Bundeswehrsoldaten kehren von Afghanistan-Einsatz zurück: „Unfassbares gesehen und erlebt”
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Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Verteidigungsministerin, umarmt Jens Arlt, Brigadegeneral der Bundeswehr, nach einem Statement der beiden auf dem niedersächsischen Stützpunkt Wunstorf.
© Quelle: Daniel Reinhardt/dpa
Wunstorf. Die historische Landung der drei Maschinen ereignet sich am Freitagabend gegen 19.45 Uhr – mit über dreistündiger Verspätung. Kurz nacheinander setzen die beiden A400M und die A310 auf der Bahn des Fliegerhorstes Wunstorf in Niedersachsen auf, mit ihnen die letzten Soldaten des Afghanistan-Einsatzes, die am Flughafen der Hauptstadt Kabul ihr eigenes Leben riskiert und die Leben vieler anderer Menschen gerettet hatten. Das alles geschieht vor einem buchstäblich bewegten niedersächsischen Himmel.
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Dazu gesellen sich alle, die in der deutschen Verteidigungspolitik Rang und Namen haben: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Generalinspekteur Eberhard Zorn, die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) und der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, André Wüstner. Mehrere Mitglieder des Verteidigungsausschusses haben sich ebenfalls in Wunstorf eingefunden. Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP spricht von „sehr ernsten Zeiten“. Die Grüne Katja Keul zeigt sich emotional bewegt, „dass ein 20-jähriger Einsatz zu Ende geht, mit dem jeder auch persönlich etwas verbindet“.
„Unfassbares geleistet“
Die Soldaten hätten „Unfassbares gesehen und erlebt“ sowie „Unglaubliches geleistet“, sagt Kramp-Karrenbauer, nachdem alle Soldaten teilweise unter Applaus von Angehörigen den Maschinen entstiegen und sich gesammelt haben. „Sie haben das Vertrauen, das wir in Sie gesetzt haben, mehr als erfüllt.” Sie fügt hinzu: „Wir stehen tief in Ihrer Schuld.“ General Jens Arlt, der wie seine Kameraden ein Gewehr geschultert und den Einsatz befehligt hat, erklärt, das sei ein hoch dynamischer Einsatz gewesen und mit nichts vergleichbar, was er bisher kennengelernt habe. Die beiden umarmen sich.
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© Quelle: RND
Als Ende Juni die letzten Soldaten des regulären Afghanistan-Einsatzes an gleicher Stelle landeten, war niemand da – keine Ministerin, kein Generalinspekteur, kein Mitglied des Verteidigungsausschusses. Das sorgte für Verwunderung, ja Empörung. Kramp-Karrenbauer weilte seinerzeit zu einem Besuch in den USA. Außerdem hieß es, die Soldaten hätten so rasch wie möglich zu ihren Angehörigen gewollt. Eine derartige Blöße wollen sich die Beteiligten nicht erneut geben.
Ende des Einsatzes nach fast 20 Jahren
So fliegt die politische Prominenz noch am Donnerstagabend nach Taschkent in Usbekistan, um die aus Kabul kommenden Soldaten dort in Empfang zu nehmen. Bald darauf geht es für die Politiker zurück in das unweit von Hannover gelegene Wunstorf. Luftlinie: rund 5500 Kilometer. Dort vollzieht sich alles anders als in Kabul generalstabsmäßig: Landung der Flugzeuge, Ausstieg der Passagiere, Statements, Interviews – und Schluss.
Fast 20 Jahre nach dem 11. September 2001, in dessen Folge der damalige Kanzler Gerhard Schröder (SPD) den USA „uneingeschränkte Solidarität“ versprochen und der den Afghanistan-Krieg ausgelöst hatte, ist der Einsatz der Bundeswehr, an dem 160.000 Soldatinnen und Soldaten beteiligt waren und der 59 von ihnen das Leben kostete, vorüber. Und man darf jetzt wohl sagen: endgültig.