Bundesregierung hält knapp 3 Millionen Euro für verfolgte Journalisten in Belarus bereit
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„Tut.by lebt“ – Anhänger der belarussischen Opposition demonstrieren im polnischen Krakau für die Wiederzulassung des unabhängigen Nachrichtenportals Tut.by. Die Webseite ist von den belarussischen Behörden abgeschaltet worden.
© Quelle: imago images/NurPhoto
Berlin. Die Bundesregierung hat für das laufende Jahr 2021 rund 2,9 Millionen Euro für die Unterstützung von politisch verfolgten und bedrohten belarussischen Journalistinnen und Journalisten sowie unabhängigen Medien in und außerhalb von Belarus eingeplant. Das geht aus einer Antwort des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes, Miguel Berger, auf eine entsprechende Anfrage des grünen Osteuropa-Experten im Bundestag, Manual Sarrazin, hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Dabei geht es sowohl um Rechtsbeistand für verhaftete oder angeklagte Journalistinnen und Journalisten als auch um direkte Hilfe beim Ersatz von beschädigter Technik oder Software.
Zehn Oppositionelle in Deutschland aufgenommen
Bereits im April hatte Sarrazin beim Innenministerium um Auskunft darüber gebeten, wie viele politisch Verfolgte aus Belarus bislang in Deutschland aufgenommen worden sind. Aus der Antwort geht hervor, dass bis Ende April zehn Oppositionellen – bei Bedarf mit ihren engsten Familienangehörigen – Aufnahme in der Bundesrepublik gewährt wurde. „Das ist einfach deutlich zu wenig“, kritisierte Sarrazin gegenüber dem RND. Täglich steige die Zahl der politischen Gefangenen. Täglich würden Menschen gefoltert und für ihren Einsatz für die Demokratie zu langen Haftstrafen verurteilt. Deutschland müsse endlich, ähnlich wie Litauen und Polen, zum sicheren Hafen für Verfolgte werden, forderte der grüne Bundestagsabgeordnete.
Laut Mitteilung haben sich das Auswärtige Amt und das Innenministerium bislang über die Aufnahme von maximal 50 Personen „zuzüglich Kernfamilien“ verständigt. Die derzeit der deutschen Botschaft in Minsk vorliegenden Visaanträge belarussischer Staatsbürger würden diese Zahl nicht übersteigen, heißt es in der Antwort an Sarrazin.
Das Regime von Diktator Alexander Lukaschenko hat nach der Niederschlagung der Massenproteste gegen die gefälschte Präsidentenwahl vom Sommer 2020 Zug um Zug die Pressefreiheit eingeschränkt. Zuletzt waren bei einer Razzia in der Hauptstadt Minsk die Redaktionsräume das unabhängigen Nachrichtenportals Tut.by durchsucht und 13 Mitarbeiter verhaftet worden. Die Webseite des Sprachrohrs der Opposition wurde von den Behörden abgeschaltet und ist nicht mehr zu erreichen.
Zwischen 35.000 und 40.000 Festnahmen
In einem beispiellosen Akt von staatlicher Luftpiraterie war am Pfingstsonntag eine Passagiermaschine von Ryanair beim Flug von Athen nach Vilnius durch einen Kampfjet zur Zwischenlandung in Minsk gezwungen worden. Der an Bord befindliche Regimekritiker und Mitbegründer des oppositionellen Telegram-Kanals „Nexta“, Roman Protassewitsch, wurde gemeinsam mit seiner Freundin Sofia Sapega, die die russische Staatsbürgerschaft besitzt, festgenommen und sitzt seitdem in Haft.
Blogger Protassewitsch meldet sich – Opposition besorgt
Einen Tag nach der erzwungenen Landung eines Passagierflugzeugs in Belarus hat sich der festgenommene Blogger Protassewitsch in einem Video zu Wort gemeldet.
© Quelle: dpa
Wie der belarussische Oppositionsführer Pawel Latuschka im RND-Interview sagte, wurden seit Ende letzten Jahres in Belarus zwischen 35.000 und 40.000 Menschen festgenommen, darunter etwa 700 Personen aus dem Kulturbereich und über ein Dutzend Journalisten.
„Die brutale Repressionswelle gegen unabhängige Journalistinnen und Journalisten in Belarus nimmt kein Ende“, kommentierte Sarrazin die Situation. Es sei daher wichtig, dass die Bundesregierung unabhängige Medien vor Ort und im Exil unterstützt. In vielen Fällen sei vor allem eine direkte und schnelle Hilfe entscheidend. Rechtshilfe für verhaftete Journalistinnen und Journalisten sei genauso wichtig wie humanitäre Visa für politisch verfolgte Menschen, betonte Sarrazin.