Erfolg vor Gericht

Hanau-Ausschuss bekommt Zugang zu ungeschwärzten Akten

Ein Aktenordner liegt beim Auftakt des Ausschusses auf dem Platz einer Linke-Abgeordneten.

Ein Aktenordner liegt beim Auftakt des Ausschusses auf dem Platz einer Linke-Abgeordneten.

Generalbundesanwalt Peter Frank muss die Akten zum Anschlag von Hanau weitgehend ungeschwärzt an den hessischen Untersuchungsausschuss herausgeben. Das entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht in einem Eilbeschluss, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.

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Der paranoide Rechtsextremist Tobias Rathjen erschoss am 19. Februar 2020 in Hanau neun Menschen mit Migrationshintergrund, anschließend tötete er seine Mutter und sich selbst. Die Bundesanwaltschaft hatte die Ermittlungen bald eingestellt, da der Täter tot war.

Untersuchungsausschuss soll mögliche Behördenfehler feststellen

Im hessischen Landtag wurde im Juli 2021 ein Untersuchungsausschuss eingerichtet, der mögliche Behördenfehler und Lehren für die Zukunft feststellen soll. Er forderte auch bei der Bundesanwaltschaft alle Akten an, doch bekam er die 79 Ordner letztlich nur mit umfassenden Schwärzungen. Beim Täter wurde die gesamte, 20 Jahre zurückreichende Krankenakte geschwärzt. Auch wurden große Teile der Obduktionsberichte der Opfer und des Täters, inklusive Leichenbilder und Untersuchungsergebnisse zum Mageninhalt, unleserlich gemacht. Daraus würde etwa ersichtlich, welche Opfer zum Tatzeitpunkt Alkohol oder Drogen konsumiert hatten.

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Der Generalbundesanwalt argumentierte, die geschwärzten Passagen hätten „keine erkennbare Relevanz für die Aufklärung etwaiger Versäumnisse hessischer Behörden“. Außerdem widerspreche eine Veröffentlichung dem „postmortalen Persönlichkeitsschutz“ der Toten.

Beschluss zur Klage erfolgte einstimmig – von der Linken bis zur AfD

Dagegen klagte der hessische U-Ausschuss Ende November 2022 und beantragte zugleich eine einstweilige Anordnung. Der Beschluss zur Klage erfolgte einstimmig, von der Linken bis zur AfD.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das zuständig ist, weil es sich um einen Streit zwischen einem Landesorgan und einer Bundesbehörde handelt, gab dem hessischen Ausschuss nun weitgehend recht. Untersuchungsausschüsse können selbst darüber befinden, so die Leipziger Richter, „welche Beweiserhebungen sie zur Aufklärung des Sachverhalts als notwendig erachten“. Die Anforderung von Beweisen könne auch ganz allgemein darauf abzielen, „Licht ins Dunkel“ eines Untersuchungskomplexes zu bringen.

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Geschwärzt bleibt nur eine medizinische Untersuchung des Täter-Vaters

Auch der postmortale Persönlichkeitsschutz der Toten hindere die ungeschwärzte Herausgabe der Akten nicht. Nach dem Tod sei nur noch die Menschenwürde geschützt, die den Verstorbenen vor Herabwürdigung oder Verfälschung seines Lebensbildes schütze, so das Gericht. Beides sei bei Herausgabe der medizinischen Berichte nicht zu befürchten. Die Akten sollen nur in der Geheimschutzstelle des Landtags einsehbar sein.

Geschwärzt bleibt lediglich der Bericht einer medizinischen Untersuchung von Hans-Gerd Rathjen, dem militanten Vater des Attentäters, weil der Mann noch lebt und die Untersuchung nach der Tat erfolgte.

Bericht muss bis zum Sommer fertig sein

Für den hessischen Ausschuss ging es wohl vor allem um die Grundsatzfrage, dass er sich nicht vom Generalbundesanwalt sagen lassen muss, was er wie zu untersuchen hat. Der Ausschuss muss seinen Bericht noch vor der Sommerpause fertigstellen. Denn am 8. Oktober wird der hessische Landtag neu gewählt.

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