„RND vor Ort“

Annalena Baerbock: Wie man mit Sergej Lawrow telefoniert

Im Gespräch: Annalena Baerbock auf dem Podium mit RND-Hauptstadtbüroleiterin Eva Quadbeck (Mitte) und deren Stellvertreterin Kristina Dunz.

Im Gespräch: Annalena Baerbock auf dem Podium mit RND‑Hauptstadtbüroleiterin Eva Quadbeck (Mitte) und deren Stellvertreterin Kristina Dunz.

Hannover. Zu Beginn gibt es erst einmal großes Kopfschütteln von der Außenministerin. Verhandeln mit Putin über den Ukraine-Krieg? „Der russische Präsident möchte im Moment nicht reden. Alles, was er möchte, ist, Leid über das Land zu bringen“, sagt Annalena Baerbock. Der RND‑Bühnentalk in Hannover beginnt auf einer bitteren Note. Die Leiterin der RND‑Hauptstadtredaktion, Eva Quadbeck, und ihre Stellvertreterin Kristina Dunz haken nach.

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Gerade hat der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) eine deutsche Vermittlerrolle gefordert und den Versuch, den Krieg einzufrieren. Baerbock erteilt ihm eine Abfuhr: „Es ist keine Option, weil es nichts mit der Realität zu tun hat“, sagt sie. „Dass ein Ministerpräsident sagt: Redet doch mal“, verstehe sie nicht. Es habe so viele Gesprächsangebote gegeben, immer wieder telefoniere Kanzler Olaf Scholz mit Putin. Aber es gebe keinen Erfolg: Putin lasse die Angriffe fortsetzen, verhindere die Rettung Verwundeter. Sie sei auch skeptisch, ob es gelingen werde, den Export von Getreide aus den blockierten ukrainischen Häfen zu organisieren. Der pensionierte Oberst Ulrich Kleyser hat das Thema in einer Publikumsfrage aufgebracht.

Baerbock sagt, das Ukraine-Thema „brennt mir im Herzen“, und dankt Mariya Maksymtsiv von der Ukrainischen Gemeinde in Hannover für Spendensammeln. Das sei eine positive Sache: Die große Solidarität mit der Ukraine in Deutschland sei etwas, worauf man stolz sein könne. „Wir sollten uns nicht einreden, dass wir gespalten sind“, sagt Baerbock. Immer wieder kommt sie darauf zurück an diesem Abend, auf die positiven Botschaften, die es auch gebe angesichts all der großen Krisen. Neben dem Ukraine-Krieg dürfe man ja die Klimakrise und die Hungerkrise nicht vergessen.

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Schwere Waffen für die Ukraine

Eigentlich will Maksymtsiv vor allem wissen, wann schwere Waffen in die Ukraine geliefert würden. Das sei schon geschehen, sagt die Ministerin und verweist unter anderem auf Luftabwehrsysteme. Aber sie räumt ein, dass sie das Drängen der Ukrainer verstehe: „Wenn ich in einem Kriegsgebiet leben würde, würde ich auch sagen: Das reicht nicht.“

Wir müssen dafür sorgen, dass dieser Krieg nicht zu einer Spaltung in der Gesellschaft führt.

Annalena Baerbock,

Außenministerin, beim RND-Talk

Und dann ist sie noch mal beim Guten: Die meisten Länder der Welt hätten in der UN den Angriff Russlands verurteilt. Dieser internationale Zusammenhalt sei ein wichtiges Zeichen. Und auch China könne man etwas entgegensetzen: die Kraft und das Selbstbewusstsein eines großen Binnenmarktes.

Der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, Volker Müller, hat zuvor nach neuen Abhängigkeiten gefragt.

Baerbock: Regierung muss soziale Konsequenzen abfedern

Aber wie groß Baerbocks Sorgen dennoch sind, zeigt sich, als die Debatte auf die Auswirkungen des Krieges in Deutschland schwenkt. Eine Drosselung der russischen Gasimporte könnte das Heizen im Winter für viele unbezahlbar machen – die Ministerin treibt das um. „Wir müssen dafür sorgen, dass dieser Krieg nicht zu einer Spaltung in der Gesellschaft führt“, sagte sie. „Es ist die Aufgabe der Bundesregierung, die sozialen Konsequenzen abzufedern.“ Es ist ein Punkt, der noch zu Diskussionen führen könnte mit der FDP. Man befinde sich in einer Regierung, die die Schuldenbremse einhalten müsse, bemerkt Baerbock an anderer Stelle spitz.

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Wegen der sozialen Konsequenzen habe die Regierung auch einen von manchen anderen Ländern geforderten Gasimportstopp abgelehnt. Schließlich sei Deutschland besonders abhängig vom russischen Gas, anders als etwa Kanada. Wenn die Gaslieferungen plötzlich wegbrächen, „dann können wir überhaupt nicht mehr solidarisch sein, dann sind wir in Deutschland mit Volksaufständen beschäftigt“, sagt Baerbock. „Volksaufstände?“, fragt RND‑Journalistin Dunz. „Das war jetzt etwas überspitzt formuliert“, rudert die Ministerin schnell zurück.

Aber da sind auch noch die alltäglicheren, nicht so politischen Dinge im Leben einer Außenministerin. „In Japan musste ich feststellen, dass man die Bedienungsanleitung neben der Toilette verstehen muss“, erzählt Baerbock lachend. Manchmal packe sie stundenlang ihren Koffer und vergesse dann doch die Regenjacke. „Passiert mir leider öfter.“

Baerbock über Telefonat mit Lawrow: „kleine Tricksereien“

Und dann gibt es noch einen Tipp für schwierige Gesprächspartner – ausgerechnet am Beispiel des russischen Außenministers Sergej Lawrow. Bei ihm habe sie gelernt, was „kleine Tricksereien“ seien. Bei ihrem ersten Telefonat habe es zunächst furchtbar geknackst in der Leitung, erzählt Baerbock. Wahnsinnig anstrengend sei das gewesen. Irgendwann habe sie Lawrow erklärt, dass er ihr ja wohl gerade eine neue Verhandlungsrunde über die Ukraine versprochen habe. Lawrow habe das schnell verneint. „Dann war die Leitung wieder sauber“, sagt Baerbock zufrieden.

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Ob sie eigentlich immer noch Kanzlerin werden wolle, fragt RND‑Berlin-Büroleiterin Quadbeck. „Ich möchte vor allem eine gute Außenministerin werden“, antwortet sie. Werden – sie ist ja erst ein paar Monate im Amt. Ein paar lange Monate.

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