Baerbock betont Bedeutung von feministischer Politik – ist kein „Nice-to-have“
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Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, und Svenja Schulze (SPD), Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, stellen die Leitlinien zur Feministischen Außenpolitik nach der Kabinettssitzung vor dem Bundeskanzleramt vor.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) wollen sich in Zukunft nach stärker für die Rechte von Frauen einsetzen – insbesondere bei der Repräsentation Deutschlands im Ausland. „Wir rufen heute keine Revolution aus, sondern wir tun eine Selbstverständlichkeit“, sagte Baerbock am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung in Berlin bei der Vorstellung der Konzepte für feministische Außenpolitik.
Mit der feministischen Außen- und Entwicklungspolitik setze man lediglich das um, was Grundgesetz und die Erklärung der Menschenrechte ohnehin vorsähen – die Gleichheit der Menschen sowie ihre gleichen Rechte auf Repräsentanz und Zugang zu Ressourcen, führte die Grünen-Politikerin aus.
Baerbock betont die Bedeutung feministischer Politik – ist kein „Nice-to-have“
Außenministerin Baerbock und Entwicklungsministerin Svenja Schulze wollen die Arbeit ihrer Häuser künftig unter feministischen Gesichtspunkten aufstellen.
© Quelle: Reuters
Baerbock: Feministische Außenpolitik ist kein „Nice-to-have“
Dazu machte die Außenministerin auf die Leitlinien aufmerksam. Zunächst einmal sei die feministische Politik ihres Hauses „kein Nice-to-have, keine Schleife obendrauf“. Sondern sie ziehe sich durch „alle Bereiche unseres politischen Handelns“. Dabei verfolge ihr Ministerium einen pragmatischen Ansatz. Man wolle die „ganz normalen Probleme ganz normaler Menschen“ angehen, erklärte die Ministerin.
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Als Beispiel nannte Baerbock den Wiederaufbau eines Dorfes in Nigeria. Bei der Planung der Sanitäranlagen würde man diese mit Blick auf eine Geruchsentwicklung wohl an den Rand der Siedlung setzen. „Doch es macht einen Unterschied, sich zu fragen: Wer wohnt eigentlich in dem Dorf?“, so Baerbock. Wenn man also überlege, was die Position der Anlagen für ein zehnjähriges Kind oder eine Frau angesichts der Sicherheitslage bedeute, so würde man diese wohl zentraler planen, erklärte die Grünen-Politikerin.
Dabei sei man jedoch nicht naiv: „Wir werden nicht alle Probleme dieser Welt lösen können“, betonte Baerbock. Jedoch werde man anhand der Leitlinien „genauer hinschauen“ – auch in Frage von Krisen und Konflikten auf der Welt. Dies bedeute auch, Gelder, die von der Bundesregierung eingesetzt werden, „effizienter“ zu investieren.
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Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen, l.), Außenministerin, spricht mit Svenja Schulze (SPD, r.), Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, und Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), Staatsministerin für Kultur und Medien, vor Beginn der Kabinettssitzung im Bundeskanzleramt.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Schulze: „Können nicht auf Hälfte des Potenzials – die Frauen – verzichten“
Laut Entwicklungsministerin Schulze solle die feministische Politik ihres Ressorts für gerechtere Gesellschaften weltweit sorgen. Man wolle Hunger und Armut bekämpfen. „Wir können dabei aber nicht auf Hälfte des Potenzials – die Frauen – verzichten“, erklärte Schulze. Dabei verwies sie darauf, dass viele Frauen in einigen Ländern nicht über ihre Rechte bestimmen und etwa Land besitzen können.
Als Beispiel nannte Schulze die Förderung eines Wassersystems in der sambischen Hauptstadt Lusaka durch das Entwicklungsministerium. Dabei habe man erstmals Frauen an der Planung beteiligt. Es sei ein System entstanden, das allen Haushalten zugutekomme. Zudem führte Schulze Kolumbien als weiteres Beispiel an, wo Frauen eine zentrale Rolle im seit 2016 laufenden Friedensprozess einnähmen.
Schulze hatte das Konzept für eine stärkere feministische Politik ihres Ministeriums bereits am Mittwochmorgen verteidigt. Es sei bekannt, dass Gesellschaften mit mehr Gleichberechtigung weniger mit Hunger oder Armut zu kämpfen hätten und stabiler seien, sagte die SPD-Politikerin im ARD-„Morgenmagazin“. „Und deswegen ist es einfach nur ein Gebot der Vernunft, dass man in der Entwicklungspolitik ganz besonders darauf achtet, dass Frauen auch Rechte haben, dass sie Ressourcen haben und dass sie eben auch repräsentiert sind“, sagte Schulze. Es gehe darum, Frauen sichtbar zu machen als die starke Kraft in der Gesellschaft, die sie seien.
Baerbock schreibt im Vorwort zu dem 80 Seiten starken Katalog mit Leitlinien für eine feministische Außenpolitik, Frauenrechte seien ein Gradmesser für den Zustand der Gesellschaften. Das Konzept sei integraler Teil der wertegeleiteten Außenpolitik und solle sich „im Sinne eines umfassenden Verständnisses von Sicherheit“ auch in der geplanten Nationalen Sicherheitsstrategie widerspiegeln. Vom Sommer an soll eine „Botschafterin des Auswärtigen Amts für feministische Außenpolitik“ vor allem nach innen wirken.
Die Leitlinien für eine feministische Entwicklungspolitik sehen vor, dass neu zugesagte Projektmittel in Zukunft zu mehr als 90 Prozent in Vorhaben fließen sollen, die auch die Gleichberechtigung voranbringen. Im Jahr 2021 waren es etwa 64 Prozent.
RND/sic/dpa