Begeisterung in Brüssel: Radeln ins Europaviertel
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Brüssel: Ein Mann auf dem Fahrrad fotografiert auf dem komplett leeren Grand-Place in der Brüsseler Innenstadt.
© Quelle: Francisco Seco/AP/dpa
Brüssel. Ein Freund, der seit bald einem Vierteljahrhundert in Brüssel lebt, ist begeistert. “Hier ist in den vergangenen drei Monaten mehr passiert als in 20 Jahren zuvor”, sagt er. Und er hat recht: Die Coronavirus-Krise hat auch in der Hauptstadt Belgiens zu fahrradfreundlichen Veränderungen geführt.
Viel ist passiert seit Mitte März. In der gesamten historischen Innenstadt haben Fußgänger und Radfahrer inzwischen Vorrang. Autos dürfen nur noch mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h zwischen dem Königlichen Palast und den Straßen um den Grand-Place dahinschleichen.
Auf den Hauptverkehrsstraßen zwischen dem Europaviertel und der Innenstadt, der Rue de la Loi und der Rue Belliard, gibt es inzwischen Fahrradspuren, die mit Betonpollern von den Autospuren abgesetzt sind. Neue Fahrradwege von 40 Kilometern Länge sind auf diese Weise entstanden oder werden demnächst komplettiert.
Autopendler auf den Barrikaden
Im Vergleich zu manchen Städten in Holland mag das bescheiden klingen, aber für Brüsseler Verhältnisse ist das ein großer Sprung. Die Kapitale der EU war auch die Hauptstadt des Staus. Drei Gründe gibt es dafür: Die Benutzung eines Dienstwagens ist nach belgischem Steuerrecht deutlich attraktiver als eine Gehaltserhöhung. Und die Beschäftigten der Eisenbahn und des Nahverkehrs sind wahre Streikmeister. Außerdem gibt es kein S-Bahn-Netz ins Umland.
Also fuhr vor Corona Auto, wer ein Auto hatte – ganz so, wie die Stadtplaner seit den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts geplant hatten. Das könnte nun ein Ende haben, hofft Brüssels Verkehrsstadträtin Elke Van den Brandt. Das 21. Jahrhundert gehöre dem Fahrrad in der Stadt, sagt sie. Doch die Autopendler aus dem Brüsseler Umland sind schon auf den Barrikaden.