Bayerns Kabinett will schärfere Corona-Regeln: Söder ruft Katastrophenfall aus
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Markus Söder (CSU), Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, desinfiziert zu Beginn einer Sitzung des Ministerrats in der Staatskanzlei seine Hände. Das Kabinett, das per Videoschalte tagt, befasst sich im Schwerpunkt mit den Folgen der Corona-Pandemie.
© Quelle: Matthias Balk/dpa-Pool/dpa
Berlin/München. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat schärfere Anti-Corona-Maßnahmen für den Freistaat angekündigt. „Wir rufen den Katastrophenfall aus“, sagte der CSU-Chef am Sonntagnachmittag bei einer Pressekonferenz nach Beratungen des Landeskabinetts.
Söder sieht angesichts der weiterhin hohen Zahl an Corona-Fällen in Bayern eine Überlastung des Gesundheitssystems. Die Bilanz der vergangenen Wochen sei sehr gemischt. Der national vereinbarte sanfte Lockdown habe eine Wirkung, aber auch nur eine milde, sagte der CSU-Chef weiter. Die Fallzahlen gingen „einfach nicht runter“. Dies müsse geschehen, um keine Überlastung des Gesundheitssystems zu erreichen. Viele Betten in den Krankenhäusern seien voll.
Die 10 Punkte des Markus Söder - härtere Maßnahmen in Bayern
Der bayerische Ministerpräsident verschärft die vom Bund empfohlenen Maßnahmen bis Weihnachten. Über die muss der Landtag aber erst noch abstimmen.
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In nur einer Woche seien in Bayern 477 Menschen an Corona gestorben. Die jetzigen Maßnahmen einfach weiterlaufen zu lassen sei eine moralisch nicht vertretbare Handlungsweise, so Söder. Dazu kämen die Weihnachtsferien, die bald anstehen.
„Wir brauchen keinen Halbschlaf, sondern ein konsequentes Handeln“, sagte Söder weiter. „Was wir heute beschlossen haben, ist alles auf der Grundlage der Ministerpräsidentenkonferenz“. Er werde dem Landtag die Maßnahmen zur Abstimmung vorlegen. Diese sollten dann von Mittwoch an bis 5. Januar gelten.
Zehn Punkte seien vereinbart worden. Alles stehe unter der Überschrift: Daheim bleiben. Die Kontakte müssten runter, so Söder. „Wir werden eine allgemeine Ausgangsbeschränkung für ganz Bayern vorschlagen.“ Dann dürfe nur aus triftigem Grund rausgegangen werden. Etwa für Weihnachtseinkäufe, Arztbesuche, Sport und den Weg zur Arbeit und Schule. Dazu werde es in Hotspots von 22 Uhr bis 5 Uhr eine Ausgangssperre geben. Das gelte ab einer Wocheninzidenz von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner.
RKI meldet 23.318 Corona-Neuinfektionen – zweithöchste Todeszahl seit Ausbruch
Das Robert-Koch-Institut meldet am frühen Samstagmorgen 23.318 neue Corona-Infektionen.
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Keine Lockerung über Silvester
Einzig an den Weihnachtstagen sollen die Kontaktbeschränkungen aufgelockert werden. Vom 23. bis zum 26. Dezember sind demnach auch Treffen über die zwei Hausstände hinaus mit bis zu maximal zehn Personen – aus bis zu zehn Hausständen – gestattet. Die bisher auch für Silvester geplanten Lockerungen wurden dagegen gekippt. Damit dürfen sich auch zum Jahreswechsel maximal fünf Personen aus zwei Hausständen treffen. Landesweit gilt zudem auch an Silvester ein Verbot für Alkoholkonsum unter freiem Himmel.
Auch für die Schulen gibt es neue Maßnahmen. Bayern schränkt den Präsenzunterricht für ältere Schüler ab kommenden Mittwoch deutlich ein: Ab Klassenstufe acht sollen die Klassen überall geteilt werden und in Wechselunterricht übergehen. In Hotspots ab einer Inzidenz von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche sollen die Schüler ab der achten Klasse komplett in den Distanzunterricht wechseln.
Söder hält zudem eine weitere Ministerpräsidentenkonferenz voraussichtlich noch vor Weihnachten für nötig. Man werde „wahrscheinlich“ noch einmal eine Konferenz vor Weihnachten brauchen, sagte Söder. Man müsse sich wohl noch einmal unterhalten, was an Weihnachten und insbesondere über Silvester stattfinde.
„Jede Todeszahl tut mir in der Seele weh“
Bislang ist eine neue Ministerpräsidentenkonferenz für den 4. Januar geplant. Es galt aber immer als möglich, dass sich die Runde der Regierungschefs der Länder und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor Weihnachten noch einmal zu Beratungen zusammenschaltet.
Söder kritisierte auch den Umgang mit Corona-Todesfällen. „Jede Todeszahl tut mir in der Seele weh“, sagte er. Es gebe einen klaren Schutzauftrag. Er könne nicht verstehen, warum einige dennoch weiter nach Schlupflöchern suchten. „Die Zeit der Schlupflochsuche ist vorbei.“
Entgegen vieler Hoffnungen liegt die Zahl der Neuinfektionen auch rund fünf Wochen nach Inkrafttreten des Teil-Lockdowns noch auf hohem Niveau. Die Gesundheitsämter meldeten nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Sonntag binnen eines einzigen Tages 17.767 neue Infektionen – über 3100 mehr als vor einer Woche.
An Sonntagen sind die erfassten Fallzahlen allerdings meist niedriger, unter anderem weil am Wochenende weniger getestet wird. Innerhalb eines Tages sind 255 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben. Am Samstag waren 23.318 neue Infektionen gemeldet worden; mit 483 neuen Todesfällen wurde der Höchststand nur knapp verfehlt.
Deshalb wächst die Sorge, dass bei der von Bund und Ländern vereinbarten Lockerung über Weihnachten und den Jahreswechsel die Zahlen anschließend in die Höhe schnellen. Aus den Reihen von Union und SPD mehren sich die Warnungen, kein überflüssiges Risiko einzugehen.
RND/cz/dpa