Härtefall-Fonds soll Altersarmut bei jüdischen Zuwanderern lindern – Bund mahnt zur Eile
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Hoffnung für betagte jüdische Zuwanderer – und andere: Eine Fondslösung für Renten-Härtefälle steht nun kurz vor der Auszahlung.
© Quelle: imago images/snapshot
Berlin. Die neue Bundesregierung will schnellstmöglich einen Fonds für spezielle Renten-Härtefälle auflegen. Darunter fallen neben benachteiligten DDR-Rentnern auch Spätaussiedler und betagte jüdische Kontingentflüchtlinge. Nach Schätzungen der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWSt), eines Sozialverbands, leben 70.000 jüdische Zuwanderer aus der früheren Sowjetunion in Deutschland in Altersarmut.
Rund 230.000 jüdische Russen, Weißrussen, Ukrainer und Balten sowie ihre Angehörigen kamen zwischen 1990 und 2005 als sogenannte Kontingentflüchtlinge nach Deutschland. Sie bauten an vielen Orten das jüdische Leben in Deutschland wieder auf.
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Auf der Einladung steht „Besprechung mit anschließendem Frühstück“. Einziger Tagesordnungspunkt: die „Endlösung der Judenfrage“.
© Quelle: RND/Frederik Eichholz
In der Sowjetunion waren zwei Drittel von ihnen Akademiker, doch in Deutschland wurden bei der überwiegenden Mehrheit weder die Abschlüsse noch die Rentenansprüche anerkannt. Nach ZWSt-Schätzung fallen 93 Prozent der Rentnerinnen und Rentner aus dieser Gruppe in die Grundsicherung.
Dazu gehören Menschen wie der 92-jährige Leonid Berezin. Als Kind überlebte er die Blockade und Bombardierung seiner Heimatstadt Leningrad durch die deutsche Wehrmacht. 1992 kam er nach Berlin, nachdem er seine Arbeit als Funktechnik-Professor an einem Militärinstitut verlor. Heute lebt er von 426 Euro im Monat.
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„Wir setzen den geplanten Fonds zur Abmilderung von Härtefällen aus der Ost-West-Rentenüberleitung auch für jüdische Kontingentflüchtlinge und Spätaussiedler um“, steht im Ampelkoalitionsvertrag. Die Bundesregierung drückt hier jetzt aufs Tempo, um Menschen wie Leonid Berezin zumindest durch eine Einmalzahlung von bis zu 10.000 Euro zu unterstützen.
Die Parlamentarische Staatsekretärin im Sozialministerium, Kerstin Griese (SPD), sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Wir streben eine zügige Umsetzung der Fondslösung gemäß der in der vergangenen Legislaturperiode vereinbarten Eckpunkte an und fordern die Länder auf, möglichst zeitnah über ihren Beitrag zum Fonds zu entscheiden.“
Auch Günter Jek, Leiter des Berliner Büros der ZWSt, mahnt zur Eile. Dem RND sagte er: „Die Politik ist aufgrund des hohen Alters der Anspruchsberechtigten in der Verantwortung, eine zeitnahe Lösung anzubieten, die den Vorgaben des Koalitionsvertrags entspricht. Wir fordern eine Einmalzahlung, die nicht steuerpflichtig ist und nicht auf die Grundsicherung angerechnet wird.“
Der Kreis der Anspruchsberechtigten könnte noch wachsen
Im Bundeshaushalt für 2022 ist eine Milliarde Euro für den Fonds vorgesehen. Der Wunsch des Bundes ist, dass die Länder eine weitere Milliarde aus ihren Mitteln dazugeben. Damit könnten für 200.000 Berechtigte jeweils 10.000 Euro ausgezahlt werden.
Der Kreis der Anspruchsberechtigten könnte jedoch größer sein. Denn aus dem Fonds sollen zum Beispiel auch Ungerechtigkeiten der Überleitung der DDR-Renten ausgeglichen werden. Hier geht es zum Beispiel um in der DDR geschiedene Frauen und Beschäftigte von Bahn und Post. Allein diese Gruppen könnten weit über 300.000 Menschen ausmachen.
Der Beitrag der Länder bemisst sich zudem am Anteil der jeweiligen Berechtigten, die im jeweiligen Bundesland leben. Die ostdeutschen Bundesländer müssten also mehr zahlen.