War der CSU-Jubelparteitag Laschets letzte Chance?
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Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet
© Quelle: Getty Images
Nürnberg. Abgerechnet wird zum Schluss, das gilt auch für das Verhältnis der CSU zum gemeinsamen Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Nach dem viel umjubelten Auftritt des CDU-Vorsitzenden auf dem CSU-Parteitag am Samstag lässt die demonstrativ zur Schau gestellte Unterstützung zunächst keine Fragen offen.
Mehr als acht Minuten lang jubeln und johlen die Delegierten in der Nürnberger Messehalle Laschet zu, der Applaus will gar kein Ende nehmen. Es wirkt, als solle so auch der letzte Hauch eines Zweifels an der Unterstützung Laschets erstickt werden. Doch ob es bis zum Wahlsonntag in zwei Wochen nun tatsächlich ruhig bleibt in der Dauerdebatte um die Geschlossenheit von CDU und CSU?
„Das war die Rede unseres künftigen Kanzlers Armin Laschet. Wir haben einen großartigen Empfang versprochen, er hat es mit einer großartigen Rede gedankt“, ruft CSU-Chef Markus Söder am Samstag in die Halle und reicht Laschet die Hand. Der Applaus für Söder tags zuvor hatte weniger als halb so lang gedauert. Diese Bilder, diese Stimmung und ein so kampfbereiter Kandidat, da sind sie sich in der Union einig, haben so lange gefehlt. Und schon hier kommen dann wieder kritische Töne auf – vielleicht haben sie zu lange gefehlt.
Auf CSU-Parteitag: Laschet gibt sich kämpferisch
Noch zwei Wochen sind es bis zur Wahl – und die Union liegt weiter hinter der SPD zurück. Laschet teilt bei dem CSU-Parteitag gegen Olaf Scholz aus.
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Viel Jubel für Laschet
Denn auch wenn die demonstrative Ge- und Entschlossenheit in Nürnberg nicht hätte besser inszeniert werden können, muss sich erst noch zeigen, ob die Union bundesweit und die CSU in Bayern davon am Ende auch wirklich profitieren können. Mit Argusaugen werden Union und Öffentlichkeit in den kommenden Tagen bis zur Wahl am 26. September auf die Umfragewerte schauen. Gelingt es der Union tatsächlich, das historische Umfragetief mit Werten zwischen 20 und 25 Prozent hinter sich zu lassen?
Schon beim Empfang Laschets auf dem Jubelparteitag ist klar: Nach den vielen Irritationen wollen die Christsozialen ein anderes Bild in die Republik senden. Dies fällt umso mehr auf, da Söder und CSU-Generalsekretär Markus Blume den NRW-Ministerpräsidenten ja noch kurz vor dem Parteitag mit spitzen Bemerkungen in Bedrängnis gebracht hatten. Doch beim Einmarsch gibt es so viel Jubel für ihn, dass man glauben könnte, Laschet habe die Wahl schon gewonnen und das Kanzleramt nach der Ära Angela Merkel für die Union verteidigt.
In seiner Rede streichelt Laschet die Seele der CSU. Gleich zu Beginn versucht er, die Delegierten zu umarmen, jedenfalls rhetorisch. Er habe ja in München studiert und immer „diese Eigenständigkeit, dieses Selbstbewusstsein in Bayern“ sehr geschätzt, das durch die CSU wie durch keine andere Partei verkörpert werde. Nur die CSU könne Bayern stark in Berlin vertreten – „und deshalb brauchen wir CDU und CSU in der nächsten Bundesregierung“, ruft er in den Saal – die Delegierten sind begeistert.
Immer wieder muss sich Laschet während seiner knapp 50 Minuten langen Rede räuspern, manchmal klingt er heiser – eine Wahlkampfstimme sei das, heißt es zur Erklärung aus seinem Team. Soll wohl auch bedeuten: Laschet kämpft, er schont sich nicht. Der CDU-Chef geht durch die Kernthemen der Konservativen für die heiße Schlussphase des Wahlkampfs: Innere und äußere Sicherheit, Arbeitsplätze und Wirtschaft, Stabilität der Finanzen, Klimawandel. Wirkliche Neuigkeiten hat er nicht mitgebracht, aber das haben die Delegierten wohl auch nicht erwartet.
Wichtiger ist für sie an diesem Tag, dass sich Laschet als Kämpfer präsentiert. Schnell ist der Hauptgegner klar: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und dessen Partei. „In all den Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte standen Sozialdemokraten immer auf der falschen Seite – in der Wirtschafts- und Finanzpolitik“, ätzt er. In Krisenzeiten habe die SPD habe immer daran gedacht, Schulden zu machen, Steuern zu erhöhen und den Menschen möglichst viel vorzuschreiben. In den sozialen Medien schäumen die SPD-Anhänger, es entbrennt eine heiße Debatte um Anstand und Desinformation. Dem CDU-Chef kann das nur Recht sein, er setzt auf Polarisierung und die Mobilisierung der eigenen Anhänger.
Parteiencheck vor der Bundestagswahl: CDU/CSU
Die Bundestagswahl steht an: Wir geben einen Überblick über das Parteiprogramm der Union für die kommende Wahl am 26. September.
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Vorgeschmack auf das Triell?
Immer wieder geht Laschet Scholz direkt an – das dürfte ein Vorgeschmack auf das Triell von Laschet mit Scholz und der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock am Sonntagabend sein.
Als Laschet seine Rede beendet hat, kommt nicht nur Söder auf die Bühne, fast die gesamte CSU-Führung reiht sich um den Kandidaten. Das soll zeigen: Wir stehen hinter ihm. Als die Delegierten gar nicht aufhören wollen mit dem Klatschen, wirkt es, als werde es Laschet beinahe unangenehm: Er knöpft sich das Jackett zu, als wolle er signalisieren: Jetzt reicht es auch. Gut möglich, dass den Kandidaten nach den vergangenen schwierigen Monaten mit der CSU auch Zweifel beschleichen, ob so viel Jubel tatsächlich von Herzen kommt oder nicht eher einer perfekten Parteitagsregie geschuldet ist.
Einen warmen und herzlichen Empfang hatte Söder Laschet am Vortag versprochen – und in seiner Rede tatsächlich auf süffisante Bemerkungen in dessen Richtung verzichtet. Auch Söder weiß, dass es ein schmaler Grat ist, den die CSU in den vergangenen Wochen zwischen Kritik und Unterstützung gegangen ist. Dass der Empfang dann so überschwänglich wird, überraschte aber selbst die CSU-Strategen.
Klar ist, nur ein Wahlsieg kann die Loyalität der CSU auch nach den Hochrechnungen am 26. September garantieren. Bis zur Wahl dürften sich nun aber wohl auch die Laschet-Kritiker in der CSU zurückhalten. Immerhin, so sagen manche in der Partei, sei wohl die Talsohle erreicht.
Doch Laschet wird in den zwei Wochen bis zur Wahl keinen so leichten Gang mehr haben wie den bei der CSU. Viele Stammwähler der Union sind nach seinem Lacher bei der Flutkatastrophe und anderen Patzern verunsichert, neue Fehler darf er sich nun nicht mehr leisten. Das weiß auch Laschet, der in Nürnberg bekennt, der Wahlkampf sei bisher „nicht optimal“ gelaufen. Doch der Nordrhein-Westfale bleibt auch hier seiner Sache treu: Es gehe jetzt darum, Kurs zu halten. Erstmal hat Laschet dafür nun Rückendeckung aus Bayern.
RND/dpa