Behörden über Angreifer auf Berliner Autobahn: “Er war nicht auf dem Radar”
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Ermittler arbeiten auf der Berliner Stadtautobahn A100, wo es zu dem mutmaßlichen Anschlag gekommen ist.
© Quelle: Paul Zinken/dpa-Zentralbild/dpa
Berlin. Der Angreifer von der Berliner Stadtautobahn war vor dem islamistischen Anschlag mit einem Auto nicht im Blick der Sicherheitsbehörden in der Hauptstadt.
Es habe keine Staatsschutzerkenntnisse zu dem 30-jährigen Iraker und keine Anzeichen für eine Radikalisierung gegeben, sagte ein Sprecher der Innenverwaltung am Donnerstag. “Er war nicht auf dem Radar.” Aufgefallen sei der Mann, der mit einer Duldung in Deutschland lebt, in der Vergangenheit aber mit Delikten wie Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
Geisel: Abschiebung war nicht möglich
Dass der Mann geduldet wurde, begründete Innensenator Andreas Geisel mit den Regeln des Rechtsstaates. Der 30-jährige Iraker sei nach Ablehnung seines Asylantrages 2017 nicht abgeschoben worden, weil Deutschland seit Jahren keine Menschen in das Bürgerkriegsland zurückschicke, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus.
Es gebe zwar Ausnahmen, etwa bei Menschen, die schwerste Straftaten begangen haben. Die vor dem Anschlag vorliegenden Erkenntnisse über den 30-Jährigen seien dafür indes nicht ausreichend gewesen.
Geisel zufolge kam der Iraker 2016 über Finnland nach Deutschland. Strafrechtlich sei er wegen Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Erscheinung getreten. “Der Staatsschutz hat ihn zwar als einen Bekannten eines Gefährders hier in Berlin registriert”, so der Senator weiter. Sie hätten gemeinsam in einem Wohnheim gelebt. Das sei aber “schon eine ganze Weile her”.
“Wir handeln rechtsstaatlich und haben das auch in diesem Fall getan”, versicherte Geisel. “Ich bedauere zutiefst, dass es zu diesem Gewaltakt gekommen ist.” Hätte die Polizei das verhindern können, dann hätte sie das auch getan, zeigte sich der Senator überzeugt.
Der 30-Jährige hatte am Dienstagabend an drei Stellen der Stadtautobahn laut Staatsanwaltschaft gezielt Fahrzeuge angegriffen und gerammt. Er hatte demnach Jagd auf Motorräder gemacht. Sechs Menschen waren verletzt worden, drei davon schwer. Gegen den Angreifer wird wegen versuchten Mordes ermittelt.
Angreifer soll sich bislang noch nicht geäußert haben
Ein schwerst verletzter Feuerwehrmann liegt auf der Intensivstation. "Sein Zustand ist ernst, wir sind in Gedanken bei ihm und hoffen das Beste", sagte ein Feuerwehrsprecher am Morgen.
Unfälle auf Berliner Stadtautobahn: Ermittler vermuten islamistisches Motiv
Am Dienstagabend kam es in Berlin zu mehreren Unfällen auf der Autobahn. Es habe sich um gezielte Angriffe, vor allem auf Motorradfahrer gehandelt, hieß es.
© Quelle: Reuters
Der abgelehnte Asylbewerber ist nun vorerst im Maßregelvollzug, dem Haftkrankenhaus, untergebracht, wo er psychiatrisch behandelt wird. Dies hatte ein Haftrichter wegen psychischer Auffälligkeiten am Mittwochabend entschieden.
Die Unterbringung sei eine erste Momentaufnahme und bedeute nicht automatisch, dass der Angreifer schuldunfähig ist, sagten Ermittlerkreise der Nachrichtenagentur dpa. Der Iraker werde weiter begutachtet und befragt. Bislang soll er sich nicht geäußert haben.
Nach der Festnahme am Dienstagabend sei der Mann von einer Polizeiärztin begutachtet worden, diese sei nicht von einer Schuldunfähigkeit ausgegangen, der mutmaßliche Täter soll klar gewirkt haben. Bei einer weiteren Begutachtung seien dann am Mittwoch aber psychische Auffälligkeiten festgestellt worden. Generalstaatsanwältin Margarete Koppers hatte am Mittwoch gesagt, trotz psychischer Auffälligkeiten sei ein gezieltes Verhalten möglich.
Inzwischen gehen die Ermittler bei dem Angreifer von einem “bizarren, religiösen Wahn” aus. Dies habe eine psychiatrische Begutachtung des 30-Jährigen Irakers ergeben, sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft, Martin Steltner, am Donnerstag. Wegen der psychischen Erkrankung sei eine Schuldunfähigkeit nicht auszuschließen. Der Mann sei im Maßregelvollzug, dem Haftkrankenhaus, untergebracht. Zu dem Anschlag mit einem Auto am Dienstagabend habe er sich bislang nicht geäußert.
RND/dpa