Bundespräsident Steinmeier bewirbt sich für zweite Amtszeit

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue.

Berlin. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier strebt eine zweite Amtszeit als Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland an. Das erklärte er an diesem Freitagvormittag an seinem Amtssitz im Berliner Schloss Bellevue. Er wolle damit zur Stabilisierung und Heilung der Gesellschaft nach der Corona-Pandemie beitragen, so Steinmeier.

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Deutschland stehe an einem Wendepunkt, sagte der Bundespräsident. „Auf der einen Seite befreien wir uns jeden Tag ein Stück mehr aus den Fängen der Pandemie, auf der anderen Seite treten ihre Folgen für die Gesellschaft jetzt umso schärfer hervor.“

Steinmeier will „Brücken bauen“

Die Pandemie habe tiefe Wunden geschlagen. „Sie hat Leid und Trauer gebracht, wirtschaftliche und seelische Not und viel, viel Frust und Bitterkeit. Wir haben uns wund gerieben im Streit um den richtigen Weg. Ich möchte helfen, diese Wunden zu heilen. Ich möchte, dass die Pandemie uns als Gesellschaft nicht gespalten zurücklässt, nicht misstrauisch oder ängstlich.“

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Ein Bundespräsident gebe nicht die politische Richtung vor, sagte das Staatsoberhaupt. Aber er könne „Brücken bauen, Brücken zwischen den Gruppen in der Gesellschaft, Brücken zu unseren Nachbarn und Partnern in der Welt und Brücken in eine Zukunft, die uns noch große gemeinsame Leistungen abverlangen wird, vor allem im Kampf gegen den Klimawandel“.

Bundespräsidentenwahl erst nach der Bundestagswahl

Steinmeiers erste Amtszeit endet regulär im Frühjahr des kommenden Jahres. In der Bundesversammlung, die sich aus allen Abgeordneten des Bundestages sowie aus Vertretern und Delegierten der Bundesländer zusammensetzt, gibt es bislang keine klare parteipolitische Mehrheit für Steinmeier. „Ich weiß, dass ich nicht von vornherein auf eine Mehrheit in der Bundesversammlung bauen kann“, sagte er dazu am Freitag. „Aber ich trete nicht aus Bequemlichkeit an, sondern aus Überzeugung.“ Er freue sich auf ein „offenes und faires Verfahren“.

Schon seine erste Wahl im Februar 2017 war nur möglich geworden, weil die Union als Koalitionspartner in der schwarz-roten Bundesregierung zugestimmt hatte, den vorherigen SPD-Politiker und ehemaligen SPD-Kanzlerkandidaten mitzuwählen. Vorgeschlagen und in der großen Koalition durchgesetzt hatte ihn der damalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel. Steinmeier, der seinerzeit Außenminister war, trat die Nachfolge von Joachim Gauck an, der auf eine zweite Amtszeit verzichtete.

In den vergangenen Monaten und Wochen gab es vereinzelte Wortmeldungen für eine zweite Amtszeit Steinmeiers, unter anderem vom früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) , dessen Kanzleramtschef Steinmeier von 1999 bis 2005 war. Auch einige FDP-Politiker hatten sich entsprechend geäußert. Ohne Union und Grüne, die bislang noch keinen eigenen Kandidaten benannt haben, ist eine Wiederwahl Steinmeiers unwahrscheinlich.

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Überraschende Unterstützung von Ramelow

Die ersten Reaktionen auf seine erneute Bewerbung fielen verschieden aus. Überraschende Unterstützung erhält Steinmeier etwa von Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke): „Als Ministerpräsident des Freistaates Thüringen wäre ich sehr dafür, dass der Bundespräsident über Parteigrenzen hinweg für eine zweite Amtszeit vorgeschlagen würde“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Steinmeier habe „in schwierigen Zeiten eine gute Arbeit gemacht“, fügte Ramelow hinzu. „Das sage ich als Ministerpräsident und nicht als Parteipolitiker.“ Allerdings sei dieses Plädoyer für Steinmeier auch an seine eigene Partei gerichtet, so der Regierungschef. Die Linke hatte 2017 den Armutsforscher Christoph Butterwegge nominiert und nicht für Steinmeier gestimmt.

Sympathie bei FDP-Chef Lindner

Entsprechend zurückhaltend reagierte der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, auf Steinmeiers Vorstoß: „Wir nehmen die Erklärung des Bundespräsidenten zur Kenntnis“, sagte Bartsch dem RND. „Wir werden uns dazu und zu unserem Verhalten in der Bundesversammlung verständigen, wenn deren Zusammensetzung feststeht.“ Das ist erst im Herbst nach der Bundestagswahl und den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und eventuell Thüringen der Fall.

FDP-Chef Christian Lindner reagierte wohlwollend: „Die Bereitschaft von Bundespräsident Steinmeier zu einer zweiten Amtszeit sehe ich mit Respekt und Sympathie“, schrieb er auf Twitter. „Er hat sich um den Zusammenhalt in unserem Land verdient gemacht. Angesichts der anstehenden politischen Veränderungen wäre Kontinuität an der Staatsspitze ratsam.“

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Zurückhaltung bei CSU und Grünen

Von Union und Grünen kam zunächst Zurückhaltung. CSU-Chef Markus Söder erklärte: „Wir nehmen die Ankündigung des Bundespräsidenten mit Respekt zur Kenntnis. Die Zusammenarbeit mit dem Bundespräsidenten ist sehr gut und vertrauensvoll. Aber die Entscheidung und Festlegung steht erst nach der Bundestagswahl an. Das werden CDU und CSU gemeinsam beraten.“

Die Bundesvorsitzenden der Grünen, Annalena Baerbock und Robert Habeck, warnten davor, „dass das Amt des Bundespräsidenten in den Wahlkampf gezogen wird“. Steinmeier fülle „sein Amt mit Weitsicht und Menschlichkeit aus“, erklärten die Grünen-Chefs weiter. Wer aber in der nächsten Amtszeit dem Land als Staatsoberhaupt vorstehe, werde erst „nach der Bundestagswahl entschieden“, so die Grünen.

Ablehnung von der AfD

Von der AfD wird Steinmeier nicht unterstützt werden. Deren Spitzenkandidatin Alice Weidel forderte die Direktwahl des Staatsoberhaupts. „Frank-Walter Steinmeier hat in seiner zurückliegenden Amtszeit häufig die nötige Neutralität vermissen lassen. Er hätte integrativer wirken müssen“, sagte sie dem RND. „Das höchste Amt im Staat sollte direkt vom Volk gewählt werden. Das führt zu einer engeren Bindung und Repräsentanz von Amt und Bürgern.“

Aus der SPD kam die erwartbare Zustimmung: „Die Bereitschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, für eine zweite Amtsperiode zu kandidieren, erfüllt uns mit großer Freude“, erklärten die Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. „Gerade jetzt braucht unser Land einen Bundespräsidenten, der ein Gespür für die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger hat und Anstöße gibt, die Zukunft gemeinsam und zum Wohl aller zu gestalten.“ Steinmeier habe in bislang vier Jahren als Bundespräsident bewiesen, dass er das höchste Amt im Staat mit großer moralischer Autorität ausfülle. „Eine zweite Amtszeit wäre eine große Chance.“

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Freude in der SPD

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hob hervor: „Frank-Walter Steinmeier ist ein großartiger und den Menschen zugewandter Bundespräsident. Mit einem klaren Kompass hat er vielen Menschen auch in schwierigen Zeiten Halt und Zuversicht gegeben.“

Frank-Walter Steinmeier, der im Januar 65 Jahre alt geworden ist, hat hohe Beliebtheitswerte in der Bevölkerung. Zuletzt hatte er unter anderem eine Gedenkveranstaltung für die Opfer der Corona-Pandemie initiiert. Eine entscheidende Rolle spielte er auch nach der Bundestagswahl von 2017, als er in persönlichen Gesprächen mit den Parteichefs Neuwahlen abwendete, die nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen im Raum standen.

Laschet zollt Respekt

CDU-Chef Armin Laschet zollte Steinmeier für dessen Ankündigung Respekt. Steinmeier habe ihn am Freitagmorgen in einem persönlichen Gespräch über seine Entscheidung informiert, erklärte Laschet am Freitag bei einer Pressekonferenz.

„Ich zolle dieser Entscheidung meinen Respekt. Das Amt des Bundespräsidenten hat eine zentrale Funktion für den Zusammenhalt der Gesellschaft“, sagte Laschet. Das gelte gerade auch zu Wahlzeiten und während der Pandemie. Er freue sich auf eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Bundespräsidenten, sagte Laschet.

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Mit seiner Ankündigung ermögliche es Steinmeier außerdem, „dass dieses Thema nicht in den Bundestagswahlkampf hineingezogen wird“. Zugleich wies Laschet darauf hin, dass erst nach der Bundestagswahl die Zusammensetzung der Bundesversammlung feststehen werde. Diese entscheide bekanntlich über den nächsten Bundespräsidenten und dem könne niemand vorgreifen, betonte der Unionskanzlerkandidat.

Im Februar 2017 mit großer Mehrheit gewählt

Im September vorigen Jahres hatte er im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) die Frage nach einer zweiten Amtszeit noch offen gelassen. Er sagte dem RND zwar, dass er die Aufgaben als Staatsoberhaupt „unverändert fordernd und spannend“ finde. Zugleich betonte er: „Über alles andere ist jetzt nicht zu entscheiden.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit seiner Ehepartnerin Elke Büdenbender im Oldenburger Staatstheaters.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit seiner Ehepartnerin Elke Büdenbender im Oldenburger Staatstheaters.

Das Amt biete vielfältige Herausforderungen: „Debatten über die Zukunft unserer Demokratie, das Lebendighalten des historischen Gedenkens, das Zusammenführen von Menschen aus Ost und West, Stadt und Land, mit verschiedenen Lebensgeschichten und Erfahrungen. Ich kann denen Aufmerksamkeit schenken, die sonst eher im Schatten stehen, sich abgehängt, missverstanden oder gar verraten fühlen. Ich darf unser Land nach außen vertreten, internationale Beziehungen pflegen und die innenpolitischen Diskussionen um den Blick von außen bereichern.“

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Steinmeier wurde am 12. Februar 2017 im ersten Wahlgang mit 931 von 1239 gültigen Stimmen zum 12. Bundespräsidenten Deutschlands gewählt. Er trat das Amt am 19. März 2017. und wurde am 22. März 2017 im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat vereidigt.

Der Bundespräsident wird in Deutschland für eine Amtszeit von fünf Jahren von der Bundesversammlung gewählt. Eine anschließende Wiederwahl ist nur einmal zulässig.

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