Entscheidung des Innenministeriums

BSI-Präsident Schönbohm wird freigestellt

Der bisherige Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm.

Der bisherige Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm.

Der umstrittene Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, wurde vom Bundesinnenministerium mit sofortiger Wirkung freigestellt. Das teilte ein Sprecher des Ministeriums am Dienstag in Berlin mit – zuerst hatte der „Spiegel“ berichtet. Zudem sei ein Disziplinarverfahren gegen Schönbohm eingeleitet worden.

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) war zuvor immer weiter von ihm abgerückt. Am vorvergangenen Montag wurde der seit vielen Wochen geplante gemeinsame Auftritt von Faeser und Schönbohm zur Vorstellung des jährlichen BSI-Jahresberichtes vor der Bundespressekonferenz gestrichen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) spricht bei einem Besuch im BSI in Bonn.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) spricht bei einem Besuch im BSI in Bonn.

Verbindungen zu russischen Geheimdiensten

Die Ministerin habe entschieden, Schönbohm „die Führung der Dienstgeschäfte als Präsident des BSI mit sofortiger Wirkung zu untersagen“, teilte der Sprecher weiter mit. Hintergrund seien nicht zuletzt die in den Medien bekannten und breit diskutierten Vorwürfe. Diese hätten „das notwendige Vertrauen der Öffentlichkeit in die Neutralität und Unparteilichkeit der Amtsführung als Präsident der wichtigsten deutschen Cybersicherheitsbehörde nachhaltig beschädigt“. Dies gelte umso mehr in der aktuellen Krisenlage hinsichtlich der russischen hybriden Kriegsführung. Die im Raum stehenden Vorwürfe beeinträchtigten auch das unerlässliche Vertrauensverhältnis der Ministerin in die Amtsführung.

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BSI-Chef Schönbohm von Faeser abberufen
ARCHIV - 08.08.2022, Nordrhein-Westfalen, Bonn: Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministererin, steht bei einem Besuch im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) neben Arne Schönbohm, Präsident des BSI. Bundesinnenministerin Faeser hat den bisherigen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Schönbohm, abberufen. Das teilte ein Sprecher ihres Ministeriums am Dienstag in Berlin mit - zuerst hatte der «Spiegel» berichtet. Schönbohm stand wegen möglicherweise mangelnder Distanz zu russischen Geheimdienstkreisen über den umstrittenen Verein «Cyber-Sicherheitsrat Deutschland» in der Kritik. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Aufgrund einer zu großen Nähe von BSI-Chef Schönbohm zu Russland hat Nancy Faeser diesen am Dienstag von seinem Amt abberufen.

Während in Unionskreisen von einem „Bauernopfer“ die Rede war, hieß es aus dem Innenministerium am Dienstag, die Entscheidung erfolge „auch aus Fürsorge für die im Fokus der Debatte stehende Person selbst“. Sie sei auch im Interesse der über 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BSI, die so nunmehr unabhängig von personellen Spekulationen ihrer Arbeit nachgehen könnten.

Davon unabhängig würden „alle bekannten Vorwürfe gründlich und mit Nachdruck geprüft und einer eingehenden Bewertung unterzogen“. Bis zum Abschluss dieser Prüfung gelte für Schönbohm selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Böhmermann thematisierte Schönbohms Kontakte in seiner Sendung

Faeser ist nach dpa-Informationen darüber verärgert, dass der BSI-Chef weiterhin Kontakte zu dem umstrittenen Verein „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland“ hat, den er vor zehn Jahren selbst mitgegründet und geleitet hatte und der zuletzt wegen Verbindungen zu russischen Geheimdiensten in das Kreuzfeuer der Kritik geriet. Die Verbindung von Schönbohm zu dem umstrittenen Verein war zuvor von Jan Böhmermann in der Sendung „ZDF Magazin Royale“ thematisiert worden.

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Aus Kreisen verlautete, Schönbohms Besuch beim Jubiläum des Vereins vor einigen Wochen habe demnach das Fass zum Überlaufen gebracht. Das Bundesinnenministerium war allerdings nach einem Bericht des Portals „Business Insider“ über die Festrede Schönbohms bei dem Verein informiert worden. Demnach genehmigte Faesers Staatssekretär Markus Richter den Vortrag auf Bitten von Schönbohm am 24. August.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz (Grüne), sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Die exakten Hintergründe dieser Personalie bleiben bis heute nebulös. Dass es um den dubiosen und problematischen Verein Cybersicherheitsrat e.V. skandalöse Vorgänge gibt, steht außer Frage. Trotzdem versteht man bisher nicht, was die konkreten Vorwürfe gegen Herrn Schönbohm sind. Wir verlangen vollständige Sachaufklärung.“

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In den Blickpunkt gerät nun auch immer stärker die Berliner Cybersecurityfirma Protelion, die Mitglied im „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.“ ist. Das Unternehmen firmierte bis Ende März unter dem Namen Infotecs GmbH. Dabei handelt es sich um ein Tochterunternehmen der russischen Cybersecurityfirma Infotecs, die nach Informationen des Recherchenetzwerks Policy Network Analytics von einem ehemaligen Mitarbeiter des russischen Nachrichtendienstes KGB gegründet wurde, der von Russlands Präsident Wladimir Putin für sein Wirken mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet wurde.

Bericht des „ZDF Magazin Royale“ hat Folgen

Protelion war bislang auch Mitglied beim Bundesverband für den Schutz kritischer Infrastrukturen (BSKI). Der Verband erklärte am Montag, man habe sich entschieden, die Mitgliedschaft des Unternehmens Protelion vorerst ruhen zu lassen. Dabei verwies der Verband auf den Bericht des „ZDF Magazin Royale“. „Bis zur vollständigen Klärung der Vorwürfe gegen das Unternehmen Protelion setzen wir die Mitgliedschaft aus“, erklärte der BSKI-Vorsitzende Holger Berens. „Die Vorwürfe sind ungeheuerlich, und sollten sie sich bestätigen, werden wir weitere Maßnahmen ergreifen müssen.“

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Die Verbindungen von Protelion nach Russland waren vor dem Bericht von Böhmermann bereits vor Monaten in Fachpublikationen erwähnt worden. Im Januar berichteten die „Forensic News“ über Vorbehalte gegenüber Infotecs in den USA, also zu einem Zeitpunkt, als Protelion in Deutschland noch unter dem Namen Infotecs firmierte. Das Fachportal „Intelligence Online“ wies nach der Umbenennung der Firma auf die problematischen Querverbindungen nach Russland hin.

RND/toe/sic/mdc/dpa

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