EU fordert sofortige Protasevich-Freilassung und droht Belarus mit Sanktionen

Am Sonntagabend landete die Ryanair-Maschine in Vilnius.

Am Sonntagabend landete die Ryanair-Maschine in Vilnius.

Brüssel. Die EU hat die erzwungene Landung eines Linienflugs durch belarussische Behörden in Minsk scharf verurteilt und Sanktionen gegen die Verantwortlichen in Aussicht gestellt. Zudem forderte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag im Namen aller 27 EU-Staaten die sofortige Freilassung des belarussischen Journalisten Roman Protasevich. Dessen Festnahme sei ein weiterer offenkundiger Versuch der belarussischen Behörden, alle oppositionellen Stimmen zum Schweigen zu bringen.

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Behörden der autoritär regierten Republik Belarus hatten am Sonntag ein Flugzeug auf dem Weg von Athen nach Vilnius in Litauen zur Landung gebracht, wie die Fluglinie Ryanair bestätigte. An Bord der Maschine war nach Angaben des Menschenrechtszentrums Wesna auch der vom belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko international gesuchte Blogger Roman Protasevich, der demnach in Minsk festgenommen wurde.

Mit diesem erzwungenen Vorgehen hätten die belarussischen Behörden die Sicherheit der Passagiere und der Crew gefährdet, sagte Borrell nun. Der Vorfall müsse eine internationale Untersuchung zur Folge haben. Die Situation werde auch Thema beim EU-Sondergipfel, der am Montagabend in Brüssel beginnt. Die EU werde die Folgen dieser Handlung prüfen, einschließlich „Maßnahmen gegen die Verantwortlichen“.

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Erzwungene Landung in Minsk: Litauen fordert transatlantische Reaktion gegen Belarus
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Die Behörden in Belarus hatten am Sonntag ein Ryanair-Flugzeug auf dem Weg von Griechenland nach Litauen zur Landung gedrängt.

Von der Leyen: „Die Verantwortlichen müssen sanktioniert werden“

EU-Ratschef Charles Michel hatte das Thema kurzfristig auf die Tagesordnung des ohnehin geplanten zweitägigen gesetzt. „Der Vorfall wird nicht ohne Konsequenzen bleiben“, teilte der Belgier am Sonntagabend mit.

Auch andere Spitzenpolitiker in der EU wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerten sich entsetzt über das belarussische Vorgehen. „Das unverschämte und illegale Verhalten des Regimes in Belarus wird Konsequenzen haben“, schrieb von der Leyen am Sonntagabend bei Twitter. „Die Verantwortlichen für die Ryanair-Entführung müssen sanktioniert werden.“ Die EU hatte bereits im vergangenen Jahr Sanktionen unter anderem gegen Machthaber Alexander Lukaschenko verhängt.

Auch die US-Regierung hat die Aktion der Behörden in Belarus scharf verurteilt. US-Außenminister Antony Blinken schrieb am Sonntagabend (Ortszeit) auf Twitter mit Blick auf den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, es habe sich um eine „dreiste und schockierende Tat des Lukaschenko-Regimes“ gehandelt. „Wir fordern eine internationale Untersuchung und stimmen uns mit unseren Partnern über die nächsten Schritte ab. Die Vereinigten Staaten stehen an der Seite der Menschen in Belarus.“

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Litauen leitete nach der Landung Ermittlungen wegen Entführungs eines Flugzeugs ein. Die Voruntersuchung werde von der Kriminalpolizei des baltischen EU- und Nato-Landes durchgeführt, teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit. Dazu sollen auch die Passagiere und die Besatzung des Flugzeugs befragt werden. „Wir erwarten auch, dass sie mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten und unseren Beamten alle Informationen zur Verfügung stellen, die sie kennen“, sagte Litauens Regierungschefin Ingrida Simonyte der Agentur BNS zufolge nach einem Treffen mit den Passagieren am Flughafen in Vilnius.

Russland rückt in den Hintergrund

Der EU-Sondergipfel am Montag und Dienstag ist das erste physische Treffen von Kanzlerin Angela Merkel und ihren EU-Kollegen in Brüssel seit Dezember. Eigentlich sollte es am Montag hauptsächlich um die zerrütteten Beziehungen zu Russland gehen. Dieses Thema dürfte nun in den Hintergrund rücken, im Fokus stehen stattdessen neue Sanktionsdrohungen gegen Belarus.

Dennoch dürfte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell damit beauftragt werden, bis zum Juni-Gipfel eine Bestandsaufnahme zur Beziehung zu Russland vorzulegen. Außerdem wollten die Staats- und Regierungschefs scharfe Kritik am aktuellen Kurs der Regierung in Moskau üben. Ferner steht das Verhältnis zu Großbritannien nach dessen endgültigem Ausscheiden aus der EU auf der Tagesordnung.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) forderte nach dem Vorfall in Belarus „deutliche Konsequenzen“. „Dass ein Flug zwischen zwei EU-Staaten unter dem Vorwand einer Bombendrohung zur Zwischenlandung gezwungen wurde, ist ein gravierender Eingriff in den zivilen Luftverkehr in Europa“, sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend einer Mitteilung zufolge. „Wir sind sehr besorgt über Meldungen, dass auf diesem Weg der Journalist Roman Protasevich verhaftet wurde.“

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Zweiter Gipfeltag im Zeichen des Coronavirus

Wegen der anhaltenden Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus hatte die EU bereits im vergangenen Jahr Sanktionen gegen das Land verhängt. Insgesamt stehen knapp 60 Personen aus Belarus auf der EU-Sanktionsliste, unter ihren Machthaber Lukaschenko. Die Strafmaßnahmen sehen Einreiseverbote vor und ermöglichen das Einfrieren von Vermögenswerten.

Am Dienstag wollen die Staats- und Regierungschefs sich am zweiten Gipfeltag weiter im Kampf gegen das Coronavirus abstimmen. Dabei stehen sowohl Öffnungsschritte mit Blick auf den Sommer, aber auch Vorsicht hinsichtlich besonders gefährlicher Virusvarianten im Fokus.

Eine längere Diskussion dürfte es darüber geben, wie das Klimaziel für 2030 erreicht werden kann. Hier liegen die EU-Staaten teils noch weit auseinander. Die EU will ihre Treibhausgase bis 2030 um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 bringen. Mitte Juli will die EU-Kommission dazu umfassende Vorschläge machen. Die Diskussion am Dienstag dürfte der Behörde dabei Orientierung über die Standpunkte der EU-Staaten geben.

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RND/dpa

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