Industrie kritisiert Klimaschutzprogramm der Grünen: „Viel Peitsche, kein Zuckerbrot“
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Robert Habeck und Annalena Baerbock bei der Vorstellung des Programms.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. Sieben Seiten hat das 100-Tage-Sofortprogramm für den Klimaschutz der Grünen, das die Grünen-Kanzlerkandidatin und Parteivorsitzende Annalena Baerbock und Co-Parteichef Robert Habeck am Dienstag in Biesenthal bei Berlin vorstellten. Doch die haben es in den Kernpunkten in sich.
Ziel sei es, in den nächsten zehn Jahren einen „klimagerechten Wohlstand“ in Deutschland zu schaffen, heißt es. Weiteres Abwarten gefährde den Industriestandort und seine Arbeitsplätze. Die Grünen wollen deshalb den Ausbau der Wind- und Solarenergie deutlich beschleunigen – um das Dreifache müssten die Erneuerbaren wachsen.
Das Echo auf die Pläne ließ nicht lange auf sich warten.
Nabu begrüßt den Vorstoß
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) begrüßt den Vorstoß der Grünen. „Die Klima- und Artenkrise ist die größte Herausforderung der Gegenwart”, sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) am Dienstag.
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© Quelle: dpa
„In ihren Wahlprogrammen bleiben die Parteien aber noch viel zu vage, wie sie diese zentrale Aufgabe unserer Zeit angehen wollen“, kritisierte er. „Die Grünen legen mit ihrem Klimaschutzprogramm einen ersten Plan vor. Die anderen Parteien müssen jetzt nachziehen, damit die Wählerinnen und Wähler wissen, wer Klima- und Artenschutz wirklich ernst nimmt.”
Greenpeace-Klimaexpertin Lisa Göldner findet unverständlich, warum ein grünes Sofortprogramm den größten Hebel im Verkehrssektor nicht erwähne. „Um den Temperaturanstieg tatsächlich auf 1,5 Grad zu begrenzen, dürfen schon ab 2025 keine weiteren Verbrenner mehr zugelassen werden.”
Industrie kritisiert Programm der Grünen
Bei Vertretern der Industrie stößt das Programm auf Kritik. „Unternehmen sollen mit der Peitsche, aber ohne Zuckerbrot zu den nötigen hohen Investitionen hierzulande gebracht werden. Das erreicht man aber nicht, indem Deutschland als Produktionsstandort noch teurer wird”, sagte Jörg Rothermel vom Verband der Chemischen Industrie (VCI).
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Baerbock warnte hingegen vor einer Abwanderung von Unternehmen aus Deutschland. Die Industrie zeige mittlerweile, dass sie nicht nur bereit sei, sondern dass sie mittendrin stecke in einem Aufbruch. Ein Abwarten beim Klimaschutz würde den Industriestandort Deutschland gefährden, sagte sie. Die Märkte der Zukunft seien klimaneutral.
Der Kohleausstieg soll unter Regentschaft der Grünen auf 2030 vorgezogen werden – bisher ist dies für spätestens 2038 geplant. Die Investitionen für Schiene, öffentlichen Nahverkehr und Rad sollen bereits im Bundeshaushalt 2022 erhöht werden.
Grüne wollen Klimaschutzministerium mit Vetorecht
Im Fall einer Regierungsbeteiligung wollen die Grünen ein neues Klimaschutzministerium mit Vetorecht schaffen. Dies soll verhindern, das Gesetze verabschiedet werden, die nicht konform mit dem Pariser Klimaabkommen sind. Baerbock und Habeck sehen dies als einen zentralen Punkt des „Klimaschutz-Sofortprogramms“. Außerdem solle eine „Klimataskforce” der Bundesregierung im Wochenrhythmus tagen.
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„Um keine weitere Zeit zu verlieren, wollen wir sofort ein umfassendes Programm mit konkreten Gesetzesinitiativen auf den Weg bringen, das neue Dynamik entfacht, schnelle Einsparungen realisiert und wichtige Weichen stellt”, sagte Baerbock. „Wir werden im Kabinett das größte Klimaschutzpaket beschließen, das es jemals gegeben hat.” Es gehe um die „historische Chance”, das nächste Jahrzehnt dafür zu nutzen, klimagerechten Wohlstand für zukünftige Generationen zu bauen.
Habeck sagte, eine Regierungsbeteiligung der Grünen, ohne dass man überprüfbar mit Maßnahmen auf dem 1,5-Grad-Pfad sei, sei sinnlos. Nach dem Pariser Klimaabkommen soll die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad begrenzt und alles daran gesetzt werden, den Temperaturanstieg bereits bei 1,5 Grad zu stoppen.
RND