SPD-Chef Walter-Borjans fordert ungehinderte Aufnahme von Flüchtlingen
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Norbert Walter-Borjans, Bundesvorsitzender der SPD.
© Quelle: imago images/photothek
Mehr als 1500 Flüchtlinge sollen von den griechischen Inseln nach Deutschland kommen können. Darauf hat man sich in der Bundesregierung geeinigt. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hält von diesem Kompromiss nicht viel. Ihm geht die Aufnahme nicht weit genug. Walter-Borjans fordert eine weitere Ausweitung – allerdings abhängig davon, dass sich auch andere EU-Staaten “dem deutschen Beispiel” anschließen und ebenfalls weitere Migranten aus Griechenland aufnehmen, sagte Walter-Borjans in einem Bericht des ZDF mit Bezug auf die Nachrichtenagentur AFP.
408 Familien sollen bereits kommen
Deutschland sei weiter bereit “gemessen an seiner Größe weitere Flüchtlinge aus Griechenland aufzunehmen”, wenn die EU-Partner mit im Boot säßen.
Am Dienstag hatte die große Koalition in Berlin beschlossen, 1533 weitere Flüchtlinge von den griechischen Inseln aufzunehmen. Profitieren sollen 408 Familien, die bereits von den griechischen Behörden als schutzberechtigt anerkannt wurden.
EU-Parlament debattiert nach Moria-Brand
Das EU-Parlament debattiert am Donnerstag über die europäische Migrationspolitik. Dabei dürfte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson einen Ausblick auf ein neues Konzept zum Thema Asyl und Migration geben, das die Behörde nächsten Mittwoch vorlegen will. Bislang lässt sich die Kommission kaum in die Karten schauen. Die Aufgabe ist riesig: Die Blockade der europäischen Migrationspolitik soll gelöst werden.
Köln bekräftigt: Haben rund 1.500 freie Plätze für Geflüchtete
Damit hat die Domstadt so viele freie Betten, wie die Bundesregierung am Dienstag bereiterklärt hat, an Geflüchteten aufzunehmen.
© Quelle: Reuters
Die EU-Staaten streiten seit Jahren verbittert. Das sogenannte Dublin-System belastet vor allem die Länder an den Außengrenzen. Danach ist meist jener EU-Staat für einen Asylantrag zuständig, auf dessen Boden Schutzsuchende europäischen Boden zuerst betreten. Über Reformvorschläge der früheren EU-Kommission verhandeln die Staaten längst nicht mehr – zu verhärtet sind die Fronten.
Das EU-Parlament drängt die Hauptstädte, aufeinander zuzugehen. “Wir brauchen endlich eine grundlegende Änderung der europäischen Asylpolitik. Dafür müssen sich vor allem die Mitgliedsstaaten bewegen”, sagte die SPD-Abgeordnete Katarina Barley der dpa. Es gehe darum, wie Verantwortung geteilt werde. EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) forderte eine Lösung vor Ende des Jahres.
Aber wie könnte ein neues System aussehen? Kommissionschefin Ursula von der Leyen bot am Mittwoch im EU-Parlament Einblicke, die Johansson am Donnerstag aufgreifen dürfte. Sie rief die EU-Staaten zum Kompromiss auf und betonte einen menschlichen und solidarischen Ansatz. “Die Rettung von Menschen in Seenot ist keine Option, sondern Pflicht.”
Das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos vor und nach den Bränden.
Solidarität von allen – aber wie?
Ohne einen substanziellen Beitrag zur gemeinsamen Migrationspolitik dürfte wohl kein Land davonkommen – zumindest, wenn es nach der EU-Kommission geht. Welche Leistung erbracht werden soll, wenn Länder die Aufnahme Schutzsuchender verweigern, ließ von der Leyen offen. Sie betonte jedoch: “Migration ist eine Herausforderung für ganz Europa – deshalb muss auch ganz Europa seinen Teil leisten.”
Flüchtlingslager unter EU-Führung
Ebenfalls neu ist das Vorhaben, an einem Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos zu arbeiten, das gemeinsam von Griechenland und EU geführt wird. Die Kommission könne dort bei Asyl- und Rückführungsverfahren helfen, sagte von der Leyen. Denkbar ist, dass ähnliche Zentren später auch Teil des Migrationspakts sind. Details, wie die Verfahren in den Zentren aussehen könnten, ließ die Kommissionspräsidentin offen.
Schnellere Asylverfahren
Von der Leyen betonte mit Blick auf den sogenannten Migrationspakt, dass Asyl- und Rückführungsverfahren enger verknüpft werden müssten. Es solle stärker gegen Schleuserkriminalität gekämpft werden. Der Schutz der Außengrenzen müsse verbessert werden. Es brauche Wege für legale Migration und eine engere Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Kommissionsvize Margaritis Schinas hatte kürzlich den Fokus darauf gelegt, dass Migranten möglichst gar nicht erst in die EU gelangen. Er warb für eine enge Zusammenarbeit mit Transit- und Herkunftsländern.
Deutsche Rolle
Noch bis Ende des Jahres hat Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft inne und vermittelt deshalb bei den Verhandlungen der EU-Staaten. Berlin will die Gespräche bis dahin möglichst weit voranbringen. Später muss sich der Rat der EU-Staaten dann noch mit dem Europaparlament einigen.
RND/fw/dpa