„Jede Menge Druck“: Grüne Jugend gegen faule Kompromisse der Parteispitze mit der FDP
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Die neuen Bundessprecher der Grünen Jugend: Sarah-Lee Heinrich und Timon Dzienus nach ihrer Wahl beim Bundeskongress der Organisation in Erfurt.
© Quelle: Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dp
Berlin/Erfurt. Die grünen Parteichefs mögen sich auch für bürgerliche Wähler interessieren, bei den Sondierungen für eine neue Bundesregierung mögen die Spitzen-Grünen einen harmonischen Umgang mit der FDP pflegen – doch die Grüne Jugend bleibt sich treu: kämpferisch, links und kein Bock auf „faule Kompromisse“.
„Keine Zeit für kleine Schritte“, hatte die Jugendorganisation von Bündnis 90/Die Grünen ihren diesjährigen Bundeskongress überschrieben – wie sich an diesem Samstag in Erfurt zeigte, ein Motto in klarer Anspielung auf die Regierungsverhandlungen der eigenen Parteispitze im Bund.
Klar, auch sie freue sich, dass es im Bund auf eine Ampelkoalition hinauslaufe, rief etwa die wenig später zur neuen Bundessprecherin der Grünen Jugend gewählte Sarah-Lee Heinrich in ihrer Bewerbungsrede. Doch die Töne, die von FDP-Chef Christian Lindner kämen, gefielen ihr gar nicht: „Wenn die FDP von Sozialstaatsabbau träumt“, so die Kölnerin, müssten die Grünen dagegenhalten. „Die Agenda 2010 darf sich nicht wiederholen!“
Co-Vorsitzender nennt klare Bedingungen für Ampel
Ihr neuer Co-Vorsitzender, Timon Dzienus aus Niedersachsen, der sich gegen zwei Mitbewerber durchsetzte, nannte „klare Bedingungen für eine Ampel“: „Konsequenter Klimaschutz, bezahlbare Mieten, eine menschliche Asylpolitik und echte soziale Gerechtigkeit – drunter machen wir es nicht!“ Die FDP müsse sich darauf einstellen, dass die Grünen „eine sozial gerechte Welt nicht fürs Kiffen verramschen“.
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„An Olaf Scholz und Christian Lindner“ gerichtet rief Dzienus unter großem Beifall: „Das Pariser Klimaabkommen ist keine Verhandlungsmasse“, darüber könne man keine Kompromisse schließen, es sei schon der Kompromiss: „Deshalb führt kein Weg daran vorbei, in allerspätestens neun Jahren das letzte Kohlekraftwerk stillzulegen.“
Die Grüne Jugend mit rund 18.000 Mitgliedern hat noch nicht den Einfluss, den die Jusos auf die SPD haben. Doch auch in ihren Reihen haben etliche Partei- und Politikkarrieren begonnen. Allein in der neuen Bundestagsfraktion sind von 118 Abgeordneten 27 als Vertreter der Nachwuchsorganisation angetreten. Mehr als eine Handvoll der Grünen im Bundestag war einst Landes- und Bundessprecher für sie. Auch medial wissen die Bundessprecher – eine Doppelspitze mit mindestens einer Frau ist vorgeschrieben – zu punkten.
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Dass die Aufmerksamkeit angesichts der Regierungssondierungen groß sein würde, wussten die gut 600 Delegierten des größten Bundeskongresses, den die Grüne Jugend je auf die Beine gestellt hat: „Wir haben keine Zeit mehr für irgendwelche faulen Kompromisse, schon gar nicht mit der FDP“, hieß es da in der Aussprache. Und dass der neue Vorstand, der an diesem Wochenende gewählt wurde, besondere Verantwortung trage, da er die Koalitionsverhandlungen begleiten werde. Tatsächlich sind die Grüne-Jugend-Chefs automatisch Teil des Grünen-Parteirats, der alle Beschlüsse berät.
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Für Kompromissbereitschaft wird sie dabei nicht stehen, machte die Jugendorganisation mit dem Beschluss eines Dringlichkeitsantrags klar: „Für ein paar kleine Korrekturen braucht es uns nicht. Regieren macht nur dann Sinn, wenn sich wirklich was ändert“, sagte der scheidende Bundessprecher Georg Kurz, als er ihn einbrachte. Unter anderem fordert der Grünen-Nachwuchs, dass Hartz IV in den nächsten vier Jahren „überwunden“ werden müsse.
Grüne Jugend ist gegen Jamaika-Koalition
Der Antrag erteilt einer Jamaika-Koalition eine Absage, da die Union für eine „zukunftsfeindliche Politik“ stehe und es nun Mehrheiten ohne sie gebe. Doch auch in einer Ampel brauche es „jede Menge Druck“ junger Menschen und sozialer Bewegungen, warnte Kurz.
Mit der SPD gebe es „starke inhaltliche Überschneidungen, die eine gute Grundlage für die anstehenden Verhandlungen bilden“, heißt es im Antrag. „Die Gemeinsamkeiten müssen in einer möglichen Koalition deutlich werden und dürfen nicht auf Kosten der Reichen- und Klientelpolitik der FDP verloren gehen.“ Eine Regierungsbeteiligung der Grünen dürfe es nur geben, „wenn das Klima zu 100 Prozent geschützt wird, das Pariser Klimaschutzabkommen die Basis allen Handelns in allen Sektoren ist“ und es dafür Sofortmaßnahmen gebe. Die Delegierten nahmen den Antrag ohne Gegenrede bei einer Nein-Stimme und einigen Enthaltungen mit übergroßer Mehrheit an.
RND