Es ist höchste Zeit, dass Johnson endlich geht
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Ihm laufen die Minister davon: der britische Premierminister Boris Johnson.
© Quelle: IMAGO/NurPhoto
London. Wenn zahlreiche Minister innerhalb weniger Stunden freiwillig aus dem Amt scheiden – manche würden es flüchten nennen – dann ist das ein klares Zeichen: Boris Johnson liegt politisch am Boden, er hat die Unterstützung innerhalb seiner Partei verloren. Immer mehr Abgeordnete fordern nun öffentlich den Rücktritt des britischen Premierministers. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis er aus der Downing Street fliegt.
Einige der Abtrünnigen verkaufen dies als späte Läuterung. Ganz so, als sei ihnen jetzt erst klar geworden, was für ein Mensch und Politiker Johnson ist. Ihnen diese Erklärung zu glauben, wäre jedoch naiv. Denn sie wissen schon lange, dass man „Boris“, wie er in Großbritannien von manchen kumpelhaft genannt wird, nicht trauen kann. Schließlich hat dieser schon vor seiner Amtszeit immer wieder gelogen – beruflich wie privat, ob in seiner Zeit als Journalist, als Bürgermeister Londons oder als Außenminister.
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Sunak und Javid veröffentlichten ihre jeweiligen Schreiben fast zeitgleich auf Twitter und gaben bekannt, von ihren Ämtern zurückzutreten.
© Quelle: Reuters
Ein Ende der Skandale ist nicht abzusehen
Es war jedoch seine Skrupellosigkeit, Schamlosigkeit und seine ganz eigene Interpretation der Wahrheit, die es ihm ermöglichte, den Brexit durchzuboxen. Ohne Wenn und Aber. Boris Johnson war selten ehrlich, wohl aber ein Wahlgewinner. Und solange das der Fall war, hielten viele seiner machtgierigen Parteikollegen an ihm fest.
Als am Dienstag zwei seiner wichtigsten Minister gingen, war das kein Ausdruck ihrer Integrität, sondern vielmehr der Sorge darüber, dass Johnson nicht wiedergewählt wird. Schließlich ist kein Ende der Skandale in Sicht, Regionalwahlen wurden verloren, die Umfragewerte sinken, die Diskussionen um Partys während des Lockdowns in der Downing Street 10 gehen weiter. Im Zentrum steht demnach, was schon zu Zeiten von Margaret Thatcher typisch für die konservative Partei war: eiskaltes Kalkül und Machterhalt. Rishi Sunak und Sajid Javid verließen am Dienstag das sinkende Schiff und seitdem folgen ihnen immer mehr Tories.
Es ist höchste Zeit, dass Johnson geht
Gleichzeitig ist es höchste Zeit, dass Johnson endlich geht. Denn er schadet nicht nur dem Ruf Großbritanniens, sondern auch den Menschen, die in dem Land leben; mit Maßnahmen, die nicht nachhaltig und Ideen, die nicht umsetzbar sind. Die Pläne, Geflüchtete nach Ruanda auszuweisen und Teile des Nordirland-Protokolls durch ein eigenes Gesetz außer Kraft zu setzen, sind da nur die jüngsten Beispiele. Doch Johnson wäre nicht Johnson, wenn er nicht auch jetzt noch denken würde, dass Regeln und Konventionen für seine Vorgänger, nicht aber für ihn selbst gelten. Und so weigerte er sich gestern schlichtweg, zu gehen.
Doch sein Schicksal scheint besiegelt. Denn das Regieren wird für ihn unmöglich werden, ohne jeglichen Rückhalt und eingekesselt von Gegnern in der Partei. Angeführt wird der politische Sturm gegen ihn nun unter anderem von seinen früheren Ministern, konservativen Politikern mit Einfluss, die gestern zwischen Rebellen der Partei auf den hinteren Bänken im Parlament Platz genommen haben. Johnsons‘ Zeit ist vorbei, vielleicht nicht heute, aber bald.
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