Armut in Zeiten von Corona: Fast jede vierte Tafel ist geschlossen
Der Leiter der Bahnhofsmission am Berliner Bahnhof Zoologischer Garten, Wilhelm Nadolny, schildert, wie sich die Arbeit durch die Corona-Krise verändert.
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Berlin. Fast jede vierte Tafel in Deutschland ist derzeit geschlossen. Konkret geht es um 211 von 947 Tafeln, das sind 22,3 Prozent. Vier Tafeln sollen noch im Mai wieder öffnen. Das geht aus Daten des Tafel-Bundesverbandes hervor, die von der Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann (Linke) ausgewertet wurden und dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegen.
Die Corona-Pandemie habe die Situation der Armen in Deutschland verschärft, sagte Zimmermann dem RND. “Viele Tafeln sind geschlossen, und zugleich sind einige Güter des täglichen Bedarfs rar oder teuer geworden”, setzte sie hinzu.
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Vor Beginn der Corona-Pandemie nutzten nach Angaben des Tafel-Bundesverbandes 1,6 Millionen Menschen das Angebot, davon 30 Prozent Kinder und Jugendliche sowie 26 Prozent Seniorinnen und Senioren. Das Kerngeschäft der mehr als 940 gemeinnützigen Tafeln: Sie sammeln überschüssige Lebensmittel und verteilen sie an bedürftige Menschen.
“Das Gröbste auffangen”
“In einem guten Sozialstaat bräuchte es keine private Wohltätigkeit, um grundlegende Lebensbedürfnisse zu sichern”, sagte Zimmermann. “Doch statt die Sozialleistungen auf ein existenzsicherndes Niveau anzuheben, setzt der Staat das Tafelangebot voraus – und verweist Armutsbetroffene teilweise sogar ausdrücklich darauf”, so die Linken-Politikerin. Doch könnten Tafeln “nur das Gröbste auffangen”.
Außerdem machten vom Angebot der Tafeln nicht alle Menschen Gebrauch, “oft aus Scham”. Zimmermann forderte einen Pandemiezuschlag von 200 Euro pro Person auf Transferleistungen.