Eine Weihnachtsbotschaft à la AfD? CDU-Sozialflügel entsetzt nach Video des Bautzener Landrats
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Udo Witschas (CDU, links) ist Landrat in Bautzen.
© Quelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Weihnachtsbotschaften sollen eigentlich Besinnlichkeit ausstrahlen. Immerhin steht das Fest der Liebe vor der Tür. Doch das Weihnachtsvideo des CDU-Landrats in Bautzen, Udo Witschas, hat viele Politikerinnen und Politiker auch aus der eigenen Partei richtig wütend gemacht. Witschas meldete sich später erneut zu Wort und wies die Kritik zurück.
Aber von vorne: Witschas veröffentlichte am Dienstag auf Facebook ein Video, in dem er über die Unterbringung von Geflüchteten in Hoyerswerda sprach, nachdem der Kreistag eine zentrale Unterkunft abgelehnt hatte. So sei er von Menschen darauf angesprochen worden, ob nun Turnhallen dafür herhalten müssten, um Notunterkünfte zu schaffen, sagte er unter anderem. „Ich will Ihnen an dieser Stelle absichtlich vor dem Weihnachtsfest klar und deutlich sagen: Es ist nicht unsere Absicht, den Sport, ob nun den Schul- oder den Freizeitsport, jetzt für diese Asylpolitik bluten zu lassen“, so Witschas. Weiter betonte der CDU-Politiker, dass Menschen, „die unsere Kultur nicht kennen, die unsere Regularien nicht kennen“, nicht in Mehrfamilienhäusern oder in leerstehenden Wohnungen untergebracht würden. Dafür würde er nicht „die Gefährdung des sozialen Friedens“ in Kauf nehmen.
Der CDU-Sozialflügel zeigte sich entsetzt. „In Bautzen scheint moralisch kein Stein mehr auf dem anderen zu stehen. Erst stimmt die CDU-Fraktion dort einem AfD-Antrag zu, nun ist der Landrat in seiner Weihnachtsansprache rhetorisch kaum von der AfD zu unterscheiden“, sagte der stellvertretende CDA-Bundesvorsitzende und Europaabgeordnete Dennis Radtke dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Mario Czaja als Generalsekretär sollte dringend das Gespräch mit den Akteuren vor Ort suchen und die Beschlusslage der CDU zu AfD-Kooperationen klarmachen. Die Brandmauer nach rechts muss stehen – sowohl im Handeln wie auch im Reden“, mahnte er.
Kritik kam auch vom Bürgermeister von Eschwege in Hessen, Alexander Heppe (CDU). „Ich will mich nicht für solche Leute in der CDU schämen müssen“, schrieb er auf Twitter. Der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter (CDU) warf dem Landrat vor, unchristlich und überheblich zu sein.
Landrat meldete sich erneut zu Wort
Witschas wollte das so nicht stehen lassen und meldete sich bei Facebook erneut zu Wort. „Der geäußerte Vorwurf einer allgemein unterstellten Regellosigkeit von Asylsuchenden und eine generelle Ablehnung der Unterbringung trifft nicht zu und wird von mir in aller Entschiedenheit zurückgewiesen“, kommentierte er unter seinem Video. „Der Landkreis wird seiner humanitären und gesetzlichen Aufgabe der Unterbringung natürlich nachkommen und Menschen aufnehmen, die berechtigt Schutz suchen. Bei der Frage der dezentralen Unterbringung ist es jedoch aus unserer Sicht zielführender, eine Unterbringung in Wohnprojekten mit sozialer Betreuung und Hilfen zur Integration vorzunehmen, statt nur Wohnraum zur Verfügung zu stellen.“
Sein Video beziehe sich nicht allgemein auf die Unterbringung von Asylsuchenden. Vielmehr stünden die konkreten Auswirkungen des Kreistagsbeschlusses im Fokus, bei dem eine geplante weitere Gemeinschaftsunterkunft in der Stadt Hoyerswerda abgelehnt worden sei. „Mit meinem Video reagiere ich auf mir gegenüber geäußerte Sorgen von Sportvereinen und Mietern in der Stadt Hoyerswerda“, sagte er weiter.
Der Chef des sächsischen Landesverbandes, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), wollte sich gegenüber der „Leipziger Volkszeitung“ (Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland) nicht von den Aussagen distanzieren. Sie seien „völlig aus dem Kontext gerissen“, sagte er. Menschen, die nach Deutschland kommen, selbst wenn sie keinen Anspruch auf Asyl haben, müssten mit Anstand untergebracht werden, betonte Kretschmer.
Einen anderen Ton schlug die Bundes-CDU am Abend an: „Wir distanzieren uns mit Nachdruck von der Wortwahl des Bautzener Landrates“, sagte Generalsekretär Czaja der Deutschen Presse-Agentur. Er äußerte sich ausdrücklich im Namen von Parteichef Friedrich Merz, des gesamten Vorstandes der Bundespartei „und der Christdemokratinnen und Christdemokraten in Deutschland“. Die Union habe eine ganz klare, eindeutige und zutiefst humane Haltung, die getragen sei von der Würde eines jeden Menschen, die auch in der Sprache unantastbar sein müsse.
Bereits in der vergangenen Woche lösten Landrat Witschas und die CDU in Bautzen einen Eklat aus. Die CDU votierte im Bautzener Kreistag für einen Antrag der AfD, der die Kürzung von Integrationsleistungen für ausreisepflichtige Ausländer vorsah. Das war eine klare Zusammenarbeit zwischen den Christdemokraten und der AfD, die eigentlich von einem Beschluss des CDU-Bundesparteitages untersagt wird.
Kretschmer kritisierte das Abstimmungsverhalten der Parteikolleginnen und -kollegen in Bautzen. Die Bundespartei verurteilte das Verhalten ebenfalls. „Unsere Brandmauer nach rechts muss stehen“, sagte ein Sprecher des Konrad-Adenauer-Hauses vergangene Woche. Die Bundes-CDU stehe mit dem zuständigen Landesverband Sachsen dazu in Kontakt, hieß es. Doch Landrat Witschas zeigte sich uneinsichtig. „Grundsätzlich ist es für mich als gewählter Landrat unerheblich, wer im Kreistag einen Antrag stellt“, sagte er.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte vor einem Jahr ein Parteiausschlussverfahren für jede und jeden angekündigt, der mit der AfD zusammenarbeitet. Das müsste der Landesverband einleiten. In CDU-Kreisen zweifelt man allerdings, ob die CDU Sachsen überhaupt „ihre massiven Baustellen lösen kann und will“. Da seien Hopfen und Malz verloren, sagt ein Abgeordneter.