Baerbock fordert neues Flüchtlingsabkommen mit Türkei

Annalena Baerbock, Vorsitzende bei Bündnis 90/Die Grünen.

Annalena Baerbock, Vorsitzende bei Bündnis 90/Die Grünen.

Berlin. Im Flüchtlingsstreit hat die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock eine neue Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und der Türkei gefordert. Mit Blick auf das bisherige EU-Türkei-Abkommen sagte sie der “Rheinischen Post”: “Statt dieses gescheiterten Deals brauchen wir ein neues, rechtsstaatlich garantiertes Abkommen, das aus den Fehlern der Vergangenheit lernt.”

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Es müsse sicherstellen, “dass Menschen gut versorgt sind und die 27 EU-Staaten nicht wie Dominosteine umfallen, wenn (der türkische Präsident Recep Tayyip) Erdogan einmal pustet.”

Die Türkei hat rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. In einem Flüchtlingspakt mit der EU von 2016 hat die Türkei eigentlich zugesagt, gegen illegale Migration vorzugehen. Ankara erhält zudem finanzielle Unterstützung für die Versorgung der Flüchtlinge im Land.

Nachdem Erdogan zuletzt verkündet hatte, die Grenzen zur EU seien für Migranten offen, hatten sich Tausende auf den Weg dorthin gemacht. Griechenland hielt die Landgrenze jedoch geschlossen und drängte Migranten mit Härte zurück - was Menschenrechtler scharf kritisierten. Die Lager in Griechenland sind überfüllt.

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Hoffnung auf längere Feuerpause

Unterdessen wächst vorsichtig die Hoffnung auf eine längere Feuerpause in dem umkämpften syrischen Rebellengebiet um die Stadt Idlib . In der Nacht auf Samstag begann der zweite Tag einer Waffenruhe, auf die sich die Schutzmächte Russland und Türkei geeinigt hatten.

Am Freitag hatte in dem Gebiet weitestgehend “gespannte Ruhe” geherrscht, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und Aktivsten berichteten. Russische und syrische Luftangriffe blieben zunächst aus.

Die Vereinbarung zwischen Kremlchef Wladimir Putin und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan war eine Reaktion auf die Eskalation in den vergangenen Wochen. Die Region ist nach fast neun Jahren Bürgerkrieg das letzte große Rebellengebiet des Landes.

Erdogan und Putin handeln erneut Waffenruhe aus
22.10.2019, Syrien, Tal Abyad: Eine Oppositionsflagge Syriens weht auf einer Stange in Tal Abyad. Die T��rkei und Russland haben sich auf die gemeinsame Kontrolle von Gebieten an der t��rkisch-syrischen Grenze geeinigt und eine weitere Eskalation des Nordsyrien-Konflikts zun��chst vermieden. In der am Dienstagabend zwischen Kremlchef Putin und dem t��rkischen Pr��sidenten Erdogan geschlossenen Vereinbarung wurde eine 150-Stunden-Frist f��r den Abzug der Kurdenmiliz YPG aus Grenzgebieten gesetzt. Das l��uft auf eine weitere Waffenruhe hinaus. Foto: Fatih Isci/Turkish Red Crescent/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

An einigen Frontlinien habe es in der Nacht aber sporadisches Maschinengewehr- und Granatwerferfeuer, berichten Bewohner und Oppositionsführer.

Putin sichert Assad Unterstützung zu

Putin versprach am Freitagabend bei einem Telefonat mit seinem syrischen Kollegen und Verbündeten Baschar al-Assad, die Übereinkunft werde zur Stabilisierung der Lage beitragen, wie der Kreml mitteilte. Assad habe das Ergebnis der Gespräche mit Erdogan begrüßt. Er habe sich auch bei Putin für seine Unterstützung "im Kampf gegen terroristische Gruppen" bedankt. Russland bezeichnet in der Regel alle Gegner Assads als Terroristen.

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Auch in einem Telefonat von Erdogan mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ging es unter anderem um die Lage in Idlib. Beide hätten auch darüber gesprochen, “wie den Menschen in Idlib schnellstmöglich geholfen werden kann”, sagte eine Sprecherin des Bundespresseamtes in Berlin.

Regierungstruppen hatten im vergangenen Jahr eine Offensive begonnen. Zuletzt konnten sie wichtige Geländegewinne erzielen. Dabei kam es auch zu blutigen Zusammenstößen mit der türkischen Armee, die mit den Rebellen verbündet ist und dort eigenen Soldaten im Einsatz hat.

Dramatische Lage

Durch die Eskalation hat sich die humanitäre Lage dramatisch zugespitzt. Nach UN-Angaben sind seit Dezember fast eine Million Menschen vor Angriffen, Kämpfen und den heranrückenden Truppen der Regierung in Richtung türkischer Grenze geflohen.

Hilfsorganisationen sind nicht mehr in der Lage, sie mit dem Nötigsten zu versorgen. Es fehlt an Nahrung, Unterkünften, Heizmaterial und medizinischer Versorgung. Kaltes und nasses Winterwetter verschärft die Lage.

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Das Abkommen zwischen Putin und Erdogan sieht auch einen "Schutzkorridor" entlang der wichtigen Schnellstraße M4 vor, die durch das Rebellengebiet führt. Die russische und türkische Armee wollen dort vom 15. März an gemeinsam patrouillieren. Rebellen bewerteten die Einigung jedoch skeptisch. Schon früher waren Waffenruhen für Idlib vereinbart worden, die jedoch scheiterten.

EU fordert ungehinderte Zugang für Hilfe

Die EU rief die Türkei und Russland dazu auf, ungehinderten Zugang humanitärer Hilfe zu der Region zu gewährleisten. Zudem müssten alle Beteiligten dafür sorgen, dass die Waffenruhe halte und die Zivilbevölkerung geschützt werde, hieß es am Freitag nach einem Syrien-Krisentreffen der EU-Außenminister in Zagreb. "Es sind dringende Maßnahmen erforderlich, um diese große humanitäre Krise anzugehen", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

“Wir haben die Einigung von Präsident Putin und Präsident Erdogan vom gestrigen Tage über einen Waffenstillstand sehr begrüßt”, sagte Außenminister Heiko Maas. Diese eröffne die Chance, das “humanitäre Desaster” zu bekämpfen. Österreichs Chefdiplomat Alexander Schallenberg sprach von einem “vorsichtigen Hoffnungszeichen”.

dpa/RND

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