Autobahnliste der Ampel: Verwunderung und Zurückhaltung in den Ländern
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Hohe Verkehrsdichte auf der Berliner Stadtautobahn A100 nahe der Autobahnausfahrt Kurfuerstendamm.
© Quelle: picture alliance / photothek
Stolz hat das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium die Liste der Autobahnprojekte, die nun beschleunigt gebaut werden sollen, diese Woche verbreitet. 144 an der Zahl, auf die sich die Ampelparteien im Koalitionsausschuss nach langwierigen Beratungen geeinigt haben. Die Liberalen sind zufrieden, dass sie sich gegenüber den Grünen im Bund durchgesetzt haben.
Es gibt jedoch eine Bedingung, die ihnen noch auf die Füße fallen könnte: Die Festschreibung des überragenden öffentlichen Interesses an einer beschleunigten Infrastrukturplanung soll im Einvernehmen mit dem jeweils betroffenen Land festgeschrieben werden. Genau das könnte für die Liberalen nach hinten losgehen, wenn Grüne in den Landesregierungen sich dagegen sträuben.
In fast allen betroffenen Ländern sind die Grünen in den Koalitionen
Die Projekte, die auf der Liste aufgezählt sind, befinden sich in Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Außer in Bayern sind überall Grüne Teil der Regierungskoalitionen. Auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) äußerten sich die einige Länder daher auch zurückhaltend, verwundert bis verärgert auf den Ampelbeschluss.
Die Hansestadt Bremen betrifft zwar nur ein Projekt, deren Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grünen) kritisierte aber die Prioritätensetzung, statt sich auf den sechsspurigen Ausbau der A27 zu konzentrieren, „sollte die Verlagerung auf die Schiene Priorität haben“, sagt sie. Hessen zeigt sich auf Anfrage zurückhaltend. „Die Beschlüsse der Ampelkoalition lassen für uns noch einige Fragen offen, um deren Klärung wir uns derzeit bemühen“, heißt es aus dem Landesverkehrsministerium.
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In Niedersachsen, das von Rot-Grün regiert wird, stellt man infrage, dass das Einverständnis notwendig ist. Dort lautet die Antwort nur kurz: „Eine Zustimmung des Landes ist nicht erforderlich. Der Autobahnbau liegt in der Hand des Bundes.“
Nur Rheinland-Pfalz begrüßt den Beschluss
Dem Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), gehen die Beschlüsse nicht weit genug. „In Sachen Planungsbeschleunigung können die Vereinbarungen im Bund nur ein Anfang sein.“ Zentral seien auch Anpassungen bundesrechtlicher Vorgaben. „Hier lässt der Bund durch Untätigkeit immer noch wertvolle Zeit verstreichen.“ Die Frage, ob die schwarz-grüne Landesregierungen den beschleunigten Bau unterstützen werde, ließ der CDU-Politiker allerdings unbeantwortet.
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„Wir sind nicht der Schiedsrichter der Koalition“
Noch mal Ampelkoalition? Auf jeden Fall, sagt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert – auch nach dem Marathon-Koalitionsausschuss. Er empfiehlt den Koalitionspartnern mehr rhetorische Zurückhaltung und Familienministerin Lisa Paus, sich bei der Kindergrundsicherung nicht an Finanzsummen festzuhalten. Außerdem spricht er über „verräterische Vorwürfe“ und über sein Rezept gegen gelegentlichen „Ampelschmerz“.
Nur Rheinland-Pfalz begrüßte den Beschluss deutlich. Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) teilte mit: „Es ist gut, dass sich die Koalition auch auf die Beschleunigung zum Autobahnausbau verständigt hat und davon auch rheinland-pfälzische Autobahnprojekte profitieren sollen.“ Die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg meldeten sich bislang nicht zurück.
Entscheidung auf Länder abgeschoben: Das sei „schon ein bisschen witzig“
Aus Länderkreisen heißt es ironisch, es sei „schon ein bisschen witzig“, dass die Ampel die Entscheidung auf die Länder abgeschoben habe. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) kann den Ärger nicht verstehen. Es sei kein Manko, dass die Länder miteinbezogen würden, betonte der FDP-Politiker diese Woche. Man wolle keinen „Bund-gegen-Land-Prozess“ starten, hier seien Abwägungen der Länder nötig.
Wie aus den Ländern weiter zu hören ist, wolle man sich offenbar über jedes Verkehrsprojekt beugen und einzeln entscheiden, wie damit zu verfahren sei. Und das könnte sich hinziehen.
Hinter vorgehaltener Hand äußern Grüne im Bundestag genau diese Hoffnung. Weil die Länder nun mitzureden hätten, würden manche Projekte ja gar nicht kommen, lautet die Prognose. Auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert dämpfte die Erwartungen an den Umfang beschleunigter Autobahnausbauten im RND-Interview. „In der Realität werden es vermutlich weniger werden“, sagte der Sozialdemokrat. Gegen den Willen der betroffenen Bundesländer sollen diese Projekte nicht umgesetzt werden, ergänzte er. „Ich bin gespannt, wie diese von Grünen regierten und mitregierten Bundesländer sich positionieren werden.“