Konkurrenten im Hochwassergebiet: die gemeinsamen Versprechen von Laschet und Scholz
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/UR2JR7Z2B5BMPOO2XHV5VKB2XM.jpg)
Unionskanzlerkandidat und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet beim gemeinsamen Besuch mit SPD-Kanzlerkandidat und Vizekanzler Olaf Scholz in Stolberg bei Aachen.
© Quelle: Getty Images
Berlin. Es regnet schon wieder, als die beiden Kanzlerkandidaten im Hochwassergebiet von Nordrhein-Westfalen vor die Medien treten. Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) wollen zwischen Vorortbesichtigung und Gesprächen mit Helfern und betroffenen Unternehmen im rheinischen Stolberg bei Aachen einige Sätze sagen und Fragen beantworten.
Ihre Rundgänge machen sie an diesem Dienstag ohne Medienbegleitung – vielleicht, weil Konkurrentin Annalena Baerbock (Grüne) dafür gelobt wurde, mit ihren pressefreien Besuchen die Katastrophe nicht für ihren Wahlkampf instrumentalisiert zu haben, oder auch, weil Laschet am Vortag bei seinen Besuchen in Swisttal bei Bonn von unzufriedenen Flutopfern vor laufenden Kameras beschimpft wurde: Keine Aufräumhilfe, kein Geld, zu späte Warnungen habe es gegeben, riefen wütende Anwohner. Die Rede war von „riesengroßen Versagern” und dass Laschet es „bei der Wahl merken” werde.
Vor den sechs Mikrofonen in Stolberg geht es am Dienstag nun betont ruhig, sachlich und kaum wahlkämpferisch zu – dafür nass: Laschet und Scholz tragen schwarze Wetterjacken, und weil sie ihre Statements ohne Regenschirme abgeben, muss Laschet bald die Brille absetzen, auch die Haare sind durchnässt.
Zwei Kanzlerkandidaten treten gemeinsam auf
Das ungewöhnliche an dem Termin ist aber, dass hier zwei Kanzlerkandidaten nicht gegeneinander an-, sondern gemeinsam auftreten, um Nothilfe zuzusichern – während exakt zeitgleich am anderen Ende der Republik, in Brandenburg, Baerbock als dritte Bewerberin erklärt, wie sie gegen den Klimawandel und die Ursachen solcher „Extremwetterereignisse” vorgehen will.
Formal ist Vizekanzler und Bundesfinanzminister Scholz als Vertreter des Bundes gekommen, um mit Betroffenen sowie Landes- und Kommunalpolitikern über finanzielle Hilfen aus Berlin zu sprechen. Und formal empfängt ihn der CDU-Chef als Ministerpräsident. Doch es geht auch darum, die Einheit der großen Koalition zu demonstrieren – und zugleich dem Konkurrenten das Feld nicht zu überlassen.
Laschet: Bund und Länder zahlten 215 Millionen Euro
Es gibt auch Neuigkeiten: Laschet verkündet, die Stirn ebenso in Falten gelegt, wie es Scholz beim Zuhören tut, dass Bund und Länder zusammen bereits 215 Millionen Euro direkt an die Bürger ausgezahlt haben – und danach auch die Wiederaufbauhilfe schnell fließen werde.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/MUAL3KUCMFC5BGPB3YL3QBSVKA.jpg)
Hauptstadt-Radar
Der RND-Newsletter aus dem Regierungsviertel mit dem 360-Grad-Blick auf die Politik im Superwahljahr. Immer dienstags, donnerstags und samstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Noch vor der Wahl Ende September soll das Bundesgesetz regeln, das bei der Ministerpräsidentenkonferenz am kommenden Dienstag vorbereitet werde. „Die anderen Länder, die nicht betroffen sind, müssen in die Solidarität hineingehen und sind auch dazu bereit”, sagt Laschet.
Scholz: „Katastrophe von nationaler Dimension”
„Wir erleben – immer noch – eine Katastrophe von nationaler Dimension”, hebt Scholz an und verspricht darauf auch eine nationale Antwort. Die Schäden lägen allein in NRW und Rheinland-Pfalz über denen der Flut von 2013 in ganz Deutschland, sagt er.
Damals floss Wiederaufbauhilfe in Höhe von 6 Milliarden Euro. Der Aufbau nach der jetzigen Katastrophe dürfte „viele Milliarden” kosten, so Scholz. Als er die gegenseitige Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger bei den Wiederaufbauarbeiten als „berührende Botschaft von Solidarität” bezeichnet, wirkt er regelrecht bewegt.
Bund setzt Insolvenzantragpflicht für betroffene Firmen aus
Später verspricht Scholz bei einer eigenen Pressekonferenz in Schleiden (Eifel), wohin er ohne Laschet weitergereist war, schon am Folgetag werde das Bundeskabinett die Insolvenzantragspflicht für Firmen aus dem Krisengebiet vorübergehend aussetzen. Bereits in der Corona-Krise war diese Pflicht ausgesetzt worden, um Finanzengpässe von Unternehmen zu überbrücken.
Flutkatastrophe: Erneuter Starkregen für Kreis Ahrweiler vorhergesagt
Für den stark betroffenen Kreis Ahrweiler ist erneut Starkregen vorhergesagt. In sechs Stunden kann es bis zu 35 Liter pro Quadratmeter regnen.
© Quelle: dpa
Die Reporter sorgen aber doch noch für eine Wahlkampfnote. Die Grünen stellten parallel ein Sofortprogramm gegen den Klimawandel vor, fragt eine Journalistin: Ob auch Laschet und Scholz aus der Katastrophe Schlüsse für ihre Klimapolitik zögen?
Laschet antwortet, dass die große Koalition ja den Kohleausstieg beschlossen habe, zudem habe er in NRW ein „Klimaanpassungsgesetz” beschlossen: „Wir werden in allen Ländern Maßnahmen brauchen, wie wir uns auf die Klimaveränderung vorbereiten.”
Scholz fordert hochwasserresilienten Wiederaufbau
Auch Scholz hatte vorher erklärt, dass beim Wiederaufbau „hochwasserresilienter” geplant werden müsse, weil solche Unwetter künftig immer wieder drohen.
Auf die Grünen angesprochen redet der SPD-Kanzlerkandidat aber nicht mehr über Hochwasserschutz, sondern ausführlich über Schritte zur CO₂-Reduktion, den Umbau der Industrie und der Stromproduktion. „Wir müssen also alles tun, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten”, schließt er. Dann verschwinden beide wieder unter Regenschirmen und im Krisengebiet.