Breitscheidplatz und RAF: Terroropfer denken über Kooperation nach
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Astrid Passin, Sprecherin der Opfer und Hinterbliebenen, legt für ihren ermordeten Vater Blumen nieder.
© Quelle: epd
Berlin. Als sich der Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz im Dezember zum vierten Mal jährte, da gab Astrid Passin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) ein Interview. Darin klagte deren Sprecherin über eine mangelhafte Versorgung der Opfer und Hinterbliebenen sowie über die Intransparenz der Sicherheitsbehörden. Auch kündigte die Berlinerin an, eine Organisation für deutsche Terroropfer im In- und Ausland gründen zu wollen.
Bald darauf meldete sich ein älterer Herr aus Göttingen bei ihr, der Chemieprofessor Michael Buback. Mittlerweile ist nicht mehr ausgeschlossen, dass sie bei der Gründung der Organisation zusammenarbeiten. Naheliegend wäre es.
Passin hat durch den Anschlag des Tunesiers Anis Amri am 19. Dezember 2019 zu Füßen der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ihren Vater verloren. Seither tritt sie für ihre Interessen ebenso ein wie für die Interessen von Leidensgenossinnen und -genossen. Dabei geht es um Entschädigung, sprich: Geld – aber nicht nur.
Sicherheitsbehörden mauern
Michael Bubacks Vater Siegfried, seinerzeit Generalbundesanwalt, wurde am 7. April 1977 von der Roten Armee Fraktion ermordet. Insofern ähnelt sein Schicksal dem von Passin. Nein, um Geld ging es in der Folge nicht; hier endet die Parallele. Umso mehr ging es aber auch bei Buback um das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden.
Beim Breitscheidplatz-Attentat stand der Täter zwar rasch fest: der später von der italienischen Polizei erschossene Amri eben. Allerdings kam nach und nach heraus, dass vor allem das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst mehr wussten, als sie anfangs bekannt machten.
Im Fall Buback verhält es sich umgekehrt: Die mutmaßliche Haupttäterin Verena Becker wurde erst 2012 – also 35 Jahre nach der Tat – zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Nur liegt unverändert im Dunkeln, in welcher genauen Beziehung die heute 67-jährige Berlinerin zum Verfassungsschutz stand, dessen Informantin sie zeitweilig gewesen ist. Michael Buback kämpft deshalb unermüdlich dafür, die Wahrheit herauszufinden.
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Michael Buback
© Quelle: picture alliance / Ulrich Baumga
Buback legt neues Buch vor
Gerade erst veröffentlichte er mit seiner Frau Elisabeth im Osburg Verlag das Buch “Der General muss weg!” Darin kritisieren sie, dass Becker 2012 letztlich bloß wegen Beihilfe zum Mord verurteilt worden sei und fragen mit Blick auf ihre Verfassungsschutzaktivitäten: Wie weit geht der Staat in der Verteidigung seiner Interessen?
“Ich finde die Geschichte von Herrn Buback sehr erschütternd”, sagte die fast 30 Jahre jüngere Astrid Passin jetzt dem RND. “Und ich finde, dass er ein sehr intelligenter und interessanter Mann ist, der unheimlich viel über die deutsche Sicherheitsarchitektur weiß. Es ist verständlich, dass er um Aufklärung ringt, um inneren Frieden zu finden.” Sie fügte hinzu: “Wir werden uns im Laufe des Jahres persönlich treffen. Mal sehen, wo uns das hinführt.” Passin selbst will ihre “Bemühungen” um die Gründung der Terroropfer-Organisation “im Februar weiter vorantreiben”.
Buback sagte: "Wenn mir Frau Passin eine Zusammenarbeit vorschlägt, dann wäre das denkbar."