US-Präsident Biden zu Selenskyj: Putins Angriffe auf zivile Infrastruktur sind „ein Skandal“
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Wolodymyr Selenskyj (links), Präsident der Ukraine, hört zu, als Joe Biden, Präsident der USA, während einer Pressekonferenz im East Room des Weißen Hauses in Washington spricht.
© Quelle: Andrew Harnik/AP/dpa
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist am Mittwoch zu seiner ersten bekannten Auslandsreise seit Beginn des russischen Angriffskriegs in die USA gereist. Bei einem gemeinsamen Treffen mit US-Präsident Joe Biden dankte Selenskyj den Amerikanern für ihre Unterstützung gegen die russische Invasion.
Er habe schon früher in die USA kommen wollen, sagte Selenskyj am Mittwoch im Weißen Haus. Dies sei jedoch nicht möglich gewesen. Er wolle US-Präsident Joe Biden, dem Kongress und den einfachen Amerikanern Danke sagen. Der Krieg sei jedoch noch nicht vorüber. Sein Land habe noch viele Herausforderungen zu bestehen.
Es ist mir eine Ehre, Sie an meiner Seite zu haben.
Joe Biden,
US-Präsident zu seinem ukrainischen Amtskollegen Selenskyj
Biden sagte, die Menschen in der Ukraine seien ein Ansporn für die Welt. „Es ist mir eine Ehre, Sie an meiner Seite zu haben“, so der US-Präsident zu Selenskyj und versprach der Ukraine weitere militärische und humanitäre Hilfe. Russland versuche, den Winter als Waffe einzusetzen, sagte Biden, damit die Menschen erfrieren und verhungern. „Wir werden weiterhin die Fähigkeit der Ukraine stärken, sich selbst zu verteidigen, insbesondere die Luftverteidigung, und deshalb werden wir der Ukraine Patriot-Raketenbatterien bereitstellen.“
Biden verspricht: „Wir werden immer an eurer Seite stehen“
„Putin verschärft die russische Attacken immer mehr“, so Biden vor Journalisten am Abend. Die russischen Angriffe auf die zivile Infrastruktur seien ein „Skandal“. Biden kündigte an, alles zu liefern, was man zur Verfügung stellen könne. Weitere Militärhilfe im Wert von 1,85 Milliarden US-Dollar versprach er der Ukraine, darunter Munition und Patriot-Systeme. Man werde auch die Militärs an den Patriots schulen. „Wir werden immer an eurer Seite stehen“, versprach der US-Präsident. Er sehe keinerlei Anzeichen dafür, dass die Geschlossenheit des Westens bröckelt. „Putin wollte die Nato schwächen, aber hat sie nur gestärkt.“ Auch Europa gehe stärker und geeinter aus diesem Krieg hervor.
Wir werden immer an eurer Seite stehen.
Joe Biden,
US-Präsident zu seinem ukrainischen Amtskollegen Selenskyj
Selenskyj bedankte sich für die umfangreiche Militärhilfe. Er betrachte seinen Besuch in Washington als „historisch“, da die USA und die Ukraine nunmehr echte Partner und Verbündete geworden seien. Das Patriot-Flugabwehrsystem werde den Luftraum der Ukraine vor weiteren „Terrorangriffen“ des russischen Militärs auf die ukrainische Infrastruktur schützen.
Selenskyj: „Ich wünsche Ihnen Frieden“
An das amerikanische Volk gewandt sagte er: „Ich wünsche Ihnen Frieden.“ Weiter wünsche er den Menschen in den USA, dass Sie Ihre Kinder leben und aufwachsen sehen könnten, dass sie verfolgen könnten, wie diese zur Universität gingen und eigene Kinder bekämen. Frieden sei das Wichtigste. „Wir kämpfen wirklich für einen gemeinsamen Sieg gegen diese Tyrannei“, sagte Selenskyj im Weißen Haus mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen sein Land. „Und wir werden gewinnen.“ Dessen sei er sich sicher.
Wir werden gewinnen.
Wolodymyr Selenskyj,
Präsident der Ukraine
Zu Beginn des Besuchs in Washington schenkte Selenskyj seinem Amtskollegen die Medaille eines Soldaten. „Ich möchte Ihnen etwas von einem Mann geben, der wirklich ein Held ist“, sagte Selenskyj im Oval Office des Weißen Hauses. Der ukrainische Soldat habe Selenskyj gebeten, die Auszeichnung an den US-Präsidenten weiterzugeben. „Er ist sehr mutig und er sagte, ich solle es an einen sehr mutigen Präsidenten weitergeben.“ Biden bedankte sich. „Unverdient, aber sehr geschätzt“, sagte er.
Selenskyj war am Mittwochnachmittag (Ortszeit) von US-Präsident Joe Biden und dessen Ehefrau Jill mit einem roten Teppich vor dem Weißen Haus in der Hauptstadt Washington empfangen worden. Biden und Selenskyj begrüßten sich mit Handschlag. Bereits vor dem Besuch hatten die USA die Lieferung eines Patriot-Flugabwehrsystems an die Ukraine bekannt gegeben.
Die US-Repräsentantenhausvorsitzende Nancy Pelosi, die Selenskyj zur Ansprache in den Kongress eingeladen hat, zog einen historischen Vergleich. Ihr Vater Thomas D‘Alesandro sei Kongressabgeordneter gewesen, als der britsche Kriegspremier Winston Churchill im Dezember 1941, wenige Wochen nach dem japanischen Überfall auf Pearl Harbor, vor dem Kongress gesprochen habe, erklärte sie. „81 Jahre später, in dieser Woche, ist es für mich besonders ergreifend, dabei zu sein, wenn ein anderer heldenhafter Anführer in einer Zeit des Krieges vor dem Kongress spricht - und wenn die Demokratie selbst auf dem Spiel steht“, fügte sie hinzu.
Die USA sind der wichtigste Verbündete im Abwehrkampf der Ukraine gegen die russische Invasion. Seit Beginn der Amtszeit von Präsident Joe Biden im Januar 2021 stellten die USA Militärhilfe für die Ukraine in Höhe von knapp 22 Milliarden US-Dollar bereit. Die US-Regierung hatte früh öffentlich vor einem Angriff Russlands auf die Ukraine gewarnt und sich dabei auf Geheimdienstinformationen berufen. Seit Beginn der Invasion haben die USA und ihre Verbündeten Russland mit harten Sanktionen belegt.
Seit Kriegsbeginn am 24. Februar hatte Selenskyj Auslandsreisen gemieden. Für Auftritte auf der politischen Weltbühne – etwa beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau – ließ er sich stets digital aus der Ukraine zuschalten.
Selenskyj: Russland hat 99.000 Soldaten in der Ukraine verloren
Die Verantwortlichen in Moskau führten Krieg und „verschwenden Menschenleben“, sagte Selenskyj.
© Quelle: dpa
Es handelt sich um Selenskyjs zweiten Besuch im Weißen Haus seit Bidens Amtsantritt. Zuletzt hatte der US-Präsident ihn im Sommer 2021 in Washington empfangen. Dem Weißen Haus zufolge sprachen Biden und Selenskyj während eines Telefonats Mitte Dezember erstmals über einen möglichen Besuch in Washington. Später sei dann eine offizielle Einladung erfolgt.
Der Kreml hatte bereits vor Selenskyjs Ankunft in den USA vor einer Verschärfung des Konflikts gewarnt – und kündigte eine weitere Aufrüstung der russischen Armee an: mit mehr Geld, mehr Soldaten und moderneren Waffensystemen. Selenskyj hatte betont, Ziel seines Besuchs in Washington sei die Stärkung der Stabilität und Verteidigungsfähigkeit der Ukraine.
RND/dpa/AP/scs