Endlagersuche: Ein Verfahren mit Strahlkraft

Stefan Studt (r.), Vorsitzender der Geschäftsführung der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), und Steffen Kanitz, Mitglied der Geschäftsführung der BGE, zeigen eine Landkarte am Rande der Präsentation des Zwischenberichts mit Teilgebieten für die Endlagersuche.

Stefan Studt (r.), Vorsitzender der Geschäftsführung der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), und Steffen Kanitz, Mitglied der Geschäftsführung der BGE, zeigen eine Landkarte am Rande der Präsentation des Zwischenberichts mit Teilgebieten für die Endlagersuche.

Berlin. Diesmal muss es klappen. Die Geologen der Bundesgesellschaft für Endlagerung wollen die Suche nach einem sicheren Atommülllager richtig anstellen. Sie haben diesen schwierigen Prozess mit der Offenlegung eines historischen Fehlers begonnen: Sie haben den Salzstock im niedersächsischen Gorleben bereits in diesem frühen Stadium aus der Suche herausgenommen.

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Dieser überraschende Entschluss birgt zwei Botschaften. Erstens bestätigt er, dass Gorleben nicht aus wissenschaftlichen, sondern aus politischen Erwägungen zur Deponie für hochradioaktive Abfälle erklärt wurde, die Geologie im einstigen Zonenrandgebiet hat sich im Laufe von vier Jahrzehnten ja keineswegs gewandelt. Generationen von Aktivisten, die mit Gutachten und Gleisbesetzungen gegen Gorleben als Zwischenlager kämpften, dürften nun Genugtuung empfinden. Zweitens geht vom Ausschluss des Salzstocks Gorleben das Versprechen aus, fortan die Wissenschaft über die Politik zu stellen. Das stärkt die Glaubwürdigkeit des Suchverfahrens.

Nach sechs Jahrzehnten intensiver Nutzung steigt Deutschland in zwei Jahren aus der Atomkraft aus. So hat es die Politik im gesellschaftlichen Konsens beschlossen. Offen ist jedoch, wohin mit den 1900 Castor-Behältern voll strahlenden Mülls. Sie sind eine Gefahr für Mensch und Natur und müssen so sicher wie möglich unterirdisch verwahrt werden, eine unvorstellbare Million Jahre lang.

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Bürgerinnen und Bürger besser einbinden

Die Dringlichkeit dieser Aufgabe steht im Missverhältnis zum bisher eher kümmerlichen öffentlichen Interesse, das sie erfährt. Der Bundesgesellschaft für Endlagerung ist daher zu wünschen, dass sie ihrem hohen Anspruch an Wissenschaftlichkeit, Transparenz und auch an der Beteiligung der Öffentlichkeit gerecht wird – im Interesse des gesellschaftlichen Friedens in Deutschland.

Möglicherweise wird sie zu diesem Zweck größere Zugeständnisse an die Bürgerinnen und Bürger machen müssen als vorgesehen. Die Konferenzen für den Austausch mit der Bevölkerung in den nun ausgewiesenen potenziellen Endlagerregionen sind nur bis zum Sommer nächsten Jahres datiert.

Ein knapp bemessener Zeitraum – erst recht angesichts pandemiebedingter Einschränkungen. Zudem sind nicht alle geologischen Daten einsehbar, die die BGE zur Auswertung des Untergrunds herangezogen hat. Ein Quell für Misstrauen.

Söder kritisiert Atommüllendlager-Suche und Aus für Gorleben scharf

Bayern hat den Suchprozess für ein Atommüllendlager und den Ausschluss Gorlebens in Niedersachsen kritisiert.

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Vor allem aber hat die Politik dafür zu sorgen, dass die Endlagersuche auf gesellschaftliche Akzeptanz stößt. Wie das schon mal nicht gelingt, führt die bayerische Landesregierung vor: Die mitregierenden Freien Wähler erklären den bayerischen Granit für ganz und gar ungeeignet. Ihre flotten Sprüche taugen vielleicht fürs Wirtshaus, von Expertise für Wirtsgestein zeugen sie aber nicht.

Bayern muss zu seinem Wort stehen

Bayern hat den Atomkonsens mit unterzeichnet. Ministerpräsident Markus Söder muss sich klar hinter das Verfahren stellen – auch wenn an dessen Ende der Bayerische Wald als bestgeeignete Endlagerstätte stünde. Andernfalls kann Söder seine bundespolitischen Ambitionen vergessen, noch ehe er sie ausgesprochen hat.

Schließlich gibt es keinen vernünftigen Grund, sich einem wissenschaftlichen Vergleichsverfahren zu verschließen. Man kann Atomkraftgegner sein (eine in der CSU sehr seltene Spezies). Atommüllgegner kann man jedoch nicht sein. Das Gift muss sicher gelagert werden.

Mit dem Atomausstieg beschreitet Deutschland einen neuen Weg. Der Rest der Welt setzt weiter auf Kernkraft. Ein sicheres Endlager gibt es nirgendwo – vielerorts aber wird es dringend benötigt.

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Die langwierige, auf Dialog ausgelegte deutsche Endlagersuche hat daher globale Strahlkraft. Auch dessen sollte sich hierzulande jeder Politiker bewusst sein, der in Versuchung gerät, eine Menschheitsfrage dem partei- und provinzpolitischen Kalkül unterzuordnen.



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