Zoff um 9-Euro-Ticket: „Mit einer dreimonatigen Rabatt-Aktion ist es nicht getan“
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Der Bund will einen dreimonatigen Nahverkehrsrabatt – doch bei der Umsetzung sind noch viele Fragen offen.
© Quelle: Daniel Karmann/dpa
Berlin. Bund, Länder und Verkehrsverbünde streiten weiter darum, wie Kundinnen und Kunden von Bus und Bahn am besten von den versprochenen Entlastungen profitieren können.
Die reguläre Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) soll am Mittwoch wieder tagen. Das bestätigte die Pressestelle der Verkehrsministerkonferenz (VMK) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Thema wird auch die Umsetzung des vom Koalitionsausschuss beschlossenen 9-Euro-Tickets sein. Auch der Gegenvorschlag der Länder, einen landesweit gültigen Nulltarif für diesen Zeitraum einzuführen, wird beraten. Vertreter des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen sind eingeladen.
Unstrittig ist bislang nur eins: Die Vergünstigung soll auch für Zeitkartenabonnenten gelten. Diese sollen entweder eine Rückerstattung erhalten oder ihr Ticket soll drei Monate länger Gültigkeit behalten. Die Verkehrsverbünde bitten ihre Stammkunden seit Bekanntwerden der Rabattpläne wiederholt darum, auf keinen Fall ihre Abos zu kündigen.
9 Euro pro Monat – oder ganz kostenlos?
Zurzeit ermitteln Länder und Verkehrsverbünde die Kosten für die beiden Ticketvarianten. Die Länder bevorzugen auch deshalb den Nulltarif, weil der Verwaltungsaufwand geringer ist als bei der Einführung eines neuen Tarifs für drei Monate. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) schlägt vor, dass das 9-Euro-Ticket nur online verkauft wird, damit nicht jeder Fahrkartenautomat umprogrammiert werden muss.
Unklar ist auch noch, in welchen Bereichen ein Sonderticket gelten soll. In Deutschland gibt es einen Flickenteppich von Verkehrsverbünden. Teils, wie im Norden oder in Berlin-Brandenburg, umfassen sie mehrere Bundesländer und Dutzende Verkehrsunternehmen. Teils ist nur der Nahverkehr einer Stadt oder eines Landkreises einbezogen.
„Hier fehlt zunächst eine klare Definition“, kritisiert Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) Das habe auch einen entscheidenden Einfluss auf den Kostenrahmen. Der müsse vorab geklärt werden. „Es wird also dauern“, erklärt er.
Manche Fahrgäste könnten schneller profitieren als andere
Doch die Verhandler stehen unter Zeitdruck: Die Entlastung soll möglichst schnell und nicht erst über die Sommermonate kommen, wenn während der Schulferien ohnehin viel weniger Pendlerinnen und Pendler unterwegs sind.
Dass das 9-Euro-Ticket bei allen Verkehrsbetrieben zur gleichen Zeit verfügbar sein wird, hält Naumann für unrealistisch. „Wenn ein einzelnes Verkehrsunternehmen entscheiden muss, geht das sicher schneller, als wenn ein Verbund entscheiden muss“, erklärt er.
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Bayern fordert einen anderen Weg
Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) fordert die Zusage für langfristige Hilfen aus Regionalisierungsmitteln für die Nahverkehrsunternehmen. Der Schwerpunkt der Debatte sei falsch gesetzt. „Mit einer dreimonatigen Rabattaktion ist es nicht getan“, sagte er dem RND. „Viele Verkehrsunternehmen stehen angesichts der hohen Sprit- und Energiepreise vor dem Ruin.“ Für sie müsse der Bund dauerhafte Entlastungen auf den Weg bringen. „Es geht um die Existenz der Unternehmen und damit auch um die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs generell“, betonte Bernreiter.
Auch Pro-Bahn-Vertreter Naumann plädiert eher für langfristige Lösungen als eine begrenzte Vergünstigung. „Drei Monate den Preis zu subventionieren verbessert den ÖPNV nicht“, erklärt er. „Es entzieht möglicherweise dem System Geld.“ Wichtiger sei die Investition in die Infrastruktur und Fahrzeuge des öffentlichen Nahverkehrs. In der Vergangenheit habe das für den ÖPNV auch zu mehr Fahrgästen geführt. „Wir tendieren zu einem Mobilitätsgeld, um die bestehenden Ungerechtigkeiten auszugleichen“, sagte er.