Auch Arbeitgeber lehnen Heil-Pläne für Paketbranche ab
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/PK6URSW73W4DH6QBQVFA4PFNUU.jpg)
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will bessere Arbeitsbedingungen für Paketboten durchsetzen – mit einem neuen Gesetzentwurf.
© Quelle: Oliver Berg/dpa
Berlin. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will gegen die Ausbeutung von Paketzustellern vorgehen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) weist die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für eine Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche ab – und erhält nun Unterstützung von den Arbeitgeber-Verbänden.
Auch der Arbeitgeberverband BDA lehne Heils Vorstoß ab, die großen Paketdienste für die Arbeitsbedingungen von Paketboten ihrer Subunternehmer haften zu lassen, sagte dessen Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Der Staat darf seine Aufgabe zur Überwachung der Einhaltung des Mindestlohns nicht einfach auf andere Unternehmen überwälzen“, erklärte er.
BDA: Braven Firmen keine Risiken aufdrücken
Unternehmen könnten andere Unternehmen nicht annähernd so gut kontrollieren wie der Staat, so Kampeter. „Die neuen Gesetzespläne würden daher unverhältnismäßige Haftungsrisiken für die betroffenen Unternehmen bedeuten.“ Er warnte, die Haftung könnte langjährige Zeiträume und damit hohe Beträge betreffen. Zudem könne niemand verlässlich ausschließen, dass ein Vertragspartner Rechtsverstöße begeht, sagte der BDA-Chef.
„Wer sich als Arbeitgeber nicht an Recht und Gesetz hält und Beschäftigten nicht den vollen Lohn zahlt und Sozialbeiträge vorenthält, kann und muss nach geltenden Vorschriften bestraft werden.“ Wenn der Staat allerdings Kontrolldefizite bei den Sozialversicherungsbeiträgen sehe, müsse er „seine Kontrollen verbessern statt rechtstreuen Unternehmen neue Haftungsrisiken aufzudrücken“, sagte Kampeter.
Peter Altmaier gegen Hubertus Heil
Zuvor hatte Bundeswirtschaftsminister Altmaier dem RND gesagt, Heils Gesetzentwurf komme zur Unzeit. „Es ist jetzt nicht die Zeit für neue Belastungen der Wirtschaft“, so der der CDU-Politiker. „Die Belebung des Wachstums und die Schaffung neuer Arbeitsplätze muss Vorrang haben vor dem Aufbau neuer Bürokratie.“
Altmaier verwies auf die Zuständigkeit der Zollbehörden für die Kontrolle von Arbeitsbedingungen. Der Zoll liegt im Verantwortungsbereich von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).
Heil: Der wahre Auftraggeber soll haften
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat Heil einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die großen Paketdienste verpflichten soll, Sozialabgaben für ihre Subunternehmer nachzuzahlen, wenn diese beim Mindestlohn betrügen. So soll der eigentliche Auftraggeber für korrekte Arbeitsbedingungen bei seinen Boten verantwortlich werden.
Heil riskiert damit Streit in der großen Koalition. Er halte es für falsch, Betriebe für ihre Subunternehmer haftbar zu machen, er setze dagegen auf mehr Kontrollen, hatte Altmaier erklärt.
„Völlig inakzeptabel“
Heil verteidigte seine Pläne dagegen. „Es geht um Recht und Ordnung am Arbeitsmarkt“, sagte er der „SZ“. „Wir wollen Generalauftragnehmer verpflichten, im Zweifelsfall, wenn die Sozialversicherungsbeiträge bei den Subunternehmern nicht einzutreiben sind, auch in Haftung genommen zu werden“.
Dass in der Branche nicht gut bezahlt werde, sei bekannt, und auch daran müsse sich etwas ändern. „Aber dass auch noch der soziale Schutz ausgehebelt wird, ist für mich völlig inakzeptabel.“
Kompromissvorschlag aus der Union
Aus der Unionsfraktion im Bundestag kommt hingegen ein Vorschlag für eine mögliche Einigung. „Ein guter Kompromiss kann so aussehen: Wir machen sinnvolle Entbürokratisierung bei einigen Vorschriften im Bereich des allgemeinen Mindestlohns und wir nehmen problematische Bereiche wie die Paketbranche stärker in die Pflicht“, sagte Peter Weiß (CDU), arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, dem RND.
Rückendeckung für seinen Vorstoß bekommt Heil von den Gewerkschaften. Verdi-Chef Frank Bsirske hatte vor kurzem von teils „mafiösen Strukturen“ gesprochen.
Er kritisierte, dass Paketdienste Firmen engagierten, die wiederum andere Firmen beauftragen, die dann Menschen aus der Ukraine, aus Moldawien oder aus Weißrussland in die Lieferfahrzeuge setzten. Es würden Stundenlöhne von 4,50 Euro oder 6 Euro gezahlt bei Arbeitszeiten von 12 oder sogar 16 Stunden pro Tag.
Lesen Sie auch: So will Arbeitsminister Heil gegen die Ausbeutung von Paketboten vorgehen
Von Rasmus Buchsteiner/RND/dpa