Ostbeauftragter Schneider warnt: Gefühl von Meinungsfreiheit im Osten „frappierend niedrig“
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Carsten Schneider (SPD), Staatsminister und Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland (Archivbild).
© Quelle: Martin Schutt/dpa
Der Ostbeauftragte Carsten Schneider (SPD) hat die Bedeutung der ostdeutschen Bundesländer für die Bundesrepublik hervorgehoben. „Deutschland wäre ohne den Osten ärmer“, sagte er Mittwoch bei der Vorstellung des Jahresberichts der Bundesregierung zur deutschen Einheit. Schneider sprach von jungen Menschen, die in den 1990er-Jahren für Arbeitsplätze in die alten Bundesländer kamen. Diese würden heute zum dortigen Wohlstand beitragen. Er forderte, sich von Klischees über den Osten abzuwenden.
Mehr als die Hälfte der Ostdeutschen sind mit Demokratie unzufrieden
Dem vorgestellten Regierungsbericht zur deutschen Einheit zufolge ist nur noch gut ein Drittel (39 Prozent) der Ostdeutschen mit der Demokratie in Deutschland zufrieden. Das sind 9 Prozent weniger als noch vor zwei Jahren (48 Prozent). Mit 59 Prozent ist die Zufriedenheit mit der Demokratie unter den Westdeutschen sehr viel höher. Aber auch hier sank die Zustimmung in den vergangenen zwei Jahren um 6 Prozentpunkte.
Ebenfalls skeptisch bewerten viele die Meinungsfreiheit in Deutschland. Weniger als die Hälfte (43 Prozent) der Ost- und 58 Prozent der Westdeutschen vertreten den Standpunkt, dass man in Deutschland seine Meinung immer frei äußern kann, „ohne Ärger zu bekommen“. 2020 waren das noch 50 Prozent und 63 Prozent.
Carsten Schneider bezeichnete die Zahlen als „frappierend niedrig“. Die Meinungsfreiheit bestehe. „Mir sagt jeder, was er will“, betonte er. Allerdings hätte sich das Klima der politischen Diskussion verschärft. In vielen Familien werde über Politik nicht mehr gesprochen.
Zufriedenheit in Ost und West sinkt
Auch die Zufriedenheit mit der politischen Situation in Deutschland hat in Ost- und in Westdeutschland weiter abgenommen. Alles in allem zufrieden sind nur noch 42 Prozent aller Befragten. 2020 waren es noch 52 Prozent.
Im Osten sank die Zufriedenheit auf aktuell nur noch 31 Prozent, im Westen auf 44 Prozent. Zudem meinen nur noch 32 Prozent der Ost- und 42 Prozent der Westdeutschen, dass den Politikerinnen und Politikern das Wohl des Landes wichtig ist.
Mehrheit sieht deutsche Einheit als Gewinn
Eine deutliche Mehrheit der Befragten in Ost wie West sieht dagegen in der deutschen Einheit nach wie vor einen Gewinn. Die damit verbundenen Hoffnungen hätten sich überwiegend erfüllt, sagte Schneider. Auch die Wahrnehmung, dass Ostdeutsche Menschen zweiter Klasse seien, nehme in beiden Landesteilen tendenziell weiter ab.
Außerdem sprach er von der reichhaltigen Kultur, welche Autoren aus dem Osten geschaffen hätten und die zur „Selbstermächtigung“ beigetragen hätte. Daraus müssten politische Forderungen folgen. „Es muss Schluss sein mit dem Lohndumping“, sagte er mit Bezug auf die ungleichen Lebensverhältnisse. Danach sprach er von den Plänen der Bundesregierung, die ostdeutsche Region wirtschaftlich weiter zu stärken.
RND/sf mit epd
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