien gab höhnisch die Antwort: “Nichts anderes als Kaugummi, das China am Schuh klebt.” Diese neuen Töne wurden wiederum auch in der britischen Presse, etwa im “Guardian”, aufmerksam registriert.

Nun haben die traditionell oft angespannten australisch-chinesischen Beziehungen einen neuen Tiefpunkt erreicht.

Viel spannender als die Frage, wie diese beiden Staaten sich wieder sortieren, ist aber, ob China dauerhaft durchkommt mit seinem Nein zu glaubwürdigen internationalen Untersuchungen.

Wegen des ökonomischen Gewichts des Giganten China müssten sich sehr viele andere Staaten zusammenschließen, um nicht ebenfalls Objekt ökonomischer Drohungen zu werden. In der EU wurden entsprechende Überlegungen schon vorab verwässert – die Angst, es sich mit dem wichtigen Handelspartner China zu verderben, ist groß, nicht zuletzt in Deutschland. In den USA gibt es derzeit zwar viel Kritik an China – die aber vor allem gespeist wird von Donald Trumps dringendem Wunsch, einen Sündenbock für die schlechte und späte Reaktion seiner Regierung auf die Krise zu finden. Dies wiederum desavouiert indirekt alle China-Kritiker rund um die Erde.

China will “Harmonie”, jetzt auch weltweit

Bis auf Weiteres, darin liegt die historische Tragik dieser Tage, darf China also munter weitermauern. Das Außenministerium in Peking fand für das hässliche Nein der chinesischen Regierung zu jeglicher Transparenz eine schön klingende Umschreibung: “Alle Staaten müssen sich doch in dieser Zeit auf ein gutes Zusammenwirken konzentrieren”, heißt es in den jüngsten Erklärungen. “Dazu passt es nicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen oder andere nicht konstruktive Ansätze zu verfolgen.”

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Wächter der “harmonischen Gesellschaft”: Ein chinesischer Sicherheitsbeamter am Dienstag auf Pekings Platz des Himmlischen Friedens.

Wächter der “harmonischen Gesellschaft”: Ein chinesischer Sicherheitsbeamter am Dienstag auf Pekings Platz des Himmlischen Friedens.

Nicht konstruktive Ansätze: Darunter fällt natürlich auch der Ruf nach einer unabhängigen Untersuchung. Wer so etwas will, hat sich, pfui, etwas vorgenommen, das man sich am besten schnell wieder aus dem Kopf schlägt.

Bislang hatte Peking immer nur im Inland die “harmonische Gesellschaft” als Zielbestimmung ausgegeben. Jetzt erleben wir, wie die ganze Welt, Pandemie hin oder her, zu mehr Harmonie angehalten wird.

Es sind ernste Alarmsignale, die da jetzt aus Peking kommen. Hier geht es um mehr als irgendeine aktuelle Streitigkeit. Die Welt steht, 300 Jahre nach Kant, staunend vor einem klaren Nein Chinas zur Idee der Aufklärung.

RND

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