Angeblich wegen Corona: Hongkong untersagt Tian’anmen-Gedenken
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/M55NYW45NJFPDDZHB5VFLABJAI.jpeg)
Studierende halten vor der Statue der "Säule der Schande" an der Universität Hongkong eine Schweigeminute, am Jahrestages der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 durch das Tiananmen-Regime in Peking.
© Quelle: Kin Cheung/AP/dpa
Peking. Während in Hongkong Aktivisten am Donnerstag der Niederschlagung der prodemokratischen Bewegung auf dem Pekinger Tian’anmen-Platz vor 31 Jahren gedachten, hat China die Kontrolle über Regierungskritiker verschärft. Die Behörden haben eine jährliche Mahnwache in der halbautonomen Sonderverwaltungszone zum ersten Mal seit 30 Jahren verboten und beriefen sich dabei auf die Notwendigkeit, wegen der Coronavirus-Pandemie Abstand zu halten – trotz der Öffnung von Schulen, Stränden, Bars und Schönheitssalons.
Hongkong hat relativ wenige Coronavirus-Infektionen verzeichnet, und das Leben in der Stadt mit 7,4 Millionen Menschen ist weitgehend zum Normalzustand zurückgekehrt.
Mahnwache für China ein Tabuthema
China ist die Mahnwache auf dem Platz des Himmlischen Friedens seit langem ein Dorn im Auge. Es ist die einzige ihrer Art auf chinesischem Territorium, die der Opfer der Niederschlagung gedenkt – ein Tabuthema auf dem Festland. Hunderte, möglicherweise Tausende Menschen wurden getötet, als Panzer und Soldaten in der Nacht vom 3. auf den 4. Juni 1989 im Zentrum Pekings gegen die wochenlangen Proteste insbesondere von Studierenden vorgingen, die als Bedrohung für die Herrschaft der autoritär regierenden Kommunistischen Partei angesehen wurden.
Der Tian’anmen-Platz, wo sich 1989 Tausende Studierende versammelt hatten, war am Donnerstag ruhig und weitgehend leer. Die Polizei stand mit gepanzerten Fahrzeugen Wache. Einige Fußgänger reihten sich an Sicherheitsüberprüfungen auf, wo sie ihren Ausweis vorzeigen mussten. Dies ist Teil landesweiter Überwachungsmaßnahmen, um jeglichen Dissens zu ersticken.
Sicherheitsgesetz könnte freie Meinungsäußerung in Hongkong bedrohen
Chinas Nationaler Volkskongress, das zeremonielle Parlament, stimmte vergangene Woche für ein Sicherheitsgesetz, das Hongkongs lokale Gesetzgebung umgeht und freie Meinungsäußerung und oppositionelle politische Aktivität stark einschränken könnte. In Hongkong sollte ein Gesetz verabschiedet werden, das eine Beleidigung der chinesischen Nationalhymne zur Straftat macht, und 15 bekannte Aktivisten wurden festgenommen und wegen der Organisation von und der Teilnahme an illegalen Demonstrationen angeklagt. Derartiges wird von Kritikern als Teil einer stetigen Erosion der Bürgerrechte in Hongkong angesehen, die der Stadt zuerkannt wurden, als die frühere britische Kronkolonie 1997 an China zurückgegeben wurde.
"Das Verbot kommt inmitten einer alarmierenden Beschleunigung von Angriffen auf die Autonomie Hongkongs und die Untergrabung von Rechten und Freiheiten der Hongkonger Bevölkerung, die ihnen laut Hongkonger und internationalem Recht zustehen", sagte Sharon Hom, Direktorin für Menschenrechte der Organisation Menschenrechte in China.
Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten
Auseinandersetzungen und Chaos bei Protesten in Hongkong
Trotz eines Demonstrationsverbots protestieren in Hongkong zehntausende Menschen für mehr Demokratie.
© Quelle: AFP
Trotz des Verbots der Mahnwache bereitete sich das asiatische Finanzzentrum auf spontane Proteste vor, die in der Stadt vergangenes Jahr während Monaten regierungskritischer Proteste häufig zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten geführt hatten. Tausende Menschen wurden in dem Zusammenhang festgenommen. Auslöser war ein Gesetzesvorschlag gewesen, der es ermöglicht hätte, dass Verdächtige nach Festlandchina ausgeliefert werden, wo ihnen Folter und unfaire, voreingenommene Verfahren gedroht hätten.
Die Hongkonger Allianz zur Unterstützung Patriotischer und Demokratischer Bewegungen, die die jährliche Mahnwache organisiert, hat die Menschen aufgerufen, um 20 Uhr (Ortszeit) Kerzen anzuzünden, und will die Gedenkfeier im Internet unter www.64live.org. live übertragen. Anderswo, wie in Taiwan, sind weiterhin Mahnwachen geplant.
RND/AP