Australiens Ex-Premier warnt vor China: „Der Westen sollte sich fest anschnallen“
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Ein Überblick über den Saal bei einer Vorbereitungssitzung für den 20. Nationalen Kongress der Kommunistischen Partei Chinas.
© Quelle: Huang Jingwen/Xinhua/dpa
Gewinnt Chinas Präsident Xi Jinping diese Woche eine dritte Amtszeit, so wird er seinen Platz als mächtigster Herrscher des Landes seit Mao Zedong festigen. In seinem Jahrzehnt an der Macht hat der 69-jährige Xi China auf einen zunehmend autoritären Weg geführt: Die Kontrolle über die Wirtschaft hat deutlich angezogen, der Ton im Umgang mit Handelspartnern und Nachbarn ist rauer geworden. Die Pandemie unterdrückte der Staatschef mit harschen Maßnahmen, beim Militär wurde in den vergangenen Jahren kräftig aufgerüstet.
Laut dem australischen Ex-Premier Kevin Rudd, der als einer der wichtigsten westlichen China-Kenner gilt, wird der derzeitige Parteitag die Position von Xi Jinping als Präsident auf Lebenszeit zementieren. Dies sagte der Sozialdemokrat in einem Interview mit dem staatlichen australischen Sender ABC. Xi Jinping werde China voraussichtlich durch die 20er und 30er Jahre führen, meinte Rudd, der auch Präsident des Think Tanks der Asia Society ist, und betonte: „Der Westen sollte sich fest anschnallen.“
Machtkonzentration per „Schreckensherrschaft“
Laut Rudd bedeute eine dritte Amtszeit für Xi, dass seine Führung „effektiv unbefristet“ werde. Xi habe einen „Personenkult aufgebaut, den es seit Mao [Zedong]“, dem Gründungsvorsitzenden der Kommunistischen Partei, nicht mehr gegeben habe. Eigentlich hätte Xi seine Position nach zwei Amtszeiten räumen sollen. Dass der derzeitige Parteitag ihm nun aber vermutlich eine dritte Amtsperiode bescheren wird, liegt laut Rudd an einer parteiinternen Säuberung, „der größten, die wir seit Mao gesehen haben“. In mehreren Wellen habe Xi es geschafft, parteifeindliche Cliquen auszuschalten, effektiv habe Xi „eine Schreckensherrschaft“ produziert.
„Unter Xi bestimmt die Ideologie häufiger die Politik als umgekehrt“, schrieb Rudd zudem in einem Aufsatz, der auf der Webseite „Foreign Affairs“ veröffentlicht wurde. Xi habe die Politik zur leninistischen Linken, die Wirtschaft zur marxistischen Linken und die Außenpolitik zur nationalistischen Rechten gedrängt. „Er hat den Einfluss und die Kontrolle, die die Kommunistische Partei über alle Bereiche der öffentlichen Ordnung und des Privatlebens ausübt, wiederhergestellt, Staatsunternehmen wiederbelebt und dem Privatsektor neue Beschränkungen auferlegt“, heißt es in dem Aufsatz.
China: Protest in Peking vor kommunistischem Parteitag
In China ist es wenige Tage vor dem Parteitag der regierenden Kommunistischen Partei zu einer seltenen Protestaktion gekommen.
© Quelle: Reuters
Die Ideologie ist zurückgekehrt
Laut dem China-Kenner Rudd hat Xi auch den Nationalismus geschürt, indem er eine zunehmend selbstbewusste Außenpolitik verfolgte. Letztere sei von dem Glauben inspiriert, dass die Geschichte unumkehrbar auf Chinas Seite stehe und dass eine Welt unter chinesischer Macht „eine gerechtere internationale Ordnung hervorbringen“ würde. Mit Xis Aufstieg sei auch die Ideologie zurückgekehrt.
Im Interview mit der ABC sagte der China-Experte, dass ein möglicher Stolperstein beim Ausbau seiner Macht rein Xis Wirtschaftspolitik sein könnte. Denn indem Xi diese in Richtung der marxistisch-leninistischen Linken verlagert habe, habe er auch das Engagement des chinesischen Privatsektors für langfristige Investitionen ausgebremst. Insgesamt verlangsame sich die chinesische Wirtschaft gerade – etwas das nicht zuletzt durch Veränderungen in der Demografie Chinas befeuert werde, darunter eine alternde Bevölkerung sowie eine der niedrigsten Geburtenraten Asiens.
Die Uhr tickt für Taiwan
Laut Rudd wird eine dritte Amtszeit für Präsident Xi auch Konsequenzen für Taiwan haben. Denn Xis erklärter Plan für eine „Verjüngung“ Chinas bis 2049 beinhalte eine Wiedervereinigung mit dem demokratischen Inselstaat. Letzteres bestätigte Xi auch während seiner Rede zur Eröffnung des Parteitages am Sonntag. Darin sprach Xi über „den großen Kampf gegen Separatismus und Einmischung“ und betonte die „starke Entschlossenheit“ seines Landes, „staatliche Souveränität und territoriale Integrität zu wahren“ und sich „der Unabhängigkeit Taiwans entgegenzustellen“.
Der China-Experte Rudd glaubt dabei aber nicht, dass China bereits in den 2020er Jahren militärisch gegen Taiwan vorgehen werde. In seinen Augen wird die Volksrepublik damit bis in die 2030er Jahre warten: Bis dahin könne China militärisch mit den USA gleichziehen und seine Wirtschaft für mögliche Sanktionen wappnen. Und Xi wäre wahrscheinlich noch immer an der Macht, meinte Rudd. Denn: „Er hat gute Gene. Seine Mutter lebt noch im Alter von 96 Jahren.“
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