Bündnis aus Sozialverbänden fordert Kindergrundsicherung
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2,8 Millionen Kinder wachsen in Deutschland, einer Bertelsmann-Studie aus dem Jahr 2020 zufolge, in Armut auf.
© Quelle: Christian Charisius/dpa
Berlin. Das Bündnis Kindergrundsicherung hat am Montag eine neue Kampagne gestartet. Unter dem Motto „Gemeinsam gegen Kinderarmut: Eine für alle – Kindergrundsicherung jetzt!“ fordern 22 zivilgesellschaftliche Organisationen, Verbände und Gewerkschaften eine umfassende Reform der gegenwärtigen finanziellen Kinder- und Familienförderung und die Einführung einer Kindergrundsicherung in der kommenden Legislaturperiode.
Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Wir brauchen dieses komplett neue Fördersystem, wenn wir die Kinderarmut in Deutschland bekämpfen wollen.“
Das grundlegende Problem sei, dass die bisherigen Leistungen in der Höhe nicht ausreichten, erklärte Hilgers. Das Bündnis fordert deswegen auch die Neuberechnung des kindlichen Existenzminimums, das staatlichen Leistungen zugrunde liegt. „Notwendig ist eine Leistungshöhe, die deutlich über den Hartz-IV-Sätzen für Kinder und Jugendliche liegt“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Organisationen.
Zudem sei das aktuelle System ungerecht: „Familien mit hohen Einkommen profitieren durch den Kinderfreibetrag deutlich stärker als Familien, die nur das Kindergeld erhalten“, sagte Hilgers. Hinzu komme, dass viele staatliche Leistungen aufgrund bürokratischer Hürden nicht einfach zugänglich und vielfach nicht ausreichend aufeinander abgestimmt seien, erklärte Hilgers. Das führe dazu, dass viele Familien die Leistungen nicht in Anspruch nähmen, obwohl diese ihnen zustünden.
Die Idee der Kindergrundsicherung: Alle bisherigen Leistungen für Kinder, wie das Kindergeld, der Kinderfreibetrag oder die Hartz-IV-Leistungen für Kinder, sollen in einer einzigen Leistung gebündelt sein. Die Höhe orientiert sich an dem Einkommen der Eltern und soll zwischen 330 und 695 Euro monatlich je Kind betragen.
Leistungen sollen durch Kindergrundsicherung leichter zugänglich sein
Mit Blick auf die Finanzierung erklärte Hilgers: „Die Kosten für die Kindergrundsicherung sind deckungsgleich mit den Ausgaben für Sozialleistungen, die der Staat bereits bereitstellt, die aber nicht abgerufen werden – und das oft aufgrund der umständlichen Bürokratie! Wir wollen diese Leistungen durch die Kindergrundsicherung einfach leichter zugänglich machen.“
Hilgers betonte: „Es geht darum, mehr Chancengleichheit herzustellen. Kinder, die in Armut aufwachsen – in Deutschland ganze drei Millionen –, haben kaum Chancen in unserem Bildungssystem.“ Das habe sich gerade in der Corona-Pandemie wieder sehr deutlich gezeigt, sagte Hilgers. Armut bedeute für Kinder Ausschluss, auch von Bildung: „Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Schulabbrecher verdoppelt, davon kommt der ganz überwiegende Teil aus dem Armutsmilieu.“
Für dieses Jahr rechnet der Präsident des Kinderschutzbundes mit einer erneuten Verdoppelung. Bei der Einschätzung zu den Schulabbrechern beruft sich der Kinderschutzbund auf ein Prognose der Arbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter.
Hoffnung für Bundestagswahl
Hilgers blickt hoffnungsvoll auf die bevorstehende Bundestagswahl: „SPD, Grüne und Linke haben zwar keinen deckungsgleichen Vorschlag im Programm, sind aber in ihren Positionen für uns anschlussfähig. Nur die CDU/CSU hat das Wort Kinderarmut nicht in ihrem Wahlprogramm.“
Das Bündnis hat am Montag außerdem eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa vorgelegt, aus der hervorgeht, dass der Kampf gegen Kinderarmut für viele Menschen in Deutschland ein wichtiges Thema ist.
Laut der repräsentativen Umfrage im Auftrag des Bündnis Kindergrundsicherung halten 94 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland die Bekämpfung von Kinderarmut für „sehr wichtig“ oder „wichtig“, 76 Prozent sind in diesem Zusammenhang für die Einführung einer Kindergrundsicherung und 74 Prozent halten die unterschiedliche Höhe von Kindergeld und Kinderfreibetrag für ungerecht.