Baerbock fordert Einwanderungsministerium: „Wir sind eine Einwanderungsgesellschaft”
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Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock fordert ein Einwanderungsministerium und eine Migrantenquote.
© Quelle: Getty Images
Berlin. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock fordert in einem Interview mit der Türkischen Gemeinde in Deutschland eine Migrantenquote für Behörden und ein Einwanderungsministerium. „Wir sind kein Einwanderungsland. Wir sind eine Einwanderungsgesellschaft”, erklärte Baerbock.
Die Vielfalt mache Deutschland stark. Es fehle unserer Gesellschaft aber an einem Selbstverständnis und einem öffentlichen Diskurs, der alle gleichberechtigt anerkennt und Rassismus sowie Ausgrenzung zurückweist. Außerdem müsse erreicht werden, gesellschaftliche Pluralität positiv zu würdigen und staatlich zu fördern – also Repräsentanz und Teilhabe zu gewährleisten.
Dafür hat die Grünen-Politikerin große Pläne. Sie fordert ein zusätzliches Bundesgesetz, um in zukünftigen Gremien Repräsentanz sicherzustellen, das sogenannte „Bundespartizipations- und Teilhabegesetz”.
„Gerade in Führungspositionen, in einigen Berufsgruppen, in der Politik, in der Öffentlichkeit sind eben nicht alle gleichberechtigt repräsentiert.” Es müsse also auch darum gehen, in zukünftigen Einstellungsverfahren immer wieder zu reflektieren.
Hintergrund des Einwanderungsministeriums seien „teilhabeorientierte Perspektiven”, die nur möglich seien, wenn die Einwanderungspolitik aus den Kompetenzen des Innenministeriums abgelöst werden. In dem Ministerium sollen zudem Rechte von Frauen, Homosexuellen, Senioren und von Menschen mit Behinderung vertreten werden.
Zudem sollte die türkische Zuwanderung nach Deutschland nach Baerbocks Einschätzung stärker in Unterrichtsmaterialien vorkommen. Die in den 1960er- und 70er-Jahren als sogenannte Gastarbeiter hergekommenen Menschen und deren Familien hätten die westdeutsche Gesellschaft „wirtschaftlich, kulturell, sozial und politisch maßgeblich mit geprägt”, sagte Baerbock in dem Video. „Damit ist die türkische Zuwanderungsgeschichte auch eine große deutsche Erfolgsgeschichte für unser Land.”
Dennoch würde die Lebensleistung der damaligen Gastarbeiter kaum angemessen gewürdigt. Viele hätten über geringe Qualifikationen verfügt und körperliche Schwerstarbeit geleistet, in prekären und unsicheren Verhältnissen gelebt, oft von ihren Familien getrennt und ohne Angebote, richtig Deutsch zu lernen, so Baerbock. Ihre Geschichten und die ihrer Nachkommen müssten “viel mehr Aufmerksamkeit finden, in Schulbüchern, in unserem gemeinsamen geschichtlichen Erinnerungsgedächtnis”. Vielstimmigkeit sei Deutschlands Stärke.
RND/lr/dpa