Kommentar zu Vorwürfen in Arolsen Archives

Offenbar außer Kontrolle

Aktenschrank in den Arolsen Archives, früher International Tracing Service (ITS). (Archivfoto aus dem Jahr 2018)

Aktenschrank in den Arolsen Archives, früher International Tracing Service (ITS). (Archivfoto aus dem Jahr 2018)

Die Arolsen Archives haben ihren ehrenhaften Anspruch in ihrer Mission festgeschrieben. „Ausgehend von unserer historischen Sammlung“, heißt es da, setze man sich „für historische Wahrheit sowie Respekt, Vielfalt und Demokratie ein“.

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Nichts anderes darf man von einer einzigartigen Institution erwarten, die weltweit das größte NS-Dokumentationszentrum ist und offizieller Teil des Unesco-Weltdokumentenerbes. Nach dem Zweiten Weltkrieg als Internationaler Suchdienst des Roten Kreuzes gegründet, umfasst sie heute 30 Millionen Dokumente, die Auskunft über das Schicksal von 17,5 Millionen NS-Opfern geben. Millionen Anfragen hat der Suchdienst beantwortet, bis heute wenden sich Angehörige nach Bad Arolsen, in der Hoffnung, etwas über die Verschollenen in ihren Familien zu erfahren.

Doch was sich im Inneren der Organisation seit Jahren abspielen soll, hört sich einfach unglaublich an. 25 aktive und ehemalige Mitarbeitende werfen Direktorin Floriane Azoulay und ihrem Stellvertreter Steffen Baumheier Machtmissbrauch, Mobbing und Sexismus vor, sie beschreiben detailliert und verstörend eine „toxische Arbeitsatmosphäre“ und ein „Klima der Angst“.

Wie ist das in einer öffentlich-rechtlichen Institution, die im besonderen Maße für Demokratie und Menschenrechte steht, möglich?

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Schwere Vorwürfe in den Arolsen Archives

Die Sonnenkönigin und der Bluthund

Die Arolsen Archives sind das größte NS-Dokumentationszentrum weltweit. Die Werte: Respekt, Vielfalt, Demokratie. Mitarbeiter jedoch berichten von einem Klima der Angst, von Mobbing und Zermürbung. Einblicke in eine Institution in der Krise.

Wenn das Führungsduo in der Direktion der Arolsen Archives tatsächlich über Jahre hinweg wie „Sonnenkönigin“ und „Bluthund“ agieren konnte, also außer Kontrolle geriet, stellt sich die Frage nach der Aufsicht. Verantwortlich sind dafür in diesem Fall ein mit Diplomaten aus elf Staaten besetzter internationaler Ausschuss, in dem Deutschland durch das Auswärtige Amt vertreten ist, sowie die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, Staatsministerin Claudia Roth, aus deren Haushalt die Arolsen Archives mit einem jährlichen Millionenbetrag in zweistelliger Höhe gut finanziert werden.

Niemandem scheint aufgefallen zu sein, dass gerade im wissenschaftlichen Bereich die Zahl der Mitarbeitenden, deren Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet wurde, unverhältnismäßig hoch ist. Niemand nahm offenbar den „Brain-Drain“, den Verlust hochkompetenter und jahrelang Mitarbeitender, zur Kenntnis oder fragte nach dem Grund.

Solche Konstruktionen laden anfällige Charaktere zum Machtmissbrauch geradezu ein.

Hat das System?

In gewisser Weise ja. Der Vorsitz des Internationalen Ausschusses und damit auch die Verantwortung für sämtliche, zu beaufsichtigende Vorgänge wechselt jährlich zwischen drei Staaten. Da scheinen die Mittel, der Hang und Möglichkeiten zur Kontrolle außerordentlich gering.

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Solche Konstruktionen laden anfällige Charaktere zum Machtmissbrauch gerade zu ein. Und die Arolsen Archives besitzen darin sogar einschlägige Erfahrungen.

Denn vor 23 Jahren war der damalige Internationale Suchdienst bereits in einen veritablen Skandal verstrickt. Einem der Vorgänger Azoulays wurde dabei neben anderen schwer wiegenden Vorwürfen eine „Schreckensherrschaft“ nach innen attestiert. Daraufhin zog sich das Internationale Rote Kreuz zurück und der Internationale Ausschuss wurde als Aufsichtsgremium etabliert.

Der Weisheit letzter Schluss ist dessen Praxis womöglich nicht. Niemand, an keiner Stelle, scheint mehr genau hinzusehen oder zu hören. Die Kontakte und Zugangsmöglichkeit beschränken sich jedenfalls ausschließlich auf die Direktion. Damit muss sofort Schluss sein - vor dem Ende der Untersuchungen!

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