Stimmung kippt gegen Bolsonaro: Brasiliens Präsident gerät unter Druck
Berlin, São Paulo. Der ultrarechte brasilianische Präsident Jair Bolsonaro gerät politisch zunehmend unter Druck. Am Mittwoch (Ortszeit) scheiterte er mit dem Versuch, einen Freund seiner Familie als Chef der Bundespolizei zu installieren. Der Bundesrichter Alexandre de Moraes vom Obersten Gerichtshof suspendierte die Nominierung Alexandre Ramagems und kündigte eine Untersuchung an, wie die Tageszeitung "Estado de São Paulo" berichtet. Das Oberste Gericht habe die Pflicht zu überprüfen, ob die Nominierung mit der Verfassung übereinstimme sowie rechtlichen, moralischen und nicht von persönlichen Interessen geleiteten Grundsätzen entspreche, erklärte de Moraes.
Hintergrund ist der überraschende Rücktritt von Justizminister Sérgio Moro Ende vergangener Woche, der Bolsonaro Einflussnahme in polizeiliche Ermittlungen und damit einen Verstoß gegen die Gewaltenteilung vorgeworfen hatte. Bolsonaro hatte zuvor den Chef der Bundespolizei gegen den Willen Moros entlassen. Laut Medienberichten stand Bolsonaros Sohn Carlos kurz vor der Verhaftung durch die Bundespolizei. Er soll in den sozialen Medien Fake-News-Kampagnen organisiert haben. Gegen weitere Söhne von Bolsonaro wird wegen Korruption und Geldwäsche ermittelt. Sie gelten als engste Berater des Präsidenten.
Amtsenthebungsverfahren erwogen
Ramagem war Direktor des brasilianischen Geheimdienstes Abin und Bolsonaros Sicherheitschef bei dessen Wahlkampagne 2018. Er gilt als Freund der Präsidentenfamilie. In Medien wurden private Fotos von ihm mit Bolsonaros Söhnen veröffentlicht.
Zuvor hatte das Oberste Gericht bereits die Eröffnung eines Verfahrens gegen Bolsonaro genehmigt. Auch in diesem Fall geht es um den Verdacht der politischen Einflussnahme auf polizeiliche Ermittlungen. Inzwischen hat sich die politische Stimmung gegen Bolsonaro gewendet. Nach einer aktuellen Umfrage des Instituts Datafolha beurteilen nur noch 33 Prozent der Befragten die Arbeit des Präsidenten als gut, 38 Prozent als schlecht bis sehr schlecht. Zudem wird über die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens debattiert.
RND/epd