Barrierefreiheit: Bahn verteidigt sich gegen Kritik von Ströbele
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Die Deutsche Bahn verteidigt sich gegen Kritik des ehemaligen Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele.
© Quelle: imago images/Martin Wagner/Christian Spicker/Montage RND
Berlin. Die Deutsche Bahn verteidigt sich gegen Kritik am Umgang ihres Mobilitätsservices mit gehbehinderten Reisenden. Der ehemalige Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele hatte im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) berichtet, die Bahn habe sich geweigert, ihn mit seinem Rollator in einen Zug hinein zu hieven.
Allein komme er aufgrund des Höhenunterschieds nicht mehr in die Züge, sagte Ströbele. Um Reisenden im Rollstuhl beim Einstieg zu helfen, benutzt die Deutsche Bahn spezielle Hublifte. Die hätte auch Ströbele mit seinem Rollator gern genutzt. Das habe die Bahn ihm jedoch aus versicherungstechnischen Gründen verweigert. Stattdessen habe ihn ein Bahnmitarbeiter am Gürtel hochgezogen, berichtete der ehemalige Bundestagsabgeordnete. Die Hublifte seien sicherer und ihre Nutzung sei auch für alle Beteiligten bequemer, als einen Reisenden „irgendwie hinein- oder herauszubugsieren“, so Ströbele.
Die Deutsche Bahn sieht das anders und verteidigt sich auf RND-Anfrage gegen die Kritik. „Unsere Mitarbeiter unterstützen Reisende mit Mobilitätseinschränkung 850.000-mal pro Jahr beim Ein- und Ausstieg“, teilt ein Bahnsprecher mit. Für Rollstuhlfahrer seien bundesweit 900 mobile Hublifte im Einsatz. „Für Reisende mit Rollator ist der Lift leider zu unsicher. Hier helfen unsere Servicemitarbeiter beim Ein- und Ausstieg“, so der Bahnsprecher. An über 100 großen Bahnhöfen stelle die Bahn Reisenden mit Rollator auch Leihrollstühle zum sicheren Einstieg per Hublift zur Verfügung. Die Bahn bedauere jedoch, „dass es bei der Reise von Herrn Ströbele zu dieser Situation gekommen ist“, und wolle nun das Gespräch mit ihm suchen.
Überlasteter Mobilitätsservice
Auch Reisende im Rollstuhl klagen immer wieder über Ärger mit der Deutschen Bahn. Die Bahn habe das grundsätzliche Problem, „dass die Mobilitätsservicezentralen gnadenlos überlastet sind“, erklärt Lukas Iffländer, stellvertretender Bundesvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn. „Wir bekommen regelmäßig Mitteilungen von Rollstuhlfahrern, dass angemeldete Reisen storniert wurden, weil kein Personal vorhanden ist.“
Reisende müssten dann auf andere Verbindungen ausweichen. Ein barrierefreies Pendeln mit der Bahn sei so jedoch kaum möglich. „Flexibel geht da sowieso nichts“, sagt Iffländer. Rollstuhlfahrer müssten sich 24 bis 48 Stunden vorher beim Mobilitätsservice der Bahn anmelden. „Oft haben Reisende keine Chance, wenn sie sich nicht mindestens zwei Tage vorher anmelden.“
Von so einer Situation berichtete im November 2019 auch der rollstuhlfahrende Menschenrechtsaktivist Raul Krauthausen – trotz langfristiger Planung. Seine für die Vorweihnachtszeit geplante Reise sei von der Bahn abgesagt worden, „da die Bahn an diesem Tag aufgrund des hohen Reiseaufkommens den Mobiliätsservice nicht bestätigen konnte.“ Krauthausen konnte laut Bahnangaben immerhin einen anderen Zug am selben Tag nehmen.
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Der Fahrgastverband sieht die Politik in der Verantwortung. „Um an der Überlastung etwas zu ändern, muss vor allem Geld her, um die Mobilitätsservicezentralen personell massiv aufzustocken“, sagt Iffländer. Vor allem bei neueren Zügen sollte es außerdem ermöglicht werden, dass Reisende ohne Treppenstufen einsteigen können. „Schon bei den heutigen ICEs wäre es technisch möglich, in mindestens einem Wagen die Tür auf das Bahnsteigniveau abzusenken.“ Für alle Fernverkehrszüge, die neu entwickelt werden, habe die Deutsche Bahn das auch bereits zugesagt.
Erst am vergangenen Wochenende hatte der Erlebnisbericht einer schwangeren Journalistin auf Twitter der Deutschen Bahn viel Kritik eingebracht. Carina Zimniok berichtete von einem „Zug ohne kinderwagengerechte Einstiege und mit einer (pampigen) Schaffnerin, die lieber Achseln zuckt, als einer Schwangeren mit Kleinkind behilflich zu sein“. Die Deutsche Bahn antwortete darauf zunächst, die Mitarbeiter seien „nicht versichert, wenn sie Ihnen den Kinderwagen in den Zug tragen. Deshalb konnte sie auch nicht helfen.“ Später korrigierte die Bahn das und stellte klar: Bahnmitarbeiter sind, auch wenn sie Reisenden helfen, versichert.
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