Beirut in Trümmern: Mindestens 100 Tote und Tausende Verletzte
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Rauch steigt im Hafen von Beirut auf, nachdem sich eine Explosion ereignete.
© Quelle: Hussein Malla/AP/dpa
Beirut. In der libanesischen Hauptstadt Beirut hat sich am Dienstag eine gewaltige Explosion mit Dutzenden Toten und mindestens 4000 Verletzten ereignet. Über der Stadt stieg am frühen Abend eine riesige Rauchwolke auf. Eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete von einer starken Erschütterung im Zentrum und von großen Schäden. Durch die Wucht der Explosion am Hafen der Küstenstadt gingen sogar in Orten Dutzende Kilometer von der Hauptstadt entfernt Fensterscheiben zu Bruch, Straßen waren mit Trümmern und Glasscherben übersät. Große Teile des Hafens wurden vollständig zerstört.
Die Hintergründe der Explosion blieben zunächst unklar. Hinweise auf einen Anschlag oder einen politischen Hintergrund gab es am Abend nicht. Das Auswärtige Amt zeigte sich „erschüttert“. Auch Mitarbeiter der Deutschen Botschaft seien unter den Verletzten. Beirut mit seinen 2,4 Millionen Einwohnern wurde zur „Katastrophen-Stadt“ erklärt.
Das Libanesische Rote Kreuz hat die Zahl der Toten bei der Explosion im Hafen von Beirut mit mindestens 100 beziffert. Mehr als 4000 Menschen seien verletzt worden, teilte die Hilfsorganisation am Mittwoch mit. Möglicherweise habe es noch weitere Tote gegeben. Zuvor war von mindestens 70 Toten die Rede gewesen. Augenzeugen sprachen von Leichen auf den Straßen und Menschen, die unter Trümmern verborgen seien. Die Armee half, Verletzte in Krankenhäuser zu bringen. Bürger wurden aufgerufen, Blut zu spenden.
Videos vom Vorfall zufolge begann die Katastrophe mit einem Brand am Hafen. In dessen Rauchsäule sind mehrere kleinere Explosionen zu sehen, die an Feuerwerkskörper erinnern. Kurz darauf folgt eine gewaltige Detonation mit einer Pilzwolke und einer Druckwelle, die sich blitzschnell kreisförmig nach außen ausbreitet.
Ammoniumnitrat könnte tödliche Detonation verursacht haben
Nach Einschätzung des libanesischen Ministerpräsidenten Hassan Diab könnte eine sehr große Menge Ammoniumnitrat die Detonation verursacht haben. Es sei „unvertretbar“, dass eine Ladung von schätzungsweise 2750 Tonnen der Substanz in einer Halle am Hafen gelagert worden sei, sagte Diab in der Nacht zum Mittwoch dem Präsidialamt zufolge. Der Stoff sei dort sechs Jahre lang ohne Sicherheitsvorkehrungen gelagert worden. Der Leiter des libanesischen Geheimdienstes Generaldirektion Sicherheit, Abbas Ibrahim, sagte, die Explosion sei möglicherweise von hochexplosivem Material ausgelöst worden, das vor einiger Zeit auf einem Schiff konfisziert und im Hafen gelagert worden sei.
Schwere Explosion in Beirut
Die Hintergründe waren zunächst unklar. Der Gesundheitsminister teilte mit, dass es sehr viele Verletzte gegeben habe.
© Quelle: Reuters
Sami Nader, Leiter des Levantinischen Instituts für Strategische Angelegenheiten, sprach von der “größten Explosion, die es im Libanon je gab” - zumindest nach seinem Wissen. Gegenüber dem Sender Al-Jazeera International erklärte er: “Die Zerstörungen im Hafengebiet sind stark. Ich denke, dass das gesamte Hafengebiet demoliert ist. In einem Radius von 20 Kilometern sind Fensterscheiben von der Detonationswelle geborsten. Wir wissen noch nicht, was genau passiert ist, aber es ist schlimm.”
Trump bezeichnet Explosion in Beirut als mutmaßlichen Bomben-Anschlag
US-Präsident Donald Trump hat nach der schweren Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut den Menschen im Libanon sein Mitgefühl ausgesprochen.
© Quelle: Reuters
Beirut: Videos auf Twitter zeigen gewaltige Explosion
Mehrere Personen veröffentlichten auf Twitter Videos, die eine Rauchwolke zeigen gefolgt von einer heftigen Explosion. Ein Polizist sagte, die Schäden erstreckten sich kilometerweit. Kurz nach der Explosion fielen Telefon und Internet in der Stadt aus. „Wir saßen in unserem Wohnzimmer, und plötzlich fielen uns die Wand und Glas auf den Kopf“, sagte ein Anwohner namens Rumi.
Augenzeugen verbreiteten im Internet Fotos von zerstörten Fenstern an Wohnhäusern und Trümmern auf den Straßen. Der ARD-Korrespondent Björn Blaschke beschreibt die Situation so: “Gebäude in der Nähe des Hafens wurden komplett zerstört, Balkone von Häusern gerissen, Autos durch die Luft geschleudert.”
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Wenige Kilometer vom Ort der Explosion entfernt waren 2005 der damalige libanesische Ministerpräsident Rafik Hariri und 21 weitere Menschen bei einem Sprengstoffanschlag getötet worden. An diesem Freitag will das UN-Libanon-Sondertribunal in Den Haag sein Urteil gegen vier Angeklagte in dem Fall von 2005 verkünden. Viele im Libanon machen die Führung des Nachbarlandes Syrien für den Anschlag auf Hariri verantwortlich. Er hatte vor seinem Tod den Abzug der damals im Libanon stationierten syrischen Truppen verlangt.
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Landesweite Trauer in Gedenken an die Opfer
Der Regierungspalast, die finnische Botschaft und die Residenz von Ex-Ministerpräsident Saad Hariri wurden ebenfalls beschädigt. Am Suk Beirut, eine moderne Einkaufsgegend im Zentrum, zerbarsten Fensterscheiben vieler Geschäfte. Ein Schiff der UN-Friedenstruppen im Libanon (Unifil) wurde ebenfalls beschädigt. Es seien mehrere Blauhelm-Marinesoldaten verletzt worden, einige von ihnen schwer, teilte die Mission mit. „Zu diesem Zeitpunkt sind unsere Gedanken bei den Menschen im Libanon“, sagte ein UN-Sprecher in New York.
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Beirut: Rauch steigt nach einer Explosion über einem zerstörten Gebäude auf.
© Quelle: Hassan Ammar/AP/dpa
Regierungschef Hassan Diab erklärte den Mittwoch zum Tag landesweiter Trauer in Gedenken an die Opfer. Präsident Michel Aoun berief eine Dringlichkeitssitzung des Nationalen Verteidigungsrats ein. Für die Stadt wurde ein zwei Wochen langer Notstand verhängt.
Kanzlerin Merkel zeigte sich „erschüttert“
Regierungen anderer Länder zeigten sich betroffen und stellten rasche Unterstützung in Aussicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich „erschüttert“, wie die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer die Kanzlerin bei Twitter zitierte. „Wir werden dem Libanon unsere Unterstützung anbieten.“ Deutschland stehe dem Libanon in der „schweren Stunde zur Seite“, twitterte Außenminister Heiko Maas. Auch die Europäische Union, die USA und Frankreich - frühere Mandatsmacht des Libanon - stellten Unterstützung in Aussicht.
Der iranische Außenminister hat seine Anteilnahme nach der verheerenden Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut ausgedrückt und dem Land Hilfe angeboten. “Unsere Gedanken und Gebete sind mit den Menschen in Libanon... bleibt stark”, twitterte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif am Mittwoch. Der Iran sei bereit, Libanon jegliche notwendige Hilfe und Unterstützung zu leisten, so der iranische Chefdiplomat.
Selbst Israel, das mit dem benachbarten Libanon keine diplomatischen Beziehungen pflegt, bot über ausländische Kanäle „medizinische humanitäre Hilfe“ an. Offiziell befinden sich beide Länder noch im Krieg. Spekulationen, dass Israel hinter der Explosion stecken könnte, räumte Außenminister Gabi Aschkenasi aus.
Unterdessen geht US-Präsident Donald Trump bei der Explosion von einem Anschlag aus. „Ich habe einige unserer großartigen Generäle getroffen, und sie scheinen einfach das Gefühl zu haben, dass es sich hier nicht um eine Art von Fabrikationsexplosion gehandelt hat. (...) Sie scheinen zu glauben, dass es ein Angriff war. Es war eine Art Bombe“, sagte Trump am Dienstagabend. Konkrete Hinweise auf einen Anschlag gab es aber zunächst nicht.
RND/AP/dpa/ka